fackalaAWB, -ilaAWB, -ulaAWB f. ō(n)-St., seit dem 8. Jh.,
im Tatian, bei Otfrid, Notker und in zahlrei-
chen Gl.: ‚Fackel, fax, taeda‘ 〈Var.: -ch-, -c(c)-,
-k-, -cch-〉; zur sw. Flexion vgl. z. B. Notker
akk.sg. facchelun. Im 10. Jh. ersetzen die obd.
c-, ch-Formen als Schreibung für die Geminate
die -cc-Graphie faccala. Wegen des fehlenden
Umlauts ist das ala-Suffix das ursprüngliche,
das ila-Suffix erst sekundär. Die Bildung mit
Suffix -ula- (seit dem 10. Jh.) steht wie mndl.
fackule unter dem Einfluß von lat. facula; s. u.
— Mhd. vackel st. sw. f. ‚Fackel‘, nhd. Fackel.
Das Verb fackeln ‚unstet sein wie die Flamme
einer Fackel‘ (nostfries. fakkeln) erscheint
zuerst im 14. Jh., nhd. Redewendung nicht lan-
ge fackeln ‚nicht zögern, keine Umwege ma-
chen‘.
Ahd. Wb. III, 528 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 200; Schütz-
eichel⁵ 128; Starck-Wells 137; Schützeichel, Glossen-
wortschatz III, 30 f.; Seebold, ChWdW8 120; Graff
III, 433; Schade 159; Lexer III, 3; Benecke III, 200;
Diefenbach, Gl. lat.-germ. 228 (fax); Götz, Lat.-ahd.-
nhd. Wb. 258 (fax). 652 (taeda); Dt. Wb. III, 1227 ff.;
Kluge²¹ 179; Kluge²⁴ 270; Pfeifer, Et. Wb.² 315. —
Wilmanns, Dt. Gr. II § 210; Frings, Germania Roma-
na II, 244 f.; Röhrich, Sprichw. Redensarten I, 409.
Zusammen mit as. fakla, mndd. fackel(e), mndl.
fackel[e], fackule, nndl. fakkel, nwestfries. fak-
kel ist ahd. fackala (aus dem Dt. ält. nschwed.
fa[c]kel, nschwed. fackla, ndän. fakkel) aus vulg.
lat. facla (Appendix Probi) entlehnt, das aus lat.
facula, dem Diminutiv zu lat. fax (Festus-Paulus
facēs), gen.sg. facis ‚Kienspan, Fackel, Flamme,
Feuer‘, auch ‚Anstifter, Geißel‘ (balkanroman.
*flaca mit Metathese in alb. flakë ‚Flamme‘),
verkürzt ist. Die nichtsynkopierte Form lat.
facula ist in ae. fæcele (auch in kymr. fagl) fort-
gesetzt, wobei — wegen des Umlauts — das Suffix
*-ula- durch *-ila- ersetzt sein muß. Fremdwör-
ter wie ahd. fackala, die also ganz die Form
heimischer Bildungen aufweisen, haben die Zahl
der Wörter auf l im Laufe der Zeit beträchtlich
vermehrt; z. B. engil, esil, ampulla, fenachal,
kanzella (s. d. d.). Hinzu kommen Fremdwörter,
die erst im Deutschen die Endung l angenom-
men haben: kumil, marmul, orgela usw.
Einheimische Bildungen für ‚Fackel‘ sind mhd., mndd.
blas, ae. blæse, ne. blaze; → blas; vgl. auch mhd. wint-
lieht ‚Wachsfackel‘, nhd. Windlicht. Ein Lehnwort ist
hinwiederum frühnhd. tortsch, nndl. toorts, ne. torch,
frz. torche < vulg.lat. torca, mlat. torticium, zu lat. tor-
quēre ‚drehen‘.
Holthausen, As. Wb. 17; Sehrt, Wb. z. Hel.² 114;
Berr, Et. Gl. to Hel. 114; Wadstein, Kl. as. Spr.denkm.
236; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 634;
Schiller-Lübben, Mndd. Wb. VI, 296; Verdam, Mndl.
handwb. 172; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 162; Vries,
Ndls. et. wb. 165; Doornkaat Koolman, Wb. d. ost-
fries. Spr. I, 413; Dijkstra, Friesch Wb. I, 335; Falk-
Torp, Norw.-dän. et. Wb. 201; Ordb. o. d. danske
sprog IV, 640 ff.; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 194.
Lat. facula verdrängt in der Kaiserzeit sein Ba-
siswort fax. Als zugrundeliegende Wz. nimmt
man *g̑hu̯ōku̯-, *g̑hu̯ǝku̯- [**g̑hu̯oH₃ku̯-,
**g̑hu̯ǝ₃ku̯-] ‚schimmern, leuchten‘ an, wobei
der palatale Anlaut wegen lit. žvãkė f. ‚Kerze‘,
der wurzelauslautende Labiovelar wegen gr.
Hesych διαφάσσειν ⋅ διαφαίνειν, παραι-φάσσει ⋅
τινάσσει, πηδᾷ, παρκινεῖ, καὶ τὰ ὅμοια, redupli-
ziert παιφάσσω ‚bewege mich heftig, zucke,
schwinge‘ und langes *ō wegen Hesych φώψ ⋅
φάος ‚Fackel‘ angesetzt wird (vgl. Tichy, Ono-
mat. Verbalb. d. Gr. 309—311). Als gemeinsame
Vorform des gr., balt. und lat. Subst. ergibt sich
ein Wurzelnomen uridg. sg.nom. *g̑hōku̯-s
[**g̑hoH₃ku̯-s], geneuerter gen. *g̑hǝku̯-és
[**g̑hǝ₃ku̯-és] (anstatt **g̑héh₃ku̯-s); zur Flexion
von lit. žvãkė mit dem Fortsetzer von uridg.
*-ii̯ā- [**-ii̯aH₂-] vgl. lit. žẽmė mit Wandel von
*i̯ < *ii̯ in Binnensilben vor Langvokal <
*g̑h(þ)émii̯ā- [**g̑h(þ)émii̯aH₂-] neben gr. χθών
f. ‚Erde‘ < *g̑hþṓm- (vgl. Lühr, Egill 306).
Als Ableitung von lat. facēs gilt facētus ‚elegant, wit-
zig‘, eigtl. ‚leuchtend, glänzend, mit Glanz versehen‘,
wobei für das Nebeneinander von fax und facēs lat.
trabs und trabēs ‚Balken‘ verglichen wird; doch s. Er-
nout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 222, die wohl zu Recht die
Existenz eines Nom. Sg. lat. facēs anzweifeln.
Ob das von Jokl (Stud. z. alb. Et. 18; ders., Ling.-kul-
turhist. Unters. d. Alban. 53 ff.) zum Vergleich heran-
gezogene Verb alb. dukem ‚(er-)scheine, leuchte her-
vor, werde gesehen‘ hierher gehört, ist wegen der un-
sicheren Vorform fragwürdig (vgl. Klingenschmitt,
Altarm. Verbum 158: *d/dh/g̑/g̑huko- Präs.Med.).
Walde-Pokorny I, 645; Pokorny 495; Boisacq, Dict.
ét. gr.⁴ 739 f.; Frisk, Gr. et. Wb. II, 463; Chantraine,
Dict. ét. gr. 850; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. I,
438 f. 471. 864; Ernout-Meillet, a. a. O.: lat. fax „mot
technique, d’origine inconnue“; Thes. ling. lat. VI, 1,
144 f.: Nom. facēs? Festus-Paulus 87; Trautmann,
Balt.-Slav. Wb. 374; Sadnik-Aitzetmüller, Vgl. Wb. d.
slav. Spr. 229; Fraenkel, Lit. et. Wb. 1325. — Zu älte-
ren Auffassungen zu der gr. Sippe s. F. Fröhde, BB 7
(1883), 123; A. Fick-A. Bezzenberger, BB 8 (1884),
331; Bechtel, Lexilogus 265; Johansson, Beitr. z.
griech. Sprachkunde 76.