falzanAWB red. v.(?) oder felzenAWB sw. v. I(?), nur
Gl. 1, 146, 29. 147, 29 falcit (Pa, K), falzit (Ra):
‚festschlagen(?), fulcire‘ (zur Glossierung vgl.
W. Wißmann, Zfvgl. Spr. 76 [1959/60], 307;
Splett, Abrogans-Studien 219); *felzenAWB sw. v. I,
nur part.prät. gifalztiv [sc. suert] : falcati [en-
ses]; ‚(Schwerter) mit „Falzen“ (rinnenartigen
Vertiefungen an den Schwertklingen) versehen‘
(zur Glossierung s. u.); untarfelzen sw. v. I, nur
Gl. 1, 323, 13 (9. Jh.) part.prät. untarfalztaz :
inter[r]asilem: ‚durchbrochene Arbeit herstel-
len, stellenweise eingraben‘; falzungaAWB f. ō-St.,
nur Gl. 1, 434, 64—65 (13./14. Jh.); 5, 5, 3
(14. Jh.): ‚Fuge, iunctura‘. — Mhd. *valzen
red. v.(?), nur part.prät. gevalzen: ‚beschädi-
gen, abschlagen, abhauen‘ (zur Bed. — nicht
‚biegen, krümmen‘ wie bei Lexer III, 16 f. und
Dt. Wb. III, 1303 f. — vgl. A. Erdmann, Kleid u.
Filz 36 ff.). Unsicher ist, ob es sich hier um ein
red. v. oder um ein sw. v. mit unregelmäßigem
st. Part.Prät. handelt (vgl. Paul, Mhd. Gr.²³
§ 267 f.; Erdmann, a. a. O. 38: analogisch nach
gevalten, gehalten und im Reim mit halzen); si-
cher schwach ist velzen im Sinne von ‚eingra-
ben, einlegen (bes. Edelsteine)‘. Belegt sind
auch valz st.m. 1) ‚Begatten der Vögel, bes.
der Auerhähne‘; 2) ‚rinnenartige Vertiefung an
der Schwertklinge, der mittlere Teil des zwei-
schneidigen Schwertes, wo die beiden Stücke,
aus denen es besteht, zusammengeschweißt
sind‘; 3) ‚Falz (zwischen Buchdeckel und -rük-
ken)‘; velze sw. m. = valz 2. — Nhd. falzen,
Falz m. (mit der Bed. ‚Begatten der Vögel‘ nur
noch mdartl. [obd.] und oft feminin; in der
Hochsprache durch Balz f. [mhd. balz m.] ver-
drängt. Dieses Wort ist nicht mit Falz ver-
wandt, sondern gehört wohl mit ahd. anabolz,
anabelzi ‚Amboß‘ und bolz[o] ‚Bolzen‘
[s. d. d.] zu einer anderen Verbalwz. idg.
*bheld- ‚schlagen‘. So steht mhd. balz gegen-
über mhd. falz wie ahd. anabolz, -belzi gegen-
über ahd. anafalz. Zur häufigen Herleitung der
Wörter mit der Bed. ‚begatten‘ von Wurzeln
mit der Bed. ‚schlagen‘ → bôzan).
Ahd. Wb. III, 559 f. 732; Splett, Ahd. Wb. I, 203;
Köbler, Wb. d. ahd. Spr. 244. 245. 255. 1171; Starck-
Wells 139. 806. 843; Schützeichel, Glossenwortschatz
III, 47; Seebold, ChWdW8 121; Graff III, 518 f.;
Schade 160; Raven, Schw. Verben d. Ahd. I, 37; Lexer
III, 16 f. 61 f.; Benecke III, 234; Dt. Wb. III, 1302 ff.;
Kluge²¹ 183; Kluge²⁴ 274; Pfeifer, Et. Wb.² 322. — Fi-
scher, Schwäb. Wb. II, 937; Ochs, Bad. Wb. II, 12;
Schmeller, Bayer. Wb.² I, 716; Schatz, Wb. d. tirol.
Mdaa. I, 156; Unger-Khull, Steir. Wortschatz 211.
Diese Wörter haben nur im Nfries. Entspre-
chungen: nostfries. falten ‚den Flachs durch
Schlagen, Stoßen und Stampfen mit einer falte
knicken, zermalmen und mürbe machen‘, falt(e)
‚ein Werkzeug, mit dem der geröstete Flachs
von dem braken geschlagen und gestampft wird,
um die Stengel zu knicken, zu zermalmen und
mürbe zu machen‘ (Doornkaat Koolman, Wb.
d. ostfries. Spr. I, 417).
Alle Formen gehen auf eine urgerm. Verbalwz.
*felt- : *falt-, idg. *pel-d- : *pol-d- ‚schlagen,
stoßen‘ zurück, die auch in ahd. anafalz ‚Am-
boß‘ (‚worauf geschlagen, gehämmert wird‘),
filz ‚Filz‘ (‚Gestampftes, Gewalktes‘) vorkommt
(→ anafalz, filz). Versuche, entweder die ganze
Sippe als im großen und ganzen identisch mit
der Sippe von ahd. faldan (s. d.), nhd. falten zu
betrachten (Dt. Wb., a. a. O.) oder in zwei nicht
verwandte Sippen zu trennen, wovon die eine
auf eine Intensivbildung zu faldan: *faldezzen
zurückgeht, sind verfehlt. Die Bed. aller Wörter
lassen sich auf eine Grundbed. ‚schlagen, sto-
ßen‘ zurückführen: 1) wo zwei Dinge „zusam-
menstoßen“, hat man einen „Stoß“ = eine Fuge
(ahd. faltunga, mhd. valz, nhd. Falz); 2) der Be-
griff des ‚Hauens‘ steht dem des ‚Schlagens‘ so
nahe, daß dieselbe Wz. oft beide Bed. hat (→ bî-
hal, billi); um durchbrochene Arbeiten oder
Gravierungen herzustellen (die genaue Bed. von
ahd. untarfalztaz ist unsicher; vgl. Erdmann,
a. a. O. 23 ff.), muß man Teile des Werkstoffes
aushauen, ausmeißeln oder durchstoßen, und
dann kann man Edelsteine oder andere Verzie-
rungen einlegen (mhd. velzen).
Nur ahd. gifalztiv scheint nicht in diese semanti-
sche Gruppierung zu passen, aber hier handelt
es sich um eine Fehlglossierung: falcati enses ‚si-
chelförmig gekrümmte Schwerter‘ waren dem
Glossator wohl unbekannt, und er faßte das un-
bekannte Wort im Sinne des ähnlich klingenden
ahd. Wortes *gifalzit ‚mit Falzen versehen‘ auf
(vgl. Erdmann, a. a. O. 27 f.).
Erst in einigen nhd. (meist technischen) Aus-
drücken ist die Bed. von falzen teilweise mit der
von falten zusammengefallen, denn ein Falz
‚Fuge‘ kann auch eine Faltlinie sein, und ‚etwas
mit einem Falz versehen‘ kann auch als ‚etwas
falten‘ verstanden werden. Inwiefern dieser Ge-
brauch durch das ähnlich klingende Verb falten
beeinflußt wurde, läßt sich nicht bestimmen.
Man hat außerdem versucht, sowohl falzen als auch
falten auf dieselbe idg. Wz. *pel(ǝ)- [**pel(H)-]
‚schlagen‘ zurückzuführen: falten (< idg. *pel-dh-?)
bedeutete dann ursprl. etwa ‚zusammenschlagen‘ (vgl.
J. P. Maher, LACUS forum 13 [1986], 63; Kluge²⁴
274); → faldan.
Zur Etymologie → filz.