fantônAWB sw. v. II, nur im Abrogans und bei
Otfrid: ‚durchforschen, rimari‘ 〈Var.: -d-〉. Gl.
1, 140, 30 fantonti sprehanti ‚facundo eloquente‘
ist eine Fehlübersetzung, die sich vielleicht aus
den drei unmittelbar vorausgehenden Glossen-
gefügen erklärt (vgl. Splett, Abrogans-Studien
211: „Der ahd. Glossator [hat] das lat. Wort
entweder unscharf übersetzt oder in nicht nä-
her bestimmbarer Weise verkannt“). Bei Otfrid
erscheint das Verb in folgendem Kontext:
I, 11, 43 Sálig thiu nan wátta int inan fándota.
Nach Kelle (Otfrid-Gl. 112) bedeutet fandôn
hier ‚einwickeln‘[?] (ebenso Schützeichel⁵
129). Doch kommt man auch mit einer Bedeu-
tung ‚betrachten‘ durch (s. S. Gutenbrunner,
Arch. f. d. St. d. neueren Spr. 196 [1959—60],
316 f.): ‚Selig, die ihn kleidete und betrachtete,
d. h. betrachten durfte‘. Die Bedeutung ‚durch-
forschen‘ hätte demnach eine Bedeutungsent-
wicklung zu ‚prüfend betrachten‘ mitgemacht.
— Mhd. vanden, vannen sw. v. ‚besuchen, auf-
finden, erforschen, visitare‘, nhd. fahnden. Die
Bedeutung ‚besuchen‘ ist bis ins 16. Jh. be-
zeugt, gegen Ende des 18. Jh.s erscheint das
Verb in der heutigen Bedeutung ‚nachforschen‘
und ist in der ersten Hälfte des 19. Jh.s in der
Polizeisprache (‚polizeilich suchen‘) allgemein
bekannt. Die Aussprache mit langem ā dürfte
dem Vorbild von ahnden zuzuschreiben sein
(→ anado, anto).
Die allgemein vertretene Auffassung, daß das lange ā
in nhd. fahnden auf Angleichung an fâhan beruht, ist
weniger wahrscheinlich, weil sich schon im 17. Jh. die
Ausgleichsform fangen durchgesetzt hat (→ fâhan).
Ahd. Wb. III, 566 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 233; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 245; Starck-Wells 139. 843; Graff III,
539; Schade 160; Raven, Schw. Verben d. Ahd. II, 38;
Lexer III, 18; Benecke III, 320; Dt. Wb. III, 1241;
Kluge²¹ 180; Kluge²⁴ 271; Pfeifer, Et. Wb.² 316 f. —
Wißmann, Nomina Postverb. 15. 27. 70. 89.
Ahd. fantôn entsprechen: as. fandon ‚auf-,
heimsuchen, versuchen‘, mndd. vanden, vannen
‚aufsuchen, besuchen, heimsuchen‘; mndl. van-
den, vaenden ‚besuchen, heimsuchen, untersu-
chen‘; afries. fandia ‚besuchen‘; ae. fandian ‚un-
tersuchen, versuchen, prüfen‘, me. fandien ‚un-
tersuchen, prüfen‘: < urgerm. *fanđō(ja)n- ‚be-
suchen‘. Zu der Bedeutung ‚besuchen‘ von ur-
germ. *finþan- (→ findan) ist ein verbales Inten-
siv mit der Fortsetzung der o-Stufe der Wz. ge-
bildet (zu solchen Bildungen s. Krahe-Meid,
Germ. Sprachwiss. III § 183, 2). Im Ae. ist die
Bedeutung ‚besuchen‘ bereits aufgegeben. Doch
zeigt afries. fandia ‚besuchen‘, daß diese Bedeu-
tung auch im Nordseegerm. vorhanden war.
Fick III (Germ.)⁴ 228; Seebold, Germ. st. Verben 194;
Holthausen, As. Wb. 18; Sehrt, Wb. z. Hel.² 119;
Berr, Et. Gl. to Hel. 107; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 647; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. V,
197; Verdam, Mndl. handwb. 641; Franck, Et. wb. d.
ndl. taal² 743 f.; Vries, Ndls. et. wb. 785 f.; Holthau-
sen, Afries. Wb.² 24; Richthofen, Afries. Wb. 727;
Holthausen, Ae. et. Wb. 98; Bosworth-Toller, AS
Dict. 270; Suppl. 204 f.; ME Dict. E-F, 695 f.
Weiteres zur Etymologie → findan.
Walde-Pokorny II, 26 f.; Pokorny 808 f.; Mann, IE
Comp. Dict. 975 f.; LIV² 471 f.; Vasmer, Russ. et. Wb.
II, 461. 469.