felgenAWB sw. v. I, nur bei Otfrid und in Gl. seit
Anfang des 9. Jh.s: 1) ‚Land umstürzen, um-
pflügen, invertere, subicere‘ (terram; Gl.
5, 89, 14 zu Gl. 1, 304, 32 = artōn, erien,
s. d. d.); 2) ‚etwas beanspruchen, sich etwas an-
eignen, attrectare, vindicare, an sich ziehen (+
suntrigo, -ôr und refl. Dat.), privare, subtrahe-
re, etwas geltend machen, behaupten, usurpa-
re, jmdm. etwas wünschen, imprecari, mit einer
Frau schlafen (mit refl. Dat.), cognoscere‘ 〈Var.:
u-, -al- (zum Fehlen des Umlauts vor l +
Kons. im Obd. vgl. Braune, Ahd. Gr.¹⁵ § 27
Anm. 2)〉. — Mhd. valgen, velgen ‚umackern,
-graben‘, sonst nur -velgen in den Zss. befelgen
‚sich oder einem anderen etwas zueignen,
übergeben‘ und gefelgen ‚zueignen‘ (→ bifelgen;
gifelgen), nhd. nur noch mdartl. erhalten: fel-
gen, falgen ‚eine Art des Pflügens‘.
Ahd. Wb. III, 720 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 222; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 254; Starck-Wells 146. 808; Schützei-
chel, Glossenwortschatz III, 106 f.; Graff III, 499;
Schade 159; Raven, Schw. Verben d. Ahd. I, 36. 38;
Lexer III, 9. 53 (I, 248 befelgen. 959 gefelgen); Benek-
ke III, 215 f. 295; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 353 (in-
vertere). 633 (subicere). 711 (vindicare). 112 f. (cognos-
cere). 322 (imprecari). 637 (subtrahere). 690 (usurpare);
Dt. Wb. III, 1493 f.; Pfeifer, Et. Wb.² 334 f. (s. v. Fel-
ge). — Schweiz. Id. I, 808 f.; Martin-Lienhart, Wb. d.
els. Mdaa. I, 114; Ochs, Bad. Wb. II, 9; Fischer,
Schwäb. Wb. II, 920 f.; Schmeller, Bayer. Wb.² I, 713;
Müller, Rhein. Wb. II, 258; Kehrein, Volksspr. u. Wb.
von Nassau 135; Christmann, Pfälz. Wb. II, 1111;
Maurer-Mulch, Südhess. Wb. II, 424 f.; Hertel, Thür.
Spr.schatz 93; Spangenberg, Thür. Wb. II, 220 f.; Mül-
ler-Fraureuth, Wb. d. obersächs. Mdaa. I, 321; Frings-
Große, Wb. d. obersächs. Mdaa. I, 600 f.; Woeste, Wb.
d. westf. Mda. 288; Schambach, Wb. d. ndd. Mda.
259; Wossidlo-Teuchert, Meckl. Wb. II, 783; Men-
sing, Schleswig-holst. Wb. II, 10.
Entsprechende Verben mit Bed. 1 ‚umpflügen‘
(→ felga² ‚umgepflügtes Feld‘) in anderen germ.
Sprachen sind: spätmndd. valgen (ganz isoliert
auch velgen); viell. mndl. velgen (nur bei Kiliaan
mit der Bezeichnung ‚veraltet‘ und nur durch
lat. versare definiert; die genaue Bed. ist also un-
sicher); nostfries. falgen, nwestfries. felgje; ae.
fealgian (sw. v. II), me. falwen, ne. fallow.
Verben der zweiten Bed.gruppe sind aufs Hoch-
und Niederdt. beschränkt; vgl. as. felgian
‚jmdm. etwas auferlegen‘ (Heliand), ‚mit einer
Frau schlafen‘ (Gl. 1, 709, 12 [Cod. Lindaviensis,
10. Jh.], 4, 286, 27 [11. Jh.]; s. Wadstein, Kl. as.
Spr.denkm. 46, 26. 48, 11—12). Die zugrundelie-
gende Bed. dieser ganzen Gruppe ist etwa ‚zu-
wenden‘: entweder ‚jmdm. etw. zuwenden‘ oder
‚sich selber etw. zuwenden (indem man es jmdm.
entwindet oder jmdn. gefügig macht)‘; vgl. ahd.
falga ‚Gelegenheit‘ (= ‚Wendung‘; s. d.). Letzten
Endes gehören beide Gruppen zur selben unter
felahan besprochenen Sippe von germ. *felχ-,
*fel- *‚(sich) wenden, beugen, biegen‘.
Zur Etymologie → felahan.
Holthausen, As. Wb. 19; Sehrt, Wb. z. Hel.² 125;
Berr, Et. Gl. to Hel. 113 f.; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 635. 1684; Verwijs-Verdam, Mndl. wb.
VIII, 1374; Doornkaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr.
I, 415; Dijkstra, Friesch Wb. I, 344; Holthausen, Ae.
et. Wb. 99; Bosworth-Toller, AS Dict., Suppl. 206;
ME Dict. E-F, 395; OED² V, 696 f.; Oxf. Dict. of
Engl. Et. 343.