felis
Band III, Spalte 142
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felisAWB m. a-St., in Gl. seit dem 8. Jh., bei Ot-
frid, in Mons. Frg. (38, 14: f... [übersetzt pe-
tra]), Notker, W. Ps. Var.: fels, uels(z), filis-,
fils, feilis-, feils; auch felisaAWB f. ō-St., nur Gl.
3, 16, 44 (10. Jh.); 4, 158, 40 (13. Jh.: felsa); Ot-
frid 3, 24, 65; felisoAWB m. n-St., dreimal in Gl. des
10. und 11. Jh.s (zum unsicheren Beleg Gl.
1, 357, 11 [9./10. Jh.] vgl. Ahd. Wb. III, 724):
Felsen, Teil eines Berges, Felsabhang, Fels-
brocken, Stein, moles, promunturium, rupes,
saxum, scopulus
. Mhd. vels, velse st.sw. m.,
nhd. Fels, Felsen m.

Ahd. Wb. III, 723 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 222; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 254; Schützeichel⁵ 131; Starck-Wells
146. 808. 844; Schützeichel, Glossenwortschatz III,
108 f.; Seebold, ChWdW8 125; Graff III, 497; Schade
177; Lexer III, 56; Benecke III, 295; Diefenbach, Gl.
lat.-germ. 504 (rupes). 514 (saxum). 520 (scopulus);
Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 410 (moles). 489 (petra).
529 (promunturium). 581 (rupes). 590 (saxum). 594
(scopulus); Dt. Wb. III, 1499 ff.; Kluge²¹ 192; Kluge²⁴
285; Pfeifer, Et. Wb.² 335. Lüschen, Namen der
Steine² 216 f.

Nur im Ndd. und Ndl. findet man genau ent-
sprechende Wörter: as. felis, filis m. Fels, Stein
kommt nur im Heliand vor und wird gewöhnlich
als ein poetisches Lehnwort aus dem Hochdt.
betrachtet (vgl. Frings, Germania Romana I²,
197 f.; G. Cordes, ZMF 24 [1956], 47 f.). Auch
andfrk. felis : rupem (Lips. Gl. 237) und das sel-
tene mndl. Wort vels (vgl. Verwijs-Verdam,
Mndl. wb. VIII, 1384) könnten aus dem
Hochdt. stammen. Unklarer Herkunft ist das
mndd. Goslaer Bergwerkswort vols Abfallge-
stein
(o < e?; vgl. Lasch, Mndd. Gr. § 177).

Die Etymologie des ahd. Wortes ist umstritten,
z. T. wegen der Unsicherheit über den e-Laut
der Wurzel. Einige Forscher halten ihn für ein
germ. ë und vergleichen aisl. fjall, fell Berg (<
*felza-), nnorw. fjell, nschwed. fjäll, ndän. fjeld
(aus dem Skand. me., ne. mdartl. fell Berg,
[hoch gelegenes] Moorland
). Kluge²⁴ setzt vor-
ahd. *feleza an, das aber ahd. *feles ergeben
hätte (vgl. A. L. Lloyd, MLN 71 [1961], 847 ff.);
bei einer Vorform *feliza müßte das ahd. Wort
filis lauten, eine Form, die zwar dreimal vor-
kommt (filise Gl. 1, 68, 10 Pa; filisa in felisa
korr.[!] Otfrid 1, 23, 47 Hs. F; fils Gl. 3, 351, 25
[13. Jh.]; auch einmal im As.: filisa Heliand
1812 Hs. C neben felise Hs. M), aber wegen der
überwiegenden Mehrzahl der e-Formen nicht
als die Normalform gelten kann (s. u.).

Andere (u. a. J. Franck, AfdA. 11 [1885], 18;
Wilmanns, Dt. Gr. I § 197 Anm.; Wartburg,
Frz. et. Wb. XV, 2, 104 ff.) halten den e-Laut
für ein umgelautetes a. Für diese Ansicht spricht
erstens afrz. falise, nfrz. falaise steiles Gestade,
Klippe
, zweifellos ein Lehnwort aus dt. *falisa
(vgl. Wartburg, a. a. O.), und zweitens das ge-
schlossene in rhein.-moselfrk. Mdaa. (vgl.
Müller, Rhein. Wb. II, 382). H. Pauls Versuch
(PBB 12 [1887], 548 f.), dieses auf altes ë zu-
rückzuführen, überzeugt nicht. In diesem Fall
müßte man die Belege mit i entweder als
Schreibfehler oder als Assimilation des e an das
folgende i erklären, was wegen isolierter Bei-
spiele von i für in anderen Wörtern durchaus
möglich scheint (z. B. irri:hhitha Gl. 1, 180, 20
[K; arrachida Pa], kihirmit Gl. 1, 72, 14 [K; ka-
harmit Pa], nizila Gl. 3, 571, 32 [11. Jh.], hingist
Gl. 3, 367, 2829 [13. Jh.]). Daß das Wort im
Abrogans mehrmals vorkommt, meistens mit e,
einmal mit i (s. o.), einmal mit ei (Gl. 1, 88, 10 K;
vgl. Splett, Abrogans-Studien 152. 441), aber nie
ohne Umlaut als a (bes. in Pa, wo a öfter vor-
kommt als e; vgl. Koegel, Über d. Keron. Gl.
1 ff.), könnte den Ansatz von in Zweifel stel-
len, aber auch nur Zufall sein.

Es scheint also, daß die Argumente für stärker
sind als die für ë, und daß vorahd. *faliza- im
Ablaut zu aisl. fjall usw. steht.

Fick III (Germ.)⁴ 237; Holthausen, As. Wb. 19. 20;
Sehrt, Wb. z. Hel.² 126; Berr, Et. Gl. to Hel. 114;
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 768; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. V, 303 f.; Helten, Aostndfrk. Psal-
menfrg. 67. 99; Verdam, Mndl. handwb. 647; ME
Dict. E-F, 457; OED² V, 813; Oxf. Dict. of Engl. Et.
350; Björkman, a. a. O. 170; Vries, Anord. et. Wb.²
123; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 561; Holthausen, Vgl.
Wb. d. Awestnord. 63; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb.
223 f.; Torp, Nynorsk et. ordb. 110; Hellquist, Svensk
et. ordb.³ 215.

Außergerm. Vergleiche sind: aind. pāāá- m.
Stein < *par- (vgl. Brugmann, Grdr.² I, 1
§ 468, 2) < uridg. *pels-; gr. πέλλα λίϑος (He-
sych) < *πελσᾱ; wohl auch maked. ON Πέλλα
(Kretschmer, Gesch. d. gr. Spr. 286 und Anm. 1);
air. ail f. Felsen (< *pali-k- < uridg. *p-i-?),
mir. all n. Klippe (< *pals-o-, uridg. *p-so-);
auch der gall. ON Alesia (vgl. J. Vendryes, Rev.
celt. 38 [192021], 184; 45 [1928], 343). Diese
Formen setzen uridg. *pel(i)s- : *pol(i)s- :
*p(i)s- voraus, wobei die o-Stufe nur im Ahd.,
die Schwundstufe nur im Kelt. vorkommt (*ol
würde kelt. ol, nicht al, * germ. ul, nicht al er-
geben).

Umstritten sind die in roman. Ortsnamen vorkommen-
den vorroman. Formen *pala-, *palla- usw., die ent-
weder für voridg. oder illyrisch gehalten werden;
vgl. V. Bertoldi, BSLP 32 (1931), 139 ff. 156. 161;
Dauzat, Toponymie franç. 75 ff.; J. Hubschmid, Zfrom.
Ph. 66 (1950), 66 ff.; A. Heiermeier, IF 63 (195758),
304. Daß die oben angeführten Wörter aber idg. sind,
läßt sich wegen ihrer weiten Verbreitung im Idg. und
Westgerm. kaum bezweifeln. Frings Behauptung
(a. a. O.), daß ahd. felis ein vorgermanisches Wort der
dt. Gebirgsgegenden (*falisa) sei und keine germ. Be-
ziehungen habe, ist völlig unbegründet. Nicht glaub-
haft ist auch H. Kuhns (Das letzte Idg. 14) Verknüp-
fung von ahd. felis mit mittel- und süditalien. Orts-
und Stammesnamen wie Falesia, Falerii, Falisci usw.;
dagegen J. Udolph, IF 86 (1981), 53 f.

Walde-Pokorny II, 66 f.; Pokorny 807; Mayrhofer,
K. et. Wb. d. Aind. II, 266; ders., Et. Wb. d. Altindoar.
II, 125; Boisacq, Dict. ét. gr.⁴ 763; Frisk, Gr. et. Wb.
II, 499; Chantraine, Dict. ét. gr. 877; Fick II (Kelt.)⁴
20; Vendryes, Lex ét. de l’irl. anc. A-29 f. 61; Dict. of
Irish A-112 f. 285 f.; Pedersen, Vgl. Gr. d. kelt. Spr. I,
44. 85. Vgl. auch K. F. Johansson, Zfvgl. Spr. 30
(1890), 420 f.

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