ferzanAWB st. v. III?, in Gl. (nur 4, 85, 10 in 3
Gl.-Hss. 1.sg. firzo. 327, 6 3.sg. fircit Clm.
14456) seit dem 9. Jh.: ‚einen Wind abgehen
lassen, furzen, pedere‘. — Mhd. verzen st. v.?
(st. Stammbildung ist weder für das Ahd. noch
das Mhd. gesichert, doch in Anbetracht der
aisl. Entsprechung wahrscheinlich), varzen
sw., vurzen sw. (zuerst in der ersten Hälfte des
15. Jh.s), nhd. furzen, dial. auch fürzen (bair.;
vgl. götting.-grubenhagen. förtjen), vulgär far-
zen.
Ahd. Wb. III, 761; Splett, Ahd. Wb. I, 225; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 258; Starck-Wells 148; Schützeichel,
Glossenwortschatz III, 125; Graff III, 705; Schade
190; Lexer III, 27. 317. 619; Benecke III, 328; Diefen-
bach, Gl. lat.-germ. 78 (bombisare); Götz, Lat.-ahd.-
nhd. Wb. 472 (pedere); Dt. Wb. III, 1335; IV, 1, 1,
954 f.; Kluge²¹ 185 (farzen); Kluge²⁴ 276 (farzen);
Pfeifer, Et. Wb.² (s. v. Furz). — Schambach, Wb. d.
ndd. Mda. 277.
Dem st. Verb entsprechen: mndd. sw. v. verten;
mndl. sw. v. verten, vorten; afries. nur Subst.
fretma ‚Kolik‘ mit Metathese < *fertman-; ae.
nur Subst. feorting f. ‚Furzen, pedatio‘ (Ablei-
tung von einem nicht bezeugten Verb *feortan),
me. seit dem 13. Jh. ferten, auch farten, ne. vul-
gär fart (die engl. a-haltigen Lautungen mit Öff-
nung von *e zu a vor r + Kons.?; oder identisch
mit mhd. varzen?; s. u.); aisl. — mit Metathese
von r (Noreen, Aisl. Gr.⁴ § 315 Anm. 3) — st. v.
freta (prät. frat) (neben aisl., nisl. freta,
nschwed. fjärta, dial. fräta, ndän. fjerte sw. v.):
< urgerm. *fertan-; hiervon ist die schwundstu-
fige Bildung urgerm. *furti- (→ furz) abgeleitet,
die Basis des sw. Verbs *furtijan-: spätmhd. vur-
zen, md. forzen. Auch mhd. varzen hat außer-
halb des Hd. eine Entsprechung: aisl. — wieder
mit Metathese — frata ‚furzen‘ (Noreen, a. a. O.
§ 497 Anm. 1), das die Basis von nordgerm. *fra-
ti- ‚Furz‘ (mit Umlaut in aisl. fretr, nisl. fretur,
aschwed. fjærter) bildet.
Fick III (Germ.)⁴ 234; Seebold, Germ. st. Verben
194 f.; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 708;
Schiller-Lübben, Mndd. Wb. V, 245; Verdam, Mndl.
handwb. 746; Holthausen, Afries. Wb.² 31; Richtho-
fen, Afries. Wb. 764; Holthausen, Ae. et. Wb. 102;
Bosworth-Toller, AS Dict. 281; ME Dict. E-F, 519;
OED² V, 738; Oxf. Dict. of Engl. Et. 346; Vries, A-
nord. et. Wb.² 118. 142; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 554;
Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog I, 485; Holthau-
sen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 72; Falk-Torp, Norw.-
dän. et. Wb. 225; Ordb. o. d. danske sprog IV, 1110 f.;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 216; Svenska akad. ordb.
F-719.
Die zugrundeliegende lautmalende Wz. uridg.
*perd- ist schon im Uridg. ins Verbalsystem ein-
gegliedert und dient auf diese Weise als Basis
von verbalen und nominalen Ableitungen: So
sind an verbalen Ableitungen etwa zu nennen:
aind. (im Dhātupāṭha, einem dem ind. Gram-
matiker Pāṇini [5. Jh. v. Chr.] zugeschriebenen
Werk, aber auch noch im 11. Jh. belegt) párdate
‚er furzt‘ (davon subst. parda- m., pardana- m.
‚Furz‘), hindī pādnā; av. pǝrǝδǝn ‚sie furzen‘;
ferner gr. πέρδω, (meist Medium wie im Aind.)
πέρδεομαι, aor. ἔπαρδον, perf. πέπορδα (wie δέ-
δορκα; s. Wackernagel, Spr. Unters. zu Homer
224 und Anm. 2); alb. pjerθ: < uridg. *pérde/o-.
Die späte Bezeugung im Aind. spricht bei einem
Wort der untersten Stilebene nicht gegen die
Annahme eines Erbzusammenhangs mit dem av.
und gr. Wort, zumal zum aind. Medium das gr.
mediale thematische Wurzelpräs. stimmt.
Andere Bildungen werden durch das Baltoslaw.
vorausgesetzt, und zwar ein schwundstufiges
*-i̯e/i̯o-Präs. *pdi̯e/o- in slaw. *pьrdjǫ, *pьrdě-
ti: z. B. serbo-kroat. pŕdjeti, pŕdȋm, slowen.
prdti, prdím; russ. perdét’, peržú; neben einem
vorurbalt. e-stufigen Intensiv *per-perd-i̯e/o-
mit haplologischem Schwund der Reduplikati-
onssilbe (s. G. Klingenschmitt, Pedersen-Ge-
denkschrift 250): lit. pérsti, pérdžiu (vgl. dagegen
lett. piřst, pęr̂du ‚furzen, stänkern‘) — eine uridg.
Vorform *perdi̯e/o- kommt kaum in Frage, weil
die Verben auf *-i̯e/o- zumeist die schwundstu-
fige, seltener auch die o-stufige Wurzelform
aufweisen. An nominalen Ableitungen kommen
hinzu: gr. πορδή < *pordā-, alb. pórdhë f. < ur-
idg. *pērdā- (s. N. Jokl, IF 37 [1916—17], 96 f.),
lit. pìrdis < *pdi- (vgl. urgerm. *furti-); und
postverbale slaw. Bildungen wie slowen. pȓd,
tschech. prd m. ‚Furz‘. Auch kymr. rhech
‚Bauchwind‘ wird mit der Sippe von ahd. ferzan
in Verbindung gebracht und seit H. Osthoff
(Zfcelt. Ph. 6 [1908], 396 ff.) auf urbrit. *rikkā-
und weiterhin auf vorurkelt. *pd-kā- zurück-
geführt. Bei einem Wort mit einer derartigen Be-
deutung kann die urbrit. Geminata aber auch
lautsymbolischer Natur sein.
Zur lautnachahmenden Verwendung der Laute
p r + Dental vgl. auch nschwed. dial. prutte
‚furzen (bes. von Pferden)‘, nndd. purten (Ham-
burg, Bremen) mit Angleichung an nndd. furten?
(s. Persson, Beitr. z. idg. Wortf. 599 f., auch 689;
H. Kuhn, Zfdt. Mdaa. 28 [1961], 6). Zu wenig
überzeugenden lautlichen Parallelen des Neben-
einanders der Wurzeln uridg. *perd- und *pezd-
s. M. Bloomfield, IF 4 (1894), 75 f.; dazu Pers-
son, a. a. O.).
Man nimmt an, daß uridg. *perd- ‚laut furzen‘
bedeutet hat, während das leise Furzen durch
die ebenfalls onomatopoetische Wz. uridg.
*pezd-, neben *bzd- < *pzd-, fortgesetzt wur-
de (→ fst, fîstan und vgl. H. Pedersen, Zfvgl.
Spr. 38 [1902—03], 418): lat. pēdere (pepēdī)
‚leise einen Wind streichen lassen‘ — auf das sub-
stantivierte Part.Prät. lat. pēditum ‚Furz‘ gehen
roman. Substantive wie italien. peto, kalabr. pí-
ditu, port. peido, frz. pet zurück —, gr. βδέω
(βδόλος ‚Gestank‘), ukrain. pezd’íty, bzd’íty,
slowen. pǝzdti. Dagegen wird lit. bezdti, bez-
dù zumeist als Lehnwort aus dem Ukrain. be-
trachtet. Für die Frage, ob das lit. Verb bezdti
ein slaw. Lehnwort ist, sind nach W. v. d.
Osten-Sacken (IF 33 [1913—14], 240 f.) aber die
im Vokalismus abweichenden Lautungen lit.
bìzdas ‚podex‘, bìzdžius ‚Stänker‘ und das von
einem Verbalnomen mit t-Suffix herstammende
Verb bìstelti ‚pedere‘ (vgl. lett. besdēt) zu be-
rücksichtigen: lit. bezdti sei so echt balt., und
zwar „eine Vermischung eines dem lat. pēdō ent-
sprechenden urbalt. *pezd und eines Infinitiv-
stammes *bzdē-“, wobei lit. bizd- wegen der
Existenz von slaw. *pьzd- wahrscheinlich ana-
logisch aus *pizd- hervorgegangen sei.
Dagegen setzt J. Schmidt (Zfvgl. Spr. 27 [1885], 320)
lit. bezdti und gr. βδέω unmittelbar gleich: Das Lit.
habe den Wurzelvokal wieder hergestellt.
Walde-Pokorny II, 49 (1. perd-). 68 f. (pezd-); Po-
korny 819 (perd-). 829 (pezd-); LIV² 473 f.; Mann, IE
Comp. Dict. 922; Fick I (Idg.)⁴ 479; Mayrhofer, K. et.
Wb. d. Aind. II, 225; ders., Et. Wb. d. Altindoar. II,
98; Bartholomae, Airan. Wb.² 869; Boisacq, Dict. ét.
gr.⁴ 771; Frisk, Gr. et. Wb. I, 230; II, 511 f.; Chan-
traine, Dict. ét. gr. 885; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb.
II, 273 f. (dort auch zu der Anschlußmöglichkeit von
lat. pōdex ‚Gesäß‘); Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 493;
Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 6983; Meyer-Lübke,
Rom. et. Wb.³ Nr. 6358; Meyer, Et. Wb. d. alb. Spr.
342; Huld, Basic Alb. Et. 154; Demiraj, Alb. Et. 323;
Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 219; Miklosich, Et. Wb.
d. slav. Spr. 241; Vasmer, Russ. et. Wb. II, 337; Fraen-
kel, Lit. et. Wb. 577; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt.
Wb. III, 222 (pir̂diẽns ‚Furz‘). 227 (pirst).