festi¹AWB adj. ja-St.: ‚fest, stark, befestigt, si-
cher, bestimmt, beharrlich, dauernd, uner-
schütterlich, unauflöslich, anxius, confirmatus,
firmus, fixus, fortis, immotus, indissolubilis,
inevitabilis, irresolutus, multus, munitus, ratus,
solidus, stabilis, tenax‘ 〈Var.: v-, u-; fasti〉;
auch fastAWB adj. a-St., nur in wenigen mfrk. Quel-
len (Williram, Hs. A, Gl. 1, 318, 17 [? Mda. un-
sicher]. 319, 46): ‚feststehend, zäh, stark, per-
tinax‘. — Mhd. vest(e), vast, nhd. fest.
Ahd. Wb. III, 645. 764 ff.; Splett, Ahd. Wb. I, 226;
Köbler, Wb. d. ahd. Spr. 249. 258; Schützeichel⁵ 132;
Starck-Wells 149. 807. 844; Schützeichel, Glossen-
wortschatz III, 127 f. 75; Seebold, ChWdW8 125;
Graff III, 711 ff.; Schade 170; Lexer III, 28 f. 326 f.;
Benecke III, 273 f.; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 236
(firmus). 237 (fixus). 485 (ratus). 541 (solidus). 577 (te-
nax); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 44 (anxius). 100 (cer-
tus). 131 (confirmatus). 266 (firmus). 274 (fortis). 331
(indissolubilis). 333 (inevitabilis). 417 (multus). 418
(munitus). 555 (ratus). 616 (solidus). 658 (tenax). 626
(stabilis). 712 (violentus). 485 (pertinax); Dt. Wb. III,
1558; Kluge²¹ 194; Kluge²⁴ 288; Pfeifer, Et. Wb.²
338.
Nur im Hoch- und Niederdt. kommt ein ja-
Stamm vor; sonst sind alle Belege a-Stämme
(ursprl. viell. u-Stämme?; vgl. Kluge, Nom.
Stammbildung³ § 181; dagegen u. a. C. de Lam-
berterie, Sprache 26 [1980], 140; vgl. auch Hei-
dermanns, Et. Wb. d. germ. Primäradj. 193): as.
fast ‚fest, beständig, gefesselt‘, festi (nur einmal
festa akk.pl.f.: fixos, Gl. 2, 585, 72 = Wadstein,
Kl. as. Spr.denkm. 99, 38), mndd. vast, vest(e);
andfrk. fast ‚befestigt, munitus‘, mndl. vast
‚fest, stark, dauernd usw.‘, nndl. vast; afries. fest
‚fest‘, nostfries. fast, nwestfries. fēst; ae. fæst
‚fest, stark, sicher, steif, dicht, beharrlich‘, me.
fast, ne. fast ‚fest; schnell‘ (vom Adverb; → fa-
sto); aisl. fastr ‚fest, hart, stark‘, nnorw., ndän.,
nschwed. fast. Das Adj. fehlt im Got., wo aber
ein Nomen agentis -fasteis (ja-St.) in witoda-
fasteis ‚Gesetzeskundiger, νομικός‘ belegt ist
(vgl. A. M. Sturtevant, JEGP 36 [1937], 178 f.;
de Lamberteries [a. a. O. 141] Annahme eines
got. Adj. *fasteis ist sehr unwahrscheinlich).
Fick III (Germ.)⁴ 239; Holthausen, As. Wb. 18; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 122; Berr, Et. Gl. to Hel. 109; Wadstein,
Kl. as. Spr.denkm. 238. 239; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 663. 710; Schiller-Lübben, Mndd. Wb.
V, 209. 246; Helten, Aostndfrk. Psalmenfrg. 99; Kyes,
Dict. of O. Low and C. Franc. Ps. 23; Verdam, Mndl.
handwb. 643; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 724; Suppl.
177; Vries, Ndls. et. wb. 765; Holthausen, Afries.
Wb.² 26; Richthofen, Afries. Wb. 735; Doornkaat
Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. I, 425 f.; Dijkstra,
Friesch Wb. I, 345; Holthausen, Ae. et. Wb. 96; Bos-
worth-Toller, AS Dict. 267; Suppl. 200 f.; Suppl. II,
23; ME Dict. E-F, 410 f.; OED² V, 746 f.; Oxf. Dict.
of Engl. Et. 346; Vries, Anord. et. Wb.² 113; Jóhan-
nesson, Isl. et. Wb. 534; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 57; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 206 f.;
Torp, Nynorsk et. ordb. 95; Hellquist, Svensk et.
ordb.³ 201 f.
Das Wort hat keine sichere Etymologie. Man
vergleicht meistens arm. hast ‚fest‘, aind. pastyà-
n. ‚Behausung, Wohnstätte‘ (< ‚fester Wohn-
sitz‘?), seltener auch lat. postis ‚Pfosten‘, alles
aus idg. *pasto- ‚fest‘ (vgl. Pokorny 789). Dieses
idg. *pasto- [**pH₂stó-] läßt sich aber weder
weiter analysieren noch mit irgendeiner idg. Wz.
in Verbindung bringen; dazu sind die Vergleiche
etwas zweifelhaft. Lat. postis wird heute ge-
wöhnlich auf *por-stis zurückgeführt und von
dieser Sippe getrennt (vgl. Walde-Hofmann,
Lat. et. Wb. II, 349; Ernout-Meillet, Dict. ét.
lat.⁴ 527; nur Mayrhofer, Et. Wb. d. Altindoar.
II, 111 und Heidermanns, a. a. O. 193 erwägen
immer noch die Verknüpfung mit germ. *fast-).
Auch der Vergleich mit aind. pastyà- wird wegen
der Bed. öfters bezweifelt (vgl. Mayrhofer, K.
et. Wb. d. Aind. II, 241 f.; Solta, Stellung d.
Arm. 440 Anm. 6; s. aber unten). Selbst die Zu-
gehörigkeit von arm. hast muß als unsicher gel-
ten, da das Wort als *pa-ti̯o gedeutet werden
und zur idg. Wz. *pa- [**pH₂-] ‚festmachen‘
(Pokorny 787 f.; LIV² 461) gehören könnte
(vgl. Heidermanns, a. a. O.).
Mann, IE Comp. Dict. 902, wie schon H. O. Schwabe,
MLN 32 (1917), 222, stellt auch germ. *fast- zur Wz.
*pa-, was durch die got. Belege witoda-fasteis (s. o.)
und fastan (→ fastên) widerlegt wird, da im Got. h (<
idg. *k) vor s und Kons. in der Regel nicht ausfällt wie
im Nord- und Westgerm. (vgl. got. taihswō : ahd. ze-
s[a]wa; got. [bi]niuhsjan : ahd. niusen; got. maihstus :
ahd. mist usw.); idg. *past- wäre zu got. *fahst- ge-
worden.
Dagegen geht de Lamberterie, a. a. O. 133 ff.
von einer idg. Wz. *pā- [**peH₂-] ‚hüten,
schützen‘ aus (vgl. Pokorny 787; LIV² 460), mit
s-Formans wie in toch. A pās-, B pāsk- ‚hüten‘,
heth. pahs- ‚schützen‘, aksl. pasǫ, pasti ‚weiden‘,
lat. pāstor ‚Hirt‘. Aus dem Verbaladj. *pǝstó-
[**pH₂stó-] entstand germ. *fasta-, ursprl. mit
der Bed. ‚geschützt, bewahrt‘, dann ‚befestigt,
sicher, fest‘; dazu wurden auch die denom. Ver-
ben *fastēn- ‚(fest) halten, bewachen; fasten‘ (→
fastên) und *fastjan- ‚fest machen, festigen‘ (→
festen) gebildet.
Diese sehr plausible Erklärung findet im Ge-
brauch von ahd. festi schon im 9. Jh. (Gl.
1, 25, 33 [R]), andfrk. fast (s. o.) und ae. fæst
(Bosworth-Toller, a. a. O. 267) zur Glossierung
von lat. munitus ‚befestigt‘ eine gewisse Bestäti-
gung; sie erklärt auch den Zusammenhang zwi-
schen festi und fastên ‚fasten‘ (s. d.). Heider-
manns Einwand (a. a. O. 193), daß wegen ae. le-
gere fæst, as. legarfast ‚bettlägerig‘ (man könnte
auch mndl. beddevast und ne. bedfast hinzufü-
gen) ein „Verb lokaler Bedeutung“ zu suchen
sei, ist nicht stichhaltig. Das germ. Adj. hat wohl
sehr früh u. a. die Bed. ‚fest, unbeweglich‘ ent-
wickelt, die sich mit einer Ortsbezeichnung
leicht verbinden ließ (wie auch z. B. bei aisl.
staðfastr ‚wohnend‘ < ‚eine feste Wohnstätte
habend‘ [mit aind. pastyà- zu vergleichen?], ‚be-
harrlich‘ [ae. stedefæst, ne. steadfast]). Daß sol-
che Wendungen Adj. enthalten können, die
keine lokale Bed. haben, zeigen ae. hyge-frōd
‚weise im Sinn, vernünftig‘ (auch frōd on ferhðe)
neben hyge-fæst ‚fest im Sinne, vernünftig‘ (auch
fæst on ferhðe; vgl. Bosworth-Toller, a. a. O.
282. 580; Grimm, Dt. Gr.a IV, 905); auch ahd.
bettesioh, mndd. beddesēk ‚krank im Bett, bett-
lägerig‘, mndl. beddesieke m. ‚der Bettlägerige‘
(→ bettisioh) neben mndl. beddevast, ne. bedfast
(s. o.).
Die von Heidermanns vorgeschlagene Etymolo-
gie: zu einem idg. Kompositum *po-stǝ-o-
[**po-stH₂-o-] ‚feststehend, festliegend‘ (zur
Wz. *stā- [**steH₂-] ‚stehen‘ mit Präfix *po-)
ist aus semantischen Gründen weniger wahr-
scheinlich. Die balt. und slaw. Vergleiche, die er
anführt (S. 193), sind nicht beweiskräftig, denn
in diesen Sprachen hat das Präfix seine ursprl.
Bed. weitgehend aufgegeben und ist zu einem
perfektivierenden Präfix geworden; anderswo
kommt es sehr selten vor und zwar nur mit der
Bed. ‚ab, weg‘: vgl. av. pa-zdaiieiti ‚läßt wegrük-
ken, scheucht‘, lat. pōno (< *po-s[i]nō) eigtl.
‚weglegen‘; Weiteres bei Pokorny 54. Eine Bed.-
entwicklung von ‚weg-, abstehend‘ zu ‚festste-
hend‘ wäre zumindest fraglich.
Zu älteren, sicher verfehlten Etymologien s.
Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 143 f.
Walde-Pokorny II, 7 f.; Pokorny 789; Adams, Dict. of
Toch. B 367.