filzAWB m. a-St., in Bened.regel und Gl. seit En-
de des 8. Jh.s: ‚grobes (Woll-)Tuch, Filzdecke,
Umhang aus grobem Wollstoff, cento, filtrum,
sagum, stragulum‘ 〈Var.: v-, u-; -cz, -c〉. —
Mhd. vilz st.m., nhd. Filz.
Ahd. Wb. III, 848 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 231; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 263; Schützeichel⁵ 133; Starck-Wells
153. 809; Schützeichel, Glossenwortschatz III, 161 ff.;
Seebold, ChWdW8 127; Graff III, 519; Schade 195;
Lexer III, 351; Benecke III, 316 f.; Diefenbach, Gl.
lat.-germ. 112 (cento). 235 (filtrum). 507 (sagum);
Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 98 (cento). 265 (filtro). 584
(sagum). 629 (stragulum); Dt. Wb. III, 1631 ff.; Klu-
ge²¹ 197 f.; Kluge²⁴ 293; Pfeifer, Et. Wb.² 343.
Das Wort hat nur westgerm. Entsprechungen:
as. filt n.(?) ‚Wolle, Filz‘ (Werd. Heberolle II;
vgl. Gallée, Vorstud. z. e. andd. Wb. 73), mndd.
vilt m. ‚Filz, aus Filz angefertigtes Bekleidungs-
stück‘; mndl. vilt(e), velt m.(?)n.(?) ‚dss.‘, nndl.
vilt n.; (fehlt afries.) nfries. filt n.; ae. felt
m.(?)n.(?) ‚Filz‘, me., ne. felt. Ndän., nschwed.
filt sind aus dem Mndd., nnorw. felt wohl aus
dem Engl. entlehnt.
Fick III (Germ.)⁴ 238; Holthausen, As. Wb. 20;
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 719; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. V, 252 f.; Verdam, Mndl.
handwb. 714; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 743; Vries,
Ndls. et. wb. 785; Doornkaat Koolman, Wb. d. ost-
fries. Spr. I, 480; Dijkstra, Friesch Wb. I, 351; Holt-
hausen, Ae. et. Wb. 100; Bosworth-Toller, AS Dict.
275; Suppl. 210; Suppl. II, 24; ME Dict. E-F, 479 f.;
OED² V, 822; Oxf. Dict. of Engl. Et. 350; Falk-Torp,
Norw.-dän. et. Wb. 217; Torp, Nynorsk et. ordb. 100;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 210.
Die germ. Formen, die z. T. den Wurzelvokal e,
z. T. i enthalten, setzen wohl einen alten neutra-
len s-Stamm *feltaz : *filtiz voraus; auch eine
ahd. Pluralform *filtir (< *filtizō) wurde ins
Mittellat. als filtrum entlehnt (seit dem 8. Jh. be-
legt, zuerst mit der Bed. ‚lana coactilis‘, später
von den Alchimisten auch im Sinne von ‚Filter‘
[‚Seihgerät aus Filz‘] gebraucht). Das mlat.
Wort bildet die Grundlage für die roman. For-
men frz. feutre, italien. feltro; span. fieltro, port.
feltro und wohl auch katal. fęltro setzen ahd.
*feltir mit analog. Beseitigung des Vokalwech-
sels e : i voraus (vgl. Braune, Ahd. Gr.¹⁵ § 197;
Flasdieck, Zinn u. Zink 133 ff.; Wartburg, Frz.
et. Wb. XV, 2, 125 ff., bes. 127). Nhd. Filter,
mfrz., nfrz. filtre (daraus ne. filter) sind erst im
16. Jh. aus mlat. filtrum entlehnt worden (vgl.
Kluge²⁴ 293; Wartburg, Frz. et. Wb. XV, 2,
125 ff.; Oxf. Dict. of Engl. Et. 356).
Germ. *feltaz : *filtiz steht im Ablaut zu germ.
*faltan, -jan(?) ‚schlagen, stoßen‘, ahd. falzan
(felzen?) ‚festschlagen‘ (s. d.; vgl. auch ahd. ana-
falz ‚Amboß‘ [‚worauf geschlagen, gehämmert
wird‘], ae. anfealt und mit e-Stufe anfilt[e] [→
anafalz]) und bedeutet ‚Gestampftes, Gewalk-
tes‘, denn der Filz wird nicht gewebt, sondern
gepreßt. Germ. *felt- : *falt- läßt sich also als
idg. d-Erweiterung (ursprl. Präs.bildung?) der
idg. Wz. *pel(ǝ)- [**pelH₂-] ‚stoßend oder
schlagend in Bewegung setzen, treiben‘ erklären.
Verwandt ist lat. pellō ‚schlage, klopfe, setze in
Bewegung‘; wenn aus *pel-dō [**pelH₂-doH₂],
wie Ernout-Meillet behaupten, hat es dasselbe
Suffix wie die germ. Wörter. Die heute vorgezo-
gene Herleitung aus *pel-nō [**pelH₁-noH₂]
beruht hauptsächlich auf den Versuchen der
Keltologen, eine Brücke zu air. ad-ella ‚besucht‘
usw. zu schlagen (nach J. Vendryes, MSLP 16
[1910—11], 301 f. und Thurneysen, Gr. of OIr.
§ 153 < *pel-nā- [**pelH₂-neH₂-]; dagegen
nach Pedersen, Vgl. Gr. d. kelt. Spr. II § 608
Anm. 2. 652 [S. 453]. 711 zur idg. Wz. *el[ǝ]-
[**H₁elH₂-] ‚treiben, in Bewegung setzen, ge-
hen‘; vgl. gr. ἐλαύνω ‚treibe, fahre‘) und ist kei-
neswegs sicher. Zur selben Wz. gehören wohl
auch u. a. air. -ebla, suppletives Futurum zu ag-
‚treiben‘ (< *piplā- [**pipleH₂-]?) und gr. πέ-
λας ‚nahe‘ (ursprl. ‚anstoßend‘?). Weiteres bei
Pokorny 801 f. und LIV² 470 f.
Zur Bed. ‚Gestampftes, Gewalktes‘ vgl. aisl. þófi
‚Filz‘ neben þóf ‚Gedränge‘, þœfa ‚walken,
stampfen‘, þefja ‚stampfen‘ (Vries, Anord. et.
Wb.² 606 f. 615. 631); → bidebben.
Urverwandtschaft mit gr. πῖλος ‚Filz‘, lat. pilleus ‚Filz-
mütze‘ ist lautlich unmöglich, denn die germ. Formen
setzen idg. *e, nicht *i voraus; auch morphologisch
stimmen die Formen nicht überein. Diese Wörter ha-
ben keine sichere Etymologie: Erdmanns sehr befrie-
digende Herleitung von *pislo (s. Kleid u. Filz 11 f.
Anm.; vgl. auch Prellwitz, Et. Wb. d. gr. Spr.² 369) aus
der idg. Wz. (*pei̯s-): *pis- ‚zerstampfen‘ (vgl. lat. pīla
‚Gefäß zum Stampfen, Mörser, Walkertrog‘) ist aus
lautlichen und semantischen Gründen von J. Schmidt,
Zfvgl. Spr. 32 (1893), 388 f. abgelehnt worden. Nicht
viel besser ist aber Schmidts Ansatz (387 f.) von *pil-
so- zu einem neutralen Kollektiv *pilos- (oder *piles-)
neben mask. *pilos ‚Haar‘ (lat. pilus). Unsicher ist
auch, ob aruss. pъlstь ‚Filzdecke‘, russ. pólst’ ‚Decke,
Teppich, Filz‘, tschech. plst, poln. pilść (selten, ge-
wöhnlich pilśń) ‚Filz‘ < urslaw. *pьlstь mit den gr.
und lat. Wörtern oder der germ. Sippe (< *pd-ti-)
verwandt sind (vgl. Erdmann, a. a. O. 11 f.; Schmidt,
a. a. O. 387).
Wegen der Schwierigkeit, die gr. und lat. Wörter zu
erklären, und der (wahrscheinlich nur zufälligen)
Ähnlichkeit mit den germ. Wörtern gleicher Bed. sind
Frisk, Gr. et. Wb. II, 536 und Seebold (Kluge²⁴
a. a. O.) zu dem Schluß gekommen, daß es sich hier
wohl nicht um eine oder mehrere idg. Sippen, sondern
um „ein altes Kulturwort aus unbekannter Quelle“
handelt. Diese Annahme, die sich weder beweisen
noch widerlegen läßt, ist zur Erklärung der germ. Sip-
pe nicht notwendig.
Walde-Pokorny II, 57 f.; Pokorny 801 f.; Boisacq,
Dict. ét. gr.⁴ 760 f. 783; Frisk, Gr. et. Wb. II, 494 f.
536; Chantraine, Dict. ét. gr. 873 f. 901; Walde-Hof-
mann, Lat. et. Wb. I, 497; II, 276 f. 303 f.; Ernout-
Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 235. 494. 507; Miklosich, Et.
Wb. d. slav. Spr. 232; Vasmer, Russ. et. Wb. II, 399;
Vendryes, Lex ét. de l’irl. anc. A-22 (ag-). — Schrader,
Reallex. d. idg. Alt.² I, 311 f.; K. Forbes, Glotta 36
(1957), 243; J. P. Maher, LACUS forum 13 (1986),
63 f.