firdamnônAWB sw. v. II, Gl., Otfrid, Notker:
‚verdammen, verurteilen, bestrafen, besiegen;
damnare, condemnare‘ 〈Var.: fer-; Notker,
W.Ps. part.prät. virdamnit, uer-dampnot; Gl.
1, 792, 52 3.sg.ind.prät. fur-dāpnoth Clm.
22001, 12. Jh. (zur Apokope vgl. K. Matzel,
Bibelglossen des Clm. 22201 [Diss., Berlin,
1957] § 69a); in der Lautfolge -mn- ist p als
Übergangslaut eingeschoben (s. u.) wie in dem
gelegentlich neben lat. condemnāre bezeugten
condempnare (Diefenbach, Gl. lat.-germ. 165.
140)〉. Die Gruppe -mn- hält sich über das
14. Jh. hinaus (Schatz, Ahd. Gr. § 269) bis in
frühnhd. Zeit (Luther verdamnen, aber Hans
Sachs verdammen); im Nhd. ist jedoch Assimi-
lation zu -mm- wie in Stimme (ahd. stimna;
s.d.) eingetreten (Braune, Ahd. Gr.¹⁴ § 99). —
Mhd. verdamnen, -tammen, -dampnen, -dam-
men, frühnhd. auch verdampnen, nhd. ver-
dammen.
Ahd. Wb. II, 30 ff.; Splett, Ahd. Wb. I, 124; Schütz-
eichel⁴ 84; Starck-Wells 89; Graff V, 143; Krüer, Bin-
devokal 16; Schade 162; Schatz, Abair. Gr. § 84; Ra-
ven, Schw. Verben d. Ahd. II, 24; Sehrt-Legner, Not-
ker-Wortschatz 53; Köbler, Lat.-germanist. Lex. 107;
Wilmanns, Dt. Gr. II § 65. 126, 3; Lexer III, 90; Be-
necke I, 299; Dt. Wb. XII, 1, 190 ff.; Kluge²¹ 812;
Kluge²² 757 f.; Pfeifer, Et. Wb. 1890.
Das Verb verdammen, eine Entlehnung aus lat.
damnō ‚verurteile‘, erscheint nur auf dt. Sprach-
gebiet. Da im Ahd. ausschließlich Formen mit
anlautendem d auftreten, ist anzunehmen, daß
das Wort nach der hd. Lautverschiebung etwa
gleichzeitig mit dem Wort Pein (mlat. pēna)
‚Höllenstrafe‘ aus der Kirchensprache entlehnt
worden ist. Wohl unter dem Einfluß des Lat. ist
das anlautende d auch im Mhd. zumeist beibe-
halten worden. Kommen sonst t-Schreibungen
neben d im Mhd. vor, so liegen die Ursachen in
dieser Sprachepoche in einer aus der binnen-
deutschen Konsonantenschwächung resultieren-
den Unsicherheit oder auf Lautsubstitution von
d durch t; vgl. etwa tihten (lat. dictāre) (Schatz,
Ahd. Gr. § 187; Paul, Mhd. Gr.²³ § 148, 3;
Franz, Lat.-rom. El. im Ahd. 11).
Gegenüber dem präfigierten Verb ahd. firdam-
nôn, mhd. verdamnen ist ein verbum simplex
damnen nur vereinzelt, und zwar erst in
frühmhd. und nhd. Zeit nachweisbar (12. Jh. zi
damnende, 15. Jh. dammet, Luther außerhalb
der Bibelübersetzung damnen; Dt. Wb. II, 707;
Dt. Wb.² VI, 163). Das Präfix ist bereits im
Ahd. unter dem Einfluß des sinnverwandten
Verbs ahd. Tatian fortuomen, forduomen ‚verur-
teilen, condemnare‘ (mhd. vertüemen ‚verurtei-
len, verdammen‘), das von ahd. (mhd.) tuom
‚Urteil‘ (s. d.) abgeleitet ist, hinzugefügt wor-
den; zum Präfix → fir-.
Während verdammen die Fortsetzung von mhd.
vertüemen im Nhd. verdrängt hat, existieren
Entsprechungen dieses Verbs in anderen germ.
Sprachen z. T. noch heute; → firtuomen.
Lat. damnāre ist auch in den rom. Sprachen fort-
gesetzt, und zwar wie im Dt. in der Bedeutung
‚verurteilen‘, daneben aber in der Bedeutung
‚schädigen‘, die durch damnum bestimmt wur-
de; vgl. etwa afrz. mfrz. nfrz. damner (woraus
me. dam[p]nen, ne. damn), italien. dannare
‚verurteilen‘ neben afrz. damner, aprov. damnar,
span. dañar, port. danar ‚schädigen‘; piem.
dañé, vionn. daná ‚rinnen (von Gefäßen)‘. Die
Bedeutung ‚beschädigen‘ hat condemnāre in der
L.Sal. emend.: titulus 71 si quis terram alienam
condemnaverit, und afrz. condamner in einem
der ältesten Denkmäler, Leodegar str. 28
(G. Paris, Romania 1 [1872], 303 ff.).
Thes. ling. lat. V, 1, 19 f.; Meyer-Lübke, Rom. et.
Wb.³ Nr. 2467; Diez, Et. Wb. d. rom. Spr.⁵ 444; Kör-
ting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 2746; Wartburg, Frz. et. Wb.
III, 9 f.
In dem von Raven, a. a. O. im Zusammenhang mit ahd.
firdamnôn angeführten ahd. fir-temnen ‚extrudere‘
(Gl. 1, 135, 18) ist mn eine Verschreibung für mm; vgl.
ahd. pitemma ‚occupet‘ (Gl. 2, 434, 38). fir-temmen
(s. d.) ist damit mit got. faurdammjan ‚versperren, ein-
dämmen‘ identisch und so von firdamnôn zu trennen
(Schatz, Ahd. Gr. § 269; Schade 188; Splett, Sama-
nunga-Studien 77).