fisc
Volume III, Column 319
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fiscAWB m. a-St., seit dem 8. Jh.: Fisch, piscis
Var.: v-; -sch, -sg. Mhd. visch (vesc) st.m.
Fisch, nhd. Fisch.

Ahd. Wb. III, 919 ff.; Splett, Ahd. Wb. I, 238; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 296; Schützeichel⁵ 135; Starck-Wells
160. 809. 845; Schützeichel, Glossenwortschatz III,
183; Seebold, ChWdW8 129; Graff III, 708; Schade
201; Lexer III, 369; Benecke III, 328; Diefenbach, Gl.
lat.-germ. 438 (piscis); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 493
(piscis); Dt. Wb. III, 1679 ff.; Kluge²¹ 199 f.; Kluge²⁴
295 f.; Pfeifer, Et. Wb.² 347.

Dem Wort entsprechen: as. fisk, mndd. visch;
mndl. visc, nndl. vis; afries. fisk, nostfries.,
nwestfries. fisk; ae. fisc, me., ne. fish; aisl. fiskr,
runennorw. fiskR, aschwed. fisker, nnorw.,
nschwed., ndän. fisk (vgl. kymr. ON Fishguard);
got. fisks (nur im pl.), krimgot. *fisch (gedruckt
fisct; zur Aussprache s. Stearns, Crimean Gothic
135; anders E. Schröder, Nachr. d. Akad. d.
Wiss. zu Gött. [1910], 14: recte *fisc): < ur-
germ. *fiska- m. Nach Paul, Mhd. Gr.²³ § 65 ist
der a-, e-, o-Umlaut durch die Lautverbindung
*sk blockiert worden; es ist jedoch wahrschein-
lich, daß es im Germ. keinen regelmäßigen a-,
e-, o-Umlaut von i gab (vgl. A. L. Lloyd, Lang.
42 [1966], 738 ff.).

Fick III (Germ.)⁴ 242; Holthausen, As. Wb. 20; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 134; Berr, Et. Gl. to Hel. 123; Wadstein,
Kl. as. Spr.denkm. 240; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 730 f.; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. V,
260; Verdam, Mndl. handwb. 716; Franck, Et. wb. d.
ndl. taal² 744 f.; Vries, Ndls. et. wb. 787; Holthausen,
Afries. Wb.² 28; Richthofen, Afries. Wb. 743; Doorn-
kaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. I, 490 f.; Dijkstra,
Friesch Wb. I, 354 f.; Holthausen, Ae. et. Wb. 105;
Bosworth-Toller, AS Dict. 289; Suppl. 221; Suppl. II,
25; ME Dict. E-F, 591 ff.; OED² V, 962 ff.; Oxf. Dict.
of Engl. Et. 358; Vries, Anord. et. Wb.² 121; Jóhan-
nesson, Isl. et. Wb. 537; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske
sprog I, 420; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 62;
Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 221; Ordb. o. d. danske
sprog IV, 1039 ff.; Torp, Nynorsk et. ordb. 106; Hell-
quist, Svensk et. ordb.³ 212 f.; Svenska akad. ordb. F-
619 ff.; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 155; Lehmann, Go-
thic Et. Dict. F-58.

Ein einheitliches idg. Wort für Fisch gibt es
nicht; vgl. aind. mátsya-, av. masiia- (zur Ety-
mologie s. Mayrhofer, Et. Wb. d. Altindoar. II,
297 f., der C. C. Uhlenbecks [PBB 22 (1897),
190] und E. Seebolds [Knobloch-Festschrift
444 f.] Verbindung mit ahd. mezzi dapes usw.
billigt; vgl. auch Darms, Schwäher und Schwager
223 ff. und maz); aksl. ryba, verwandt mit
ahd. ruppa Aalquappe, mhd. rûpe Raupe
(s. d.). Möglicherweise ist aber die Vorform von
gr. ἰχθύς (mit Vokalprothese), arm. jowkn (mit
-k- wie in mowkn Maus), lit. uvìs, lett. zuvs,
zivs, apreuß. (mit k-Suffix) akk.pl. suckans
(Frisk, Gr. et. Wb. I, 745 f.; Fraenkel, Lit. et.
Wb. 1323) urindogermanisch (zu der Vorform
uridg. *hđū- [**hdhuH-], aus der, teils mit
Umgestaltungen, die einzelsprachlichen Wörter
hervorgegangen sind, s. Brugmann, Grdr.² I,
794; zu der wenig überzeugenden Rückführung
der Wörter für Fisch und Zunge auf eine ge-
meinsame Grundform uridg. *dhhuA-
[**dhhuH₂-] mit *- als Intensivierungsprä-
fix, insgesamt in der Bedeutung the Fish s.
W. Winter, JIES 10 [1982], 167 ff. und zun-
ga
; lautlich und morphologisch unhaltbar ist
Seebolds [a. a. O. 447 f.] Anschluß an gr. χῡμός
Saft, Geschmack, χῡλός Saft, Gerstenschleim,
Brühe, Geschmack
wie auch seine etymologi-
sche Deutung von aksl. ryba). Dagegen hat im
Toch. das Wort Lachs (toch. B laks; Adams,
Dict. of Toch. B 544) die allgemeine Bedeutung
Fisch erhalten ( lahs).

Außergermanisch sind mit ahd. fisc nur ver-
gleichbar: lat. piscis, -is m. Fisch < *piski-
(piscor [-āri] fische, vom ā-St.; fiskôn; piscī-
na [lacus] Fischbecken; zum Suffix vgl. mhd.
vischîn vom Fisch); air. īasc, gen. ēisc < *pes-
ko- Fisch, Kollektiv Fische (īascach fisch-
reich
; Flußname Iascach f.).

E. P. Hamp (JIES 1 [1973], 508) wendet gegen die
Herleitung der kelt. Wörter ein, daß *-sk- im Kelt.
metathesiertes *-ks- ergeben habe, weshalb für urkelt.
*-sk- eine Folge *--s- und somit eine Vorform
*pei-s-vorauszusetzen sei. Die Metathese von inlau-
tendem *-sk- zu urkelt. *-ks- ist jedoch nicht ohne
Ausnahme (s. Pedersen, Vgl. Gr. d. kelt. Spr. I, 77).

Für das Lat. wird kurzes -i- erwiesen durch das Ro-
man., z. B. italien. pesce, span. pez, prov. peis (s.
G. Gröber, Arch. f. lat. Lex. 4 [1887], 437), dagegen
frz. poisson < *piscionem, und durch die Lehnwörter:
alb. peshk; mkymr. pysc, korn. pisc (s. Jokl, Ling.-kul-
turhist. Unters. d. Alban. 22; doch vgl. E. P. Hamp
[Zfvgl. Spr. 77 (1961), 256 f.], nach dem alb. peshk
möglicherweise ererbt ist [doch s. Orel, Alb. et. dict.
316 f.: entlehnt aus dem Lat.]; Loth, Mots lat. dans
britt. 204).

Ein überzeugender weiterer Anschluß fehlt.

Am ehesten trifft aber wohl die Deutung der
Gesprenkelte
und damit der Anschluß an die
Wz. *pe- bunt, farbig zu (bereits A. Cuny,
Glotz-Festschrift 268 ff. und fêh); denn unter
den Ableitungen von dieser Wz. findet sich eine
Fischbezeichnung, tschech. pstruh, poln. pstrg,
russ. pestrúka, serbo-kroat. pàstruga, bulg.
pъstъrva Forelle < urslaw. *pisr- < vorurslaw.
*pi-r-, eigtl. Gesprenkelte (vgl. auch aksl.
pьsъ m. Hund; Sadnik-Aitzetmüller, Handwb.
zu den aksl. Texten 86), und auch ahd. for(a)ha-
na
Forelle (s. d.) geht von der Vorstellung ge-
sprenkelt
aus; zur Bildung mit dem Suffix
*-sko-, das unter anderem an einen wurzelaus-
lautenden Tektal antritt, vgl. gr. δίσκος Wurf-
scheibe
< *dik-s-ko- zu δικ-εῖν werfen (Kra-
he-Meid, Germ. Sprachwiss. III § 147).

Auch E. P. Hamp (JIES 1 [1973], 508) schließt das
Wort Fisch an die Wz. *pe- an. Zu der von ihm an-
gesetzten Vorform *p(e)i-s jedoch s. o. Hamps An-
satz wird von L. Connolly (PBB 99 [Tübingen, 1977],
177. 335 f.), der das Wort Fisch im Rahmen seiner
allerdings unhaltbaren These von der laryngalbe-
dingten Entwicklung *i > urgerm. *e (anstelle der
herkömmlichen Auffassung von *e < *i durch a, e,
o-Umlaut; s. o.) diskutiert, ohne weiteres akzeptiert.

Ist die Verknüpfung mit der Wz. *pe- zutref-
fend, entfällt die weithin akzeptierte Verbin-
dung mit den die gleichen Ablautstufen wie das
Wort Fisch aufweisenden Wörtern mir. esc
Wasser (neben escae < *iskā mit analogi-
schem e-; escach wasserreich, escung, gen. es-
congon Aal, eigtl. Wasserschlange), schott.
Flußname Esk < urkelt. *iskā (vgl. auch kelt.
Flußnamen Iscalā, Iskarā; s. Förster, Flußname
Themse 822 ff.; S. Gutenbrunner, Zfcelt. Ph. 20
[1936], 457 ff.), akymr. Flußname Uisc, nkymr.
Wysg < *ēscā (engl. Flußnamen Exe, Axe, Ash;
s. M. Förster, in Streitberg-Festgabe [1924],
71 f.) < *eskā und damit die Deutung des Wor-
tes Fisch als Wassertier (J. Pokorny, Zfvgl.
Spr. 54 [1927], 307; ähnlich F. A. Wood, MLN
15 [1900], 48; zustimmend Walde-Hofmann,
Lat. et. Wb. II, 310: weniger wahrscheinlich:
Fischwasser > Wasser). Zu der lautlich mög-
lichen Verbindung der kelt. Wörter für Wasser
(*pidskā mit sekundärer Kürzung von *ī;
*pedskā) mit gr. πīδήεις quellenreich, πῖδαξ
Quelle s. Pokorny 794.

Als urverwandt mit dem germ., kelt. und lat. Wort
Fisch gelten slaw. Wörter wie russ. piskárь Gemeiner
Gründling, Cyprinus Gobio
, tschech. pisko
Schlammbeißer, slowen. piskór, -rja Flußspricke,
Neunauge
. Nach Vasmer (Russ. et. Wb. II, 360 f.)
stellen sich diese Fischbezeichnungen jedoch zu russ.
písk Piefen, Pfeifen, Quieken, weil der Schlammbei-
ßer, wenn er mit der Hand gefaßt wird, einen eigen-
tümlichen Laut von sich gibt; vgl. poln. sykawiec
Schlammbeißer neben syka zischen; lit. pypls
Schlammbeißer neben ppti pfeifen. Auch im Deut-
schen existiert der aus dem Slaw. entlehnte Fischname
Peißker.

E. Seebold (a. a. O. 445 ff.) vergleicht aind. pitú- Nah-
rung, Speise
(jav. pitu- feste Speise), aksl. pita, russ.
a Nahrung, ferner lit. pitūs Mittagsmahl, air.
ith Getreide und legt ein s-stämmiges Subst. uridg.
*petos Nahrung (zu einer Wz. uridg. *pet- nähren)
zugrunde, das in der Form *pets-ko-, *pits-ko/i-
wie im Falle von ngr. ψάρι n. Fisch < neutestamentl.-
gr. ὀψάριον Zukost, Fische (Diminutiv zu ὄψον zu-
bereitete Speise
[< *o-bhs-o- Zukost, zu der in aind.
bábhasti vorliegenden Wz. *bhes- kauen, verzehren])
zur Bezeichnung des Fisches als Zukost zum Brot
verwendet worden sei, eine insgesamt wenig wahr-
scheinliche Herleitung.

Schon W. Krogmann (Zfvgl. Spr. 62 [1936], 267) hat
aind. pitú- zum Vergleich herangezogen. Er verknüpft
das Wort jedoch mit aind. páyas- n. Milch, Milch-
strom
und geht für das Wort Fisch zu Unrecht von
einer Wz. pe- naß triefen aus (zu der Wz. uridg.
*pe- [**peH-] schwellen, strotzen, voll sein, reich-
lich strömen
als Basis von aind. páyas- und mögli-
cherweise in der Ani-Variante auch von aind. pitú-
s. Mayrhofer, Et. Wb. d. Altindoar. II, 83 f. 130; zur
Verbindung mit arm. hiwtՙ Saft, Substanz, Stoff, Ma-
terie
s. Klingenschmitt, Altarm. Verbum 180). Abzu-
lehnen auch Försters (a. a. O. 840 f.) Verbindung des
Wortes Fisch mit *e- gehen oder *es- sich heftig
bewegen
; Gutenbrunner, a. a. O.: mit *is-se/o- wün-
schen
.

Völlig unplausibel ist P. Thiemes (Abh. d. Akad. d.
Wiss. in Mainz [1953], 11) Analyse der germ. Vor-
form *pisko- als schwundstufige Bildung *p- (von
*ap- Wasser) + Suffix *-isko- zugehörig zu.

Fern bleiben auch die Wörter aind. piccha- Schwanz-
feder
, tschech. pisk junge Feder (anders J. Zubat,
Zfvgl. Spr. 31 [1892], 13; Pedersen, a. a. O. I, 90) oder
aind. picchā Schleim von Reis und anderen Frucht-
körnern
, picchala-, picchilá- schleimig, schlüpfrig
(anders Uhlenbeck, K. et. Wb. d. aind. Spr. 165; ders.,
PBB 30 [1905], 176; I. Scheftelowitz, ZfInd. u. Iran. 6
[1928], 96; Krogmann, a. a. O.); vgl. wieder O. J. Sa-
dovszky, JIES 1 [1973], 85 f., der aind. picchā, pica-
aka- Wade unter der Annahme mit dem Wort
Fisch verbindet, daß picaaka- ein früheres *pic-
chāaka- Fischrogen voraussetzt, Wörtern, denen
E. P. Hamp (a. a. O. 507 f.) die oben genannten Wörter
für Schleim hinzufügt. Zu einem wahrscheinlich dra-
vidischen Ursprung aller dieser Wörter s. jedoch
T. Burrow-M. B. Emeneau, A Dravidian Etymological
Dictionary (Oxford, 1961), § 3397. 4303; demgegen-
über setzten Walde-Pokorny II, 74 die Vorformen
*pitsā oder *pitsyā für die aind. Wörter der Bedeutung
Schleim, schleimig an.

Weiteres zu den idg. Wörtern für Fisch bei J. P. Mal-
lory, JIES 11 (1983), 263 ff.; Th. V. Gamkrelidze-
V. V. Ivanov, Indoevropejskij jazyk i indoevropejcy
(Tbilisi, 1984), 536. 943.

Walde-Pokorny II, 11; Pokorny 796; Mann, IE
Comp. Dict. 940; Fick I (Idg.)⁴ 482; Walde-Hofmann,
Lat. et. Wb. a. a. O.; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.
510; Du Cange² VI, 335; Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr.
7191; Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 6532; Meyer,
Et. Wb. d. alb. Spr. 329; Vasmer, Russ. et. Wb. II,
360 f.; Fick II (Kelt.)⁴ 25 f.; Hessens Ir. Lex. II, 5; Dict.
of Irish I-38 f.

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