ftnessiAWB n. ja-St., -nessîAWB f. īn-St., nur Gl.
2, 322, 28. 29. 323, 17. 31. 324, 1 (9./10. Jh.-
12. Jh.): ‚ausschweifende, wollüstige Lebens-
art, ritus Atticotorum [id est luxuriosus], ver-
lockende Schmeichelei, verführerischer Prunk,
lenocinium, lenocinium verborum‘ 〈Var.: fyt-,
verschrieben sit-〉.
Ahd. Wb. III, 924; Splett, Ahd. Wb. I, 239; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 296; Starck-Wells 161; Schützeichel,
Glossenwortschatz III, 186; Graff III, 450.
Das Wort ist eine Zss. mit Suffix -ness (s. d. und
vgl. Krahe-Meid, Germ. Sprachwiss. III § 125;
Wilmanns, Dt. Gr. II § 269 ff.). Der erste Be-
standteil, der auch in vtibeiten und ftafuchôn
(s. d. d.) enthalten ist, hat keine Entsprechungen
in anderen germ. Sprachen und bisher keine
Etymologie. Es scheint ein volkstümliches, viell.
etwas anstößiges Wort zu sein, das deshalb in
der Literatur selten vorkommt.
Vielleicht handelt es sich um ein Verbalabstrak-
tum vorgerm. *p-ti, -tu ‚Schmach, Schande‘
zur idg. Wz. *pē(i)- : *pī- [**peH₁i̯- : **piH₁-]
‚weh tun, beschädigen, schmähen‘ (vgl. Pokorny
792, LIV² 459 f. und → fîên, fîant). Zur Bed.
vgl. got. faian ‚tadeln, μέμφεσθαι‘, aind. pyati
‚schmäht, höhnt‘; zum t-Suffix vgl. Krahe-
Meid, a. a. O. § 122 ff.; Wilmanns, a. a. O.
§ 254 ff. Zur Verbindung des Suffixes -ness mit
einem Subst. vgl. ahd. âhtnessî ‚Verfolgung‘ zu
âhta ‚dss.‘, wuotnissa ‚Wahnsinn, Torheit‘ zu
wuot ‚dss.‘.
Theoretisch möglich wäre auch ein Verbaladj. *p-to-
‚tadelhaft, schmählich‘, aber die Zss. ftibeiten und f-
tafuchôn sprechen dagegen, da Verbindungen eines
Verbums mit einem Adj. im ersten Glied in der älteren
Sprache äußerst selten sind (vgl. Wilmanns, a. a. O.
§ 89).