flîdanAWB st. v. I(?), nur Gl. 2, 421, 32 (11. Jh.)
part. präs. flidantaz: ‚glühend leuchten, aestua-
re (laenam)‘; am Rande steht auch lohazantaz
(→ lohazzen). — biflîdanAWB, nur Gl. 1, 70, 30.
71, 30 (Pa, K) piflidit, -flitit: ‚abreißen, carpe-
re‘. — *(gi)flîdanAWB(?), nur Gl. 2, 349, 25 part.prät.
kiflittan: ‚mulcetur‘ (Bed. unklar; nach Stein-
meyer, Anm. z. Stelle, ist „der Sinn von mulce-
tur an unserer Stelle ... der von carpitur“; viell.
‚geschwächt, entkräftet‘?).
Das Wort ist im Ahd. isoliert; die Grundbed.
und sogar die Verbklasse sind unsicher (Graff
III, 772 und Raven, Schw. Verben d. Ahd. I,
293 f. setzen ein sw. Verb I fliden an). Neben pi-
flidit, -flitit in Pa und K steht piflihtit in Ra (→
biflehtan), aber die Formen in Pa und K sind
kaum als Verschreibungen dieses Verbs zu er-
klären (vgl. Splett, Abrogans-Studien 132); es ist
eher anzunehmen, daß der Schreiber von Ra ein
ihm unbekanntes Wort zu korrigieren versuchte.
Ahd. Wb. III, 966; Splett, Ahd. Wb. I, 244; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 87. 300. 390; Starck-Wells 164;
Schützeichel, Glossenwortschatz III, 208; Seebold,
ChWdW8 130; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 22 (ae-
stuare). 92 (carpere).
Die Etymologie ist dunkel (vgl. Seebold, Germ.
st. Verben 200). Wenn urgerm. *flīþan- auf idg.
*plei̯- mit t-Formans, eine Erweiterung der idg.
Wz. *pel(ǝ)- [**pelH₁-] zurückgeht, gehört es
zu einer Gruppe von Verben, die eine wieder-
holte, heftige, schnelle Bewegung darstellen,
wie z. B. lat. palpitāre, das sowohl ‚zucken, zap-
peln‘ als auch ‚auflodern, zucken (vom Feuer)‘
bedeutet. Ob diese Verben zur idg. Wz. 1.
*pel(ǝ)- ‚gießen, fließen, fliegen, flattern‘ oder
zu 2. *pel(ǝ)- ‚stoßend oder schlagend in Bewe-
gung setzen‘ gehören, ist umstritten (vgl. Po-
korny 801). Die Verben können entweder tran-
sitiv oder intransitiv sein (vgl. lat. palpāre, -āri
‚streicheln, beschwichtigen, besänftigen‘ — fast
gleichbedeutend mit mulcēre [s. o.] — neben pal-
pitāre [s. o.]). Auch ahd. flîdan kann sowohl
transitiv als auch intransitiv gebraucht werden:
flîdan ‚auflodern, zucken‘ (intr.), biflîdan ‚ab-
reißen‘ (trans.; zu bi- ‚ab, weg‘ vgl. Splett, Abro-
gans-Studien 53 [zu Gl. 1, 2, 16 ff.]), (gi-)flîdan
(unsichere Bed., trans.; kaum ‚niederreißen‘
[Splett, Ahd. Wb. a. a. O.] oder ‚beklemmen‘
[Köbler, a. a. O; Starck-Wells, a. a. O.]).