flîzan
Volume III, Column 397
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flîzan st. v. I, in Texten und Gl. seit dem
8. Jh.: kämpfen, streiten, sich befleißigen, sich
anstrengen, sich bemühen, sich beeilen, agoni-
zare, certare, conari, confligere, contendere, in-
tendere, niti, parare, satagere
Var.: v-; -zz-,
-ssc-; prät. fleiz, fliz(z)un, part.prät. gifliz-
(z)an. Mhd. vlîzen eifrig sein, streben, sich
bemühen, sich befleißigen
, nhd. (veraltet)
(sich) fleißen, heute durch (sich) befleißigen,
seltener befleißen ersetzt.

Ahd. Wb. III, 987 ff.; Splett, Ahd. Wb. I, 248; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 302; Schützeichel⁵ 136; Starck-Wells
165; Schützeichel, Glossenwortschatz III, 216 f.; Graff
III, 778 f.; Schade 206; Lexer III, 408; Benecke III,
351; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 138 (conari). 381 (niti:
fleiß thun); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 28 (agonizare).
99 (certare). 124 (conari). 131 (confligere). 144 f. (con-
tendere). 347 (intendere). 430 (niti). 463 (parare). 589
(satagere). 26 f. (studiis agi); Dt. Wb. III, 1765 f.; Klu-
ge²¹ 205 (Fleiß); Kluge²⁴ 300 (Fleiß); Pfeifer, Et.
Wb.² 354 (Fleiß).

Entsprechende Verben sind ursprl. nur im West-
germ. belegt: as. andflītan sich bemühen, nach
etwas trachten, niti
(nur Wadstein, Kl. as.
Spr.denkm. 14, 9 [Index 169]), mndd. (sik) vlī-
ten streben, sich bemühen; mndl. vlīten eifrig
sein, sich beeifern, bemühen
; nostfries. beflīten
(sich) befleißigen, bemühen, beeifern, beeilen;
ae. flītan streiten, zanken, me. flīten dss. (ne.
nur noch mdartl. flite, flyte zanken, schelten).
Ndän. beflitte (sig) sich befleißigen, nnorw.
flitta sich beeilen sind aus dem Mndd. ent-
lehnt.

Fick III (Germ.)⁴ 252; Seebold, Germ. st. Verben
199 f.; Holthausen, As. Wb. 21; Lasch-Borchling,
Mndd. Handwb. I, 1, 748; Schiller-Lübben, Mndd.
Wb. V, 276; Verdam, Mndl. handwb. 721; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 59 (bevlijtigen). 750 (vlijt); Vries,
Ndls. et. wb. 53 (bevlijtigen). 792 (vlijt); Doornkaat
Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. I, 513; Holthausen, Ae.
et. Wb. 108; Bosworth-Toller, AS Dict. 293; Suppl.
225; ME Dict. E-F, 643; OED² V, 1066; Falk-Torp,
Norw.-dän. et. Wb. 236. 1461 (flid); Torp, Nynorsk
et. ordb. 122.

Diese Wörter haben keine sicheren Anschluß-
möglichkeiten außerhalb des Germ. Da die
ursprl. Bed. des germ. Verbs wohl streiten war,
kann es viell. (trotz Walde-Pokorny II, 684) auf
die idg. Wz. *(s)ple- spalten mit d-Erweite-
rung zurückgehen (vgl. H. Schröder, ZfdPh. 37
[1905], 394 f.). Zur Bed.entwicklung vgl. nhd.
Zwiespalt. Neben germ. Formen mit d-Erweite-
rung und s-Anlaut (z. B. nhd. spleißen, Splitter)
sind auch s-lose Formen belegt: aisl. flís Schnit-
zel, Splitter
(< *pled-to-?), mndd. vlīse
Fliese, Steinplatte > nhd. Fliese (es sei denn,
daß das mndd. Wort durch n-Verlust aus
*vlinse entstanden ist; vgl. mndd. vlins Kiesel,
harter Stein
und flins; zu den nasalierten Va-
rianten dieser Sippe vgl. Lühr, Expressivität
105 f.). Außergerm. Formen mit d-Erweiterung
sind air. sliss, slissiu Schnitzel, Splitter (<
*splid-ti-, -tiō-). Wegen des Mangels an Ent-
sprechungen mit der Bed. streiten oder Ähnli-
chem kann diese Etym. höchstens als möglich
gelten.

Pokorny 1000; Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. S-136;
Dict. of Irish S-277; Fick II (Kelt.)⁴ 320; Vries, Anord.
et. Wb.² 132 (irrig: zur Wz. *plē-).

Nach H. Petersson, PBB 38 (191213), 316 f. gehören
die germ. Wörter zu lett. plîtiês sich aufdrängen, be-
harrlich verlangen, fordern
. Diese Verknüpfung wird
auch von Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. III,
350 für möglich gehalten, aber sie führt uns nicht wei-
ter, denn auch dieses Wort ist sonst etymologisch dun-
kel.

Andere, wohl verfehlte Etymologien:

Fr. A. Wood, Mod. Philol. 4 (190607), 491 f.: zu einer
Basis *pled- stretch out, aim at, strive for, contend,
etc.
in lit. atsi-plaitti sich breit machen, gr. πλίσσω
stretch out, stride, aisl. flíka ausspannen, ausdeh-
nen, prahlen
. Zur Bed.entwicklung vergleicht er lat.
con-tendo usw. Das aisl. Wort scheint aber nicht zu
existieren; das gr. Wort ist etymologisch dunkel (vgl.
Frisk, Gr. et. Wb. II, 563); das lit. Wort ist wohl als
Ablautsentgleisung[en] erwachsen an plìsti ..., das mit
plsti ausbreiten, platùs breit ablautet
(Fraenkel,
Lit. et. Wb. 613) und geht nicht auf *pled- zurück.

Seine frühere Etym.: von einer Basis *tled- zu lat. stlīs
strife, dispute (Americana Germanica 3 [18991900],
314 f.) hat Wood selbst aufgegeben.

Mann, IE Comp. Dict. 949, vergleicht ir. leide daring,
feat
, kymr. llwydd success, achievement, aber diese
Wörter sind weder im Dict. of Irish noch im Dict. of
Welsh belegt.

S. auch flîz, flîzîg.

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