flaskaAWB f. ō(n)-St., seit dem 8. Jh., in den
Basl. Rez. und in Gl.: ‚Flasche, Krug,
Schlauch, Weingefäß, ascopa, buticula, flasco,
uter, vasculum‘ 〈-sc-, -sg-, -sch-, -ss-, -hs-; mit
Umlaut (s. u.) auch fleske, fleiscon〉. — Mhd.
vlasche, vlesch(e) st. sw. f., nhd. Flasche.
Der schon im Ahd. vor -sk- auftretende Umlaut
setzt sich als š-Umlaut im Mhd., Mndd., Mndl.,
Nndl. (s. u.) und nhd. dialektal fort: alem.,
schwäb., bair., ostfrk., rhein., westfäl. fläsch(e)
(s. K. Bohnenberger, Zfdt. Wortf. 2 [1902], 4;
Behaghel, Gesch. d. dt. Spr.⁵ 289).
Nhd. Flasche in der Bedeutung ‚Dummkopf‘
(zuerst im Obersächs.; s. Müller-Fraureuth,
Wb. d. obersächs. Mdaa. II, 773) wird durch die
Sportsprache verbreitet. Als Ausgangspunkt
nimmt H.-F. Rosenfeld (Neuphil. Mitt. 53
[1952], 277 ff.) die Bedeutung ‚leere Flasche‘
(Flasche ohne Inhalt, ohne Substanz) = ‚leerer
Kopf‘ an; vgl. auch „Gefühlswörter“ wie nhd.
Hohlkopf, Kürbiskopf, Melone usw. Vergleich-
bare negative Konnotationen finden sich bei
schweizerdt. flāsche ‚faule, dicke Person‘
(Schweiz. Id. I, 1219), italien. fiasko ‚Fiasko,
Mißerfolg‘, frz. bouteille ‚Fehler, Schnitzer‘ (s.
H.-F. Rosenfeld, Neuphil. Mitt. 54 [1953],
327 ff., dort auch zur Strafe des Flaschentra-
gens).
Ahd. Wb. III, 942; Splett, Ahd. Wb. I, 1216; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 298; Schützeichel⁵ 135; Starck-Wells
162. 810; Schützeichel, Glossenwortschatz III, 196 f.;
Seebold, ChWdW8 129; Graff III, 774; Schade 203;
Lexer III, 387; Benecke III, 337; Diefenbach, Gl. lat.-
germ. 238 (flasco); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 56 (as-
copa). 79 (buticula). 268 (flasco). 691 (uter). 696 (vas-
culum); Dt. Wb. III, 1725 f. (doch: Entlehnung aus gr.
φλάσκη, φλάσκιον); Kluge²¹ 202; Kluge²⁴ 298; Pfei-
fer, Et. Wb.² 351. — Rohr, Gefäße in den ahd. Gl. 92 ff.
(zur unzutreffenden Herleitung von ahd. flasca aus
mlat. vasculum s. u.).
Das Wort hat Entsprechungen im West- und
Nordgerm. — zur Verwendung der got. Entspre-
chung bestand für Wulfila von der Bibelüberset-
zung her keine Gelegenheit: as. flaska, mndd.
vlasche, vlesche; mndl. flassce, flessce, nndl. fles;
nostfries. flesse, fles, nwestfries. flesse; ae. flasce,
flaxe (me. 16. Jh., ne. flask aus frz. flasque eigtl.
‚Puderflasche‘; die Bedeutung ‚Flasche‘ er-
scheint im Me. erst um 1700 — ae. flasce hätte
me., ne. *flash ergeben); aisl. (spät bezeugt) flas-
ka ‚Gefäß, in dem man auf der Reise Getränke
mit sich führt‘ (daraus entlehnt finn. lasku, lapp.
lasko), doch in Spitznamen aisl. flǫsku-skegg
‚Flaschenbart‘, flǫsku-bakr ‚Flaschenrücken‘,
nisl., nschwed., nnorw. flaska, ndän. flaske (die
skand. Wörter wohl kaum aus dem Ae.): < ur-
germ. *flaχskō(n)-, eigtl. ‚umflochtenes [Ge-
fäß], Korbgeflecht‘ (vergleichbar der im heuti-
gen Italien. mit fiasco bezeichneten, in ein
Strohgeflecht eingehüllten Glasflasche) < vor-
urgerm. *plo-skā(n)-, einer Ableitung von der
Wz. uridg. *ple- ‚flechten, zusammenwickeln‘
wie im Falle von gr. πλέκος n. ‚Flechtwerk,
Korbarbeit‘; zur Bedeutung des aus dem West-
germ. stammenden Wortes mlat. flasca (s. u.) vgl.
Isid. Etym. XX 6, 2 (jedoch mit Ableitung des
Wortes aus dem Gr.: Flascae ex Graeco vocabulo
dictae. Haec pro vehendis ac recondendis fialis pri-
mum factae sunt, ... postea in usum vini trans-
ierunt, manente Graeco vocabulo, unde sumpse-
runt initium (s. Sofer, Lat. aus Isid. 132 f.). Das
aus Holz, Ton u. ä. hergestellte Gefäß war zur
Stoßsicherung mit einem Flechtwerk umgeben.
Die gläserne Flasche kommt dagegen erst spät
mit den frz. Weinen nach Deutschland.
Auf aus Metall hergestellte Flaschen weist die in süddt.
Dialekten noch heute gebräuchliche Berufsbezeich-
nung Flaschner ‚Klempner‘ (mhd., spätmhd. vlasche-
ner).
Da ein Dental vor s + Kons. schwindet (vgl. et-
wa ahd. rost ‚Rost‘ < *rudh-sto-; s. Krahe-
Meid, Germ. Sprachwiss. I § 102, 3), könnte
man das Wort Flasche theoretisch auf eine Vor-
form mit t, also *flaht-ska- (so Seebold [Klu-
ge²⁴ a. a. O.]) < *plotsko- (G. Roethe bei
E. Schröder, AfdA. 23 [1897], 157; R. Meringer,
WuS 7 [1921], 12 ff. als Alternative, jedoch mit
der Grundbedeutung ‚geflochtene, mit Lehm
gedichtete Schale‘) zurückführen und als Ablei-
tung von der t-haltigen Wz. *plet- betrachten.
Die vergleichbaren s-haltigen Bildungen aus an-
deren idg. Sprachen sind aber von der t-losen
Wz. abgeleitet, weshalb der Ansatz *plo-
skā(n)- den Vorzug verdient.
Mit der Herleitung von der Wz. *ple- konkur-
riert der Anschluß an urgerm. *flata- (→ flaz),
den Falk-Torp (Norw.-dän. et. Wb. 233) wegen
der Bedeutungen von nnorw. flaska ‚Milch-
kanne mit kurzen Dauben und breitem Boden‘,
schweiz. flasche ‚ein mit einem Fuß versehenes
Holzgefäß, in dem Touristen Getränke mit sich
führen‘ vorziehen; zum t-Schwund in der Vor-
form *flatskō(n)- s. o. Des weiteren werde eine
Grundbedeutung ‚flache Schale‘ durch das
Lehnwort finn. latisko ‚flaches Gefäß‘ < *flatis-
kōn- erwiesen (T. E. Karsten, Folkmålsstudier 5
[1937], 193). Da aber die Bedeutung ‚Flasche‘
die ursprüngliche ist, dürfte der Bedeutungsan-
satz ‚umflochtenes [Gefäß]‘ wahrscheinlicher
sein.
Demgegenüber nimmt V. Pisani (Zfvgl. Spr. 90
[1976], 18 f.) bei einer Vorform *plǝ-skā einen An-
schluß an die Wz. uridg. *plē- [**pleH₁-] ‚füllen‘ vor.
Das Wort sei ein Reimwort zu dem Wort Tasche <
*dhǝ-skā- (von der Wz. *dhē- [**dheH₁-] ‚setzen‘), ei-
ner mit gr. θήκη, aind. dhāká- ‚Behälter‘ vergleichba-
ren Bildung. Eine Grundbedeutung ‚Füllung‘ für das
Wort Flasche trifft jedoch auch für andere Geschirr-
teile zu, ist demnach zu allgemein.
Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 240; Lasch-Borchling,
Mndd. Handwb. I, 1, 739; Schiller-Lübben, Mndd.
Wb. V, 266; Verdam, Mndl. handwb. 174; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 165; Vries, Ndls. et. wb. 170 f.;
Doornkaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. I, 508;
Dijkstra, Friesch Wb. I, 367; Holthausen, Ae. et. Wb.
106 (mit Annahme einer Entlehnung aus mlat. flasca
als Alternative zur der Verbindung mit der Wz. *ple-);
Bosworth-Toller, AS Dict. 291; ME Dict. E-F, 603;
OED² V, 1015 f.; Oxf. Dict. of Engl. Et. 360; Vries,
Anord. et. Wb.² 129; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 582.
990; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog I, 436; Holt-
hausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 65; Ordb. o. d. danske
sprog IV, 1160 f.; Torp, Nynorsk et. ordb. 116; Hell-
quist, Svensk et. ordb.³ 218 f.; Svenska akad. ordb. F-
769 ff.
Aus dem Germ. entlehnte Wörter der röm. Sol-
datensprache sind (Brüch, Einfl. d. germ. Spr.
6): (aus einem unbelegten got. Wort?) mlat. (zu-
erst bei Ennodius, Oberitalien, Anfang des
6. Jh.s; dann bei Gregor dem Großen, Ende des
6. Jh.s) flasco, -ōnis m., (aus dem Westgerm.)
mlat. (zuerst bei Isid.; s. o.) flasca ‚Flasche‘ (dar-
aus mgr. φλασκίον ‚umflochtene Flasche‘), ita-
lien. fiasca ‚große Flasche‘, fiasco(ne), rät. fla-
scha, afrz. fla(s)che, frz. (galloroman. Ableitung
auf -one) flacon. Die Annahme einer Entleh-
nung der germ. Wörter aus dem Roman., und
zwar aus einer Grundform lat. vasculum ‚kleines
Gefäß‘ (Diez, Et. Wb. d. rom. Spr.² 138 f.; vgl.
auch J. Scheftelowitz, Zfvgl. Spr. 56 [1929],
209), ist nicht plausibel, da nicht nur mit einem
Übergang von v zu f (aufgrund von Anlehnung
an flāre ‚blasen‘; so Körting, Lat.-rom. Wb.³
Nr. 3821), sondern auch mit Umstellung des l
gerechnet werden müßte.
Walde-Hofmann, Lat. et. wb. I, 513; Ernout-Meillet,
Dict. ét. lat.⁴ 239; Thes. ling. lat. VI, 876; Niermeyer,
Med. Lat. lex.² I, 572; Du Cange² III, 520; Meyer-
Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 3355; Wartburg, Frz. et.
Wb. III, 606 ff.; XV, 2, 137 ff.; G. Gröber, Arch. f. lat.
Lex. 2 (1885), 424.
Auch die slaw. Wörter werden aus dem Germ.
oder Ahd., Andd. hergeleitet: ksl. ploskva ‚Fla-
sche‘, russ.-ksl. plosky; ferner russ. plóska ‚fla-
ches Wassertönnchen‘ (russ. plóška ‚flache Scha-
le, Napf‘ wohl eher zu aksl. ploskъ ‚flach, breit-
blättrig‘), w.russ. pljaška (daraus lit. plėškà,
plėčkà); bulg. plóska (daraus alb. pllóskë ‚höl-
zernes Gefäß für Wein‘). Jüngere Entlehnungen
sind z. B. poln. flasza, tschech. flaška.
Nach E. Schwarz (Germ. Reibelaute 22. 44) müssen
die slaw. Wörter wegen ihres Vorkommens im Bulg.
und Serbo-Kroat. vor dem 9. Jh. von den Ostgermanen
entlehnt sein, da urgerm. *f zu slaw. p und urgerm. *a
zu slaw. o wird. Doch kommt das Wort auch im
Russ.-Ksl., Russ. und Ukrain. vor. Demgegenüber be-
trachtet Kiparsky (Gemeinslav. Lehnw. aus d. Germ.
128) slaw. *plosky und *ploska als Entlehnungen aus
gr. φλασκί(ον) bzw. φλάσκα mit volksetymologischer
Anlehnung an slaw. *plóskъ ‚flach, platt‘. Für einen
südlichen Ursprung sprächen außer der Verbreitung
des Wortes Lautungen wie serbo-kroat., slowen. plo-
skȗn ‚flaches Gefäß‘, die auf roman. flascóne(m) als
Quelle deuten würden.
Meyer, Et. Wb. d. alb. Spr. 343; Miklosich, Et. Wb. d.
slav. Spr. 251; ders., Lex. Palaeosloven.-Graeco-Lat.
574; ders., Fremdw. in d. slav. Spr. 118; Vasmer, Russ.
et. Wb. II, 374 f.; C. C. Uhlenbeck, Arch. f. slav. Phil.
15 (1893), 490; Knutsson, Germ. Lehnw. im Slav.
38 f.; A. Stender-Petersen, Zfslav. Ph. 7 (1930), 252;
Fraenkel, Lit. et. Wb. 618; Brückner, Slav. Fremdw.
im Lit. 119; Skardžius, Slav. Lehnw. im Alit. 171.
Von der Bildeweise her vergleicht sich alb. plaf
‚Decke‘ (< *plo-s-ko-), hierher auch alb. plë-
hurë ‚grobe Leinwand, Segel‘, und womöglich
lit. plaškinis ‚Art Fischernetz‘ (wenn < *plakši-
ni- mit velarem k wie im Slaw. und Metathese
von *šk zu *kš < *plok-s-? oder als Fortsetzung
von *plaš- [< *plo-] mit k-Suffix?; s. I. Schef-
telowitz, Zfvgl. Spr. 56 [1929], 196 jedoch ohne
Angabe eines Rekonstrukts).
Jokl, Stud. z. alb. Et. 69 f. (dazu J. Brüch, AfdA. 42
[1923], 195; ders., PBB 56 [1932], 350 f.).
Zum Anschluß von lit. plėšk ‚Brust- bzw. Rückenrie-
men am Sielengeschirr‘, apreuß. pleske ‚Geschirr für
Zugvieh‘ s. Fraenkel, a. a. O. 605; Trautmann, Apreuß.
Spr.denkm. 401.