flecAWB m. a-St., seit dem 8. Jh., nur in Gl.,
überliefert ist lediglich der Nom. Sg.: ‚Fleck,
Makel, Leder-, Leinenfleckchen, commissura,
macula, palaster, pittacium‘ 〈Var.: flech, fleg,
vlec, wlech〉. fleckoAWB m. n-St., um 800, in Gl.
und bei Notker: ‚Fleck, Makel, Leder-, Lei-
nenfleckchen, commissura, macula‘ 〈Var.: phl-,
-cch-, -ch-, -cc-〉. In Gl. 3, 490, 20 derflecco
‚hordiolum‘ (‚Gerstenkorn über dem Auge‘) ist
wohl eitarflecko 〈eiderflecco〉 gemeint. In diesem
Glossar wird sonst kein Artikel verwendet.
Auch die Zusammenschreibung spricht für ein
Kompositum; vgl. Ahd. Wb. III, 964. — Mhd.
vlec st.m., vlecke sw. m. ‚Fleck, Stück, Mal,
Makel, Flicken, Platz, Stück Land, Marktflek-
ken, flaches tellerförmiges Brot, breite Wunde,
Schlag, Hieb‘, spätmhd. auch ‚Stück vom Ma-
gen oder Eingeweide‘, vgl. kutelvlec ‚einzelnes
Stück vom zerteilten Rindsmagen‘, nhd. Fleck,
Flecken (mit /n/ aus den obliquen Kasus; vgl.
Paul, Mhd. Gr.²³ § 187 Anm. 3 u. 4), mdartl.
Flecke pl. ‚Gericht aus Innereien‘.
Ahd. Wb. III, 962 ff.; Splett, Ahd. Wb. I, 243. 244;
Köbler, Wb. d. ahd. Spr. 300; Schützeichel⁵ 135 (flec-
cho); Starck-Wells 164. XL. 810. 845; Schützeichel,
Glossenwortschatz III, 207; Seebold, ChWdW8 130;
Graff III, 757; Schade 205; Lexer III, 388 f.; Benecke
III, 337; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 119 (commissura).
342 (macula). 433 (pictaceus); Götz, Lat.-ahd.-nhd.
Wb. 385 (macula). 460 (palaster). 493 (pittacium). 306
(unsicher hordiolus); Dt. Wb. III, 1740 ff. (Fleck).
1743 f. (Flecke); Kluge²¹ 203; Kluge²⁴ 299; Pfeifer, Et.
Wb.² 352.
Das Wort kommt auch sonst im Westgerm. und
weiterhin im Nordgerm. vor: mndd. vlek m.n.,
vlecke f. ‚Fleck, Stück, Stück Fleisch, Makel,
Stück Land, Stelle, Platz, Ort, Marktflecken‘;
mndl. vlec m., vlecke f. ‚Fleck, Gebrechen, Ma-
kel‘, nndl. vlek f. ‚Fleck, Makel, Klecks‘, n.
‚großes Dorf‘; afries. nur im sw. v. beflekka ‚be-
flecken‘; ne. fleck ‚Fleck, Klecks; Stückchen‘
(erst seit 1600, nach Falk-Torp, Norw.-dän. et.
Wb. 234 aus dem Nordgerm. übernommen);
aisl. flekkr m. ‚Fleck, Stelle, Stückchen Land,
Makel‘, nisl. flekkur ‚dss.‘, nnorw. flek m.
‚Fleck‘, ält. dän. flek ‚dss.‘, nschwed. fläck ‚dss.‘:
< urgerm. *flekka-, *flekkan- (mit n-Geminati-
on wegen des sw. Stammes, anders Wißmann,
Nomina Postverb. 166, der die Doppeltenuis ex-
pressiv zur Charakterisierung wertloser Dinge
auffaßt).
Fick III (Germ.)⁴ 250; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 742; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. V,
267; Verdam, Mndl. handwb. 719; Franck, Et. wb. d.
ndl. taal² 747 f.; Vries, Ndls. et. wb. 790; Holthausen,
Afries. Wb.² 28; Richthofen, Afries. Wb. 743; OED²
V, 1035; Oxf. Dict. of Engl. Et. 361; Vries, Anord. et.
Wb.² 130; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 572; Fritzner,
Ordb. o. d. g. norske sprog I, 438; Holthausen, Vgl.
Wb. d. Awestnord. 66; Ordb. o. d. danske sprog VI,
18 f.; Torp, Nynorsk et. ordb. 118; Hellquist, Svensk
et. ordb.³ 225; Svenska akad. ordb. F-960 ff.
Für ahd. flec usw. wurden verschiedene An-
schlüsse in Betracht gezogen:
Liegt die Bedeutung ‚Fleck‘ zugrunde, dann ist
eine Verbindung mit der Wurzel für ‚schlagen‘
möglich, da *flekka(n)- das ‚Mal‘ als Ergebnis
eines Schlags bezeichnet hat. Dafür sprechen
die mhd. Bedeutungsangaben ‚breite Wunde,
Schlag, Hieb‘. Doch auch eine Bedeutung wie
‚Flicken‘, die seit dem Ahd. belegt ist, kann auf
‚schlagen‘ zurückgehen, wie andere Bezeich-
nungen für Stoffstücke mit der Grundbedeutung
‚klatschend Hin- und Herschlagendes‘ zeigen;
vgl. nhd. klatschen ‚von Röcken oder Kleidern,
deren Falten aneinanderschlagen‘. Die Geminate
in *flekka(n)- ist dann onomatopoetisch (vgl.
Lühr, Expressivität 303. 305). Als Anknüpfungs-
möglichkeit ergibt sich urgerm. *flōk-, ablau-
tend *flak- < uridg. *plāg-/*plag- [**pleH₂g-/
**plǝ₂g- mit analogischer Syllabifizierung an-
stelle von **pH₂g-]. Fortsetzungen finden sich
in mndd. vlac m., vlacke f. ‚Fleck, Hautfleck‘,
mndl. vlacke f. ‚Fleck‘ < urgerm. *flakk-an/ōn-.
Erklärungsschwierigkeiten bereitet jedoch der
Wurzelvokal, denn ablautendes *flek- ist mit
urgerm. *flōk-/*flak- ‚schlagen‘ unvereinbar.
Allenfalls könnte *e sich sekundär anderen
Wörtern der Bedeutung ‚Fleck‘ mit ursprüngli-
chem e-Vokalismus angeglichen haben; vgl. aisl.
freknóttr ‚gesprenkelt‘, mhd. spreckel n. ‚Flecken
auf der Haut, Sprenkel‘, ae. specca m. ‚Fleck‘ (s.
Lühr, a. a. O. 216 f.); ähnlich auch Sommer (Schr.
aus d. Nachlaß 15 f.), der eine Verbindung zu gr.
πληγή, dor. πλαγά f. ‚Schlag, Wunde‘ herstellt.
Kluge²¹ a. a. O. geht ebenfalls von einem An-
schluß an eine Wurzel mit der Bedeutung ‚schla-
gen‘ aus, die er aber fälschlich unter einer Vor-
form uridg. *plēk- mit uridg. *plē- [**pleH₁-]
(fortgesetzt in lit. plšti, -šiu ‚abreißen‘) in Zu-
sammenhang bringt; wegen gr. ἐπλήγην ‚wurde
geschlagen‘, aksl. plakati ‚sich auf die Brust
schlagen‘ wird zu Recht uridg. *plāg/k-
[**pleH₂g/k-] angesetzt; vgl. LIV² 436 f. Diese
Möglichkeit ziehen auch Falk-Torp, a. a. O. in
Betracht, erwägen aber gleichfalls eine Verbin-
dung mit urgerm. *flaka- ‚flach‘.
Wegen der Bedeutung ‚Lappen, Stück‘ verbin-
den Pokorny 835 und W. Kaspers (PBB 80
[Halle, 1958], 176 f.) ahd. flec usw. mit der Sip-
pe von mndd. vlicke f. ‚Stück Fleisch, besonders
Schweinefleisch, Stück Schweinespeck, Speck-
seite‘. Doch hat schon E. Oehmann (Nachr. d.
Akad. d. Wiss. zu Gött. [1954], 21 f.) darauf hin-
gewiesen, daß das Wort für ‚Fleck‘ auf einen
Wurzelvokal *e und nicht *i weist. Außerdem
ist fraglich, ob die Bedeutung ‚Lappen‘ von ur-
germ. *flekka(n)-, die noch am ehesten zu den
Bedeutungen der Sippe mndd. vlicke paßt,
wirklich die Grundbedeutung ist. Im Nordgerm.
fehlen Bedeutungen wie ‚Lappen, Fetzen‘ jeden-
falls.
Unhaltbar Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. II, 314: ahd.
flec sei aus lat. plaga f. ‚Fläche, Netz, Teppich, Ge-
gend‘ entlehnt.
Richtig Vasmer, Russ. et. Wb. II, 377, der den Ver-
gleich mit russ. pljugávyj ‚häßlich, widerlich, ekelhaft‘
(so A. Matzenauer, Listy fil. 13 [1886], 171) ablehnt.
Walde-Pokorny II, 98 f.; Pokorny 835; Frisk, Gr. et.
Wb. II, 561 f.; Chantraine, Dict. ét. gr. 917; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. II, 314; Ernout-Meillet, Dict.
ét. lat.⁴ 511; Fraenkel, Lit. et. Wb. 614; Mühlenbach-
Endzelin, Lett.-dt. Wb. 348 f.; Lühr, Expressivität
216 ff.