flec
Band III, Spalte 373
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flecAWB m. a-St., seit dem 8. Jh., nur in Gl.,
überliefert ist lediglich der Nom. Sg.: Fleck,
Makel, Leder-, Leinenfleckchen, commissura,
macula, palaster, pittacium
Var.: flech, fleg,
vlec, wlech. fleckoAWB m. n-St., um 800, in Gl.
und bei Notker: Fleck, Makel, Leder-, Lei-
nenfleckchen, commissura, macula
Var.: phl-,
-cch-, -ch-, -cc-. In Gl. 3, 490, 20 derflecco
hordiolum (Gerstenkorn über dem Auge) ist
wohl eitarflecko eiderflecco gemeint. In diesem
Glossar wird sonst kein Artikel verwendet.
Auch die Zusammenschreibung spricht für ein
Kompositum; vgl. Ahd. Wb. III, 964. Mhd.
vlec st.m., vlecke sw. m. Fleck, Stück, Mal,
Makel, Flicken, Platz, Stück Land, Marktflek-
ken, flaches tellerförmiges Brot, breite Wunde,
Schlag, Hieb
, spätmhd. auch Stück vom Ma-
gen oder Eingeweide
, vgl. kutelvlec einzelnes
Stück vom zerteilten Rindsmagen
, nhd. Fleck,
Flecken (mit /n/ aus den obliquen Kasus; vgl.
Paul, Mhd. Gr.²³ § 187 Anm. 3 u. 4), mdartl.
Flecke pl. Gericht aus Innereien.

Ahd. Wb. III, 962 ff.; Splett, Ahd. Wb. I, 243. 244;
Köbler, Wb. d. ahd. Spr. 300; Schützeichel⁵ 135 (flec-
cho); Starck-Wells 164. XL. 810. 845; Schützeichel,
Glossenwortschatz III, 207; Seebold, ChWdW8 130;
Graff III, 757; Schade 205; Lexer III, 388 f.; Benecke
III, 337; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 119 (commissura).
342 (macula). 433 (pictaceus); Götz, Lat.-ahd.-nhd.
Wb. 385 (macula). 460 (palaster). 493 (pittacium). 306
(unsicher hordiolus); Dt. Wb. III, 1740 ff. (Fleck).
1743 f. (Flecke); Kluge²¹ 203; Kluge²⁴ 299; Pfeifer, Et.
Wb.² 352.

Das Wort kommt auch sonst im Westgerm. und
weiterhin im Nordgerm. vor: mndd. vlek m.n.,
vlecke f. Fleck, Stück, Stück Fleisch, Makel,
Stück Land, Stelle, Platz, Ort, Marktflecken
;
mndl. vlec m., vlecke f. Fleck, Gebrechen, Ma-
kel
, nndl. vlek f. Fleck, Makel, Klecks, n.
großes Dorf; afries. nur im sw. v. beflekka be-
flecken
; ne. fleck Fleck, Klecks; Stückchen
(erst seit 1600, nach Falk-Torp, Norw.-dän. et.
Wb. 234 aus dem Nordgerm. übernommen);
aisl. flekkr m. Fleck, Stelle, Stückchen Land,
Makel
, nisl. flekkur dss., nnorw. flek m.
Fleck, ält. dän. flek dss., nschwed. fläck dss.:
< urgerm. *flekka-, *flekkan- (mit n-Geminati-
on wegen des sw. Stammes, anders Wißmann,
Nomina Postverb. 166, der die Doppeltenuis ex-
pressiv zur Charakterisierung wertloser Dinge
auffaßt).

Fick III (Germ.)⁴ 250; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 742; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. V,
267; Verdam, Mndl. handwb. 719; Franck, Et. wb. d.
ndl. taal² 747 f.; Vries, Ndls. et. wb. 790; Holthausen,
Afries. Wb.² 28; Richthofen, Afries. Wb. 743; OED²
V, 1035; Oxf. Dict. of Engl. Et. 361; Vries, Anord. et.
Wb.² 130; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 572; Fritzner,
Ordb. o. d. g. norske sprog I, 438; Holthausen, Vgl.
Wb. d. Awestnord. 66; Ordb. o. d. danske sprog VI,
18 f.; Torp, Nynorsk et. ordb. 118; Hellquist, Svensk
et. ordb.³ 225; Svenska akad. ordb. F-960 ff.

Für ahd. flec usw. wurden verschiedene An-
schlüsse in Betracht gezogen:

Liegt die Bedeutung Fleck zugrunde, dann ist
eine Verbindung mit der Wurzel für schlagen
möglich, da *flekka(n)- das Mal als Ergebnis
eines Schlags bezeichnet hat. Dafür sprechen
die mhd. Bedeutungsangaben breite Wunde,
Schlag, Hieb
. Doch auch eine Bedeutung wie
Flicken, die seit dem Ahd. belegt ist, kann auf
schlagen zurückgehen, wie andere Bezeich-
nungen für Stoffstücke mit der Grundbedeutung
klatschend Hin- und Herschlagendes zeigen;
vgl. nhd. klatschen von Röcken oder Kleidern,
deren Falten aneinanderschlagen
. Die Geminate
in *flekka(n)- ist dann onomatopoetisch (vgl.
Lühr, Expressivität 303. 305). Als Anknüpfungs-
möglichkeit ergibt sich urgerm. *flōk-, ablau-
tend *flak- < uridg. *plāg-/*plag- [**pleHg-/
**plǝg- mit analogischer Syllabifizierung an-
stelle von **pHg-]. Fortsetzungen finden sich
in mndd. vlac m., vlacke f. Fleck, Hautfleck,
mndl. vlacke f. Fleck < urgerm. *flakk-an/ōn-.
Erklärungsschwierigkeiten bereitet jedoch der
Wurzelvokal, denn ablautendes *flek- ist mit
urgerm. *flōk-/*flak- schlagen unvereinbar.
Allenfalls könnte *e sich sekundär anderen
Wörtern der Bedeutung Fleck mit ursprüngli-
chem e-Vokalismus angeglichen haben; vgl. aisl.
freknóttr gesprenkelt, mhd. spreckel n. Flecken
auf der Haut, Sprenkel
, ae. specca m. Fleck (s.
Lühr, a. a. O. 216 f.); ähnlich auch Sommer (Schr.
aus d. Nachlaß 15 f.), der eine Verbindung zu gr.
πληγή, dor. πλαγά f. Schlag, Wunde herstellt.

Kluge²¹ a. a. O. geht ebenfalls von einem An-
schluß an eine Wurzel mit der Bedeutung schla-
gen
aus, die er aber fälschlich unter einer Vor-
form uridg. *plēk- mit uridg. *plē- [**pleH-]
(fortgesetzt in lit. plti, -iu abreißen) in Zu-
sammenhang bringt; wegen gr. ἐπλήγην wurde
geschlagen
, aksl. plakati sich auf die Brust
schlagen
wird zu Recht uridg. *plāg/k-
[**pleHg/k-] angesetzt; vgl. LIV² 436 f. Diese
Möglichkeit ziehen auch Falk-Torp, a. a. O. in
Betracht, erwägen aber gleichfalls eine Verbin-
dung mit urgerm. *flaka- flach.

Wegen der Bedeutung Lappen, Stück verbin-
den Pokorny 835 und W. Kaspers (PBB 80
[Halle, 1958], 176 f.) ahd. flec usw. mit der Sip-
pe von mndd. vlicke f. Stück Fleisch, besonders
Schweinefleisch, Stück Schweinespeck, Speck-
seite
. Doch hat schon E. Oehmann (Nachr. d.
Akad. d. Wiss. zu Gött. [1954], 21 f.) darauf hin-
gewiesen, daß das Wort für Fleck auf einen
Wurzelvokal *e und nicht *i weist. Außerdem
ist fraglich, ob die Bedeutung Lappen von ur-
germ. *flekka(n)-, die noch am ehesten zu den
Bedeutungen der Sippe mndd. vlicke paßt,
wirklich die Grundbedeutung ist. Im Nordgerm.
fehlen Bedeutungen wie Lappen, Fetzen jeden-
falls.

Unhaltbar Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. II, 314: ahd.
flec sei aus lat. plaga f. Fläche, Netz, Teppich, Ge-
gend
entlehnt.

Richtig Vasmer, Russ. et. Wb. II, 377, der den Ver-
gleich mit russ. pljugávyj häßlich, widerlich, ekelhaft
(so A. Matzenauer, Listy fil. 13 [1886], 171) ablehnt.

Walde-Pokorny II, 98 f.; Pokorny 835; Frisk, Gr. et.
Wb. II, 561 f.; Chantraine, Dict. ét. gr. 917; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. II, 314; Ernout-Meillet, Dict.
ét. lat.⁴ 511; Fraenkel, Lit. et. Wb. 614; Mühlenbach-
Endzelin, Lett.-dt. Wb. 348 f.; Lühr, Expressivität
216 ff.

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