flegilAWB m. a-St., nur in Gl. vom 10. Jh. an:
‚Dreschflegel, tribula, tribulum‘ 〈Var.: u-, pf-;
-k-; -el〉. — Mhd. vlegel st.m. ‚dss.‘, nhd. Flegel
m.
Ahd. Wb. III, 945 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 241; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 299; Starck-Wells 162. 810; Schützei-
chel, Glossenwortschatz III, 199 f.; Graff III, 769;
Schade 204; Lexer III, 391; Benecke III, 338; Diefen-
bach, Gl. lat.-germ. 595 (tribula); Götz, Lat.-ahd.-
nhd. Wb. 677 (tribula); Dt. Wb. III, 1747 f.; Kluge²¹
204; Kluge²⁴ 300; Pfeifer, Et. Wb.² 353.
Ahd. flegil ist aus lat. flagellum n. ‚Geißel, Peit-
sche‘, später auch ‚Dreschflegel‘ (> afrz. flael,
nfrz. fléau) entlehnt, wobei eine sekundäre An-
gleichung an die m. Gerätebezeichnungen auf
-il erfolgte. Das lat. Wort wurde in weitere
westgerm. Sprachen übernommen: as. flegil,
mndd. vlēgel; mndl. vlegel(e), nndl. vlegel; nost-
fries. flägel, flegel, nwestfries. fleijel; spätae. fli-
gil (für *flegil?), me. fleil, flail (Ormulum
fleʒʒl), ne. flail (ndän., nschwed. flegel sind
späte Entlehnungen aus dem Dt.). Auch ir. sroi-
gell, srogell ‚Peitsche‘, kymr. fflangell ‚dss.‘, ffre-
wyll, frowyll ‚dss.‘ (? nach Vendryes, Lex. ét. de
l’irl. anc. S-186 f. = ‚Flegel‘, aber Dict. of Welsh
I, 1313 hat nur ‚Peitsche‘) sind daraus entlehnt.
Lat. flagellum, Diminutiv zu lat. flagrum ‚Gei-
ßel, Peitsche‘, wie auch lat. flāgitō ‚prügle, be-
schelte‘ und flāgitium n. ‚Schimpf, Schande‘,
sind auf die idg. Wz. *bhlag̑- [**bhlH₂g̑-]
‚schlagen‘ zurückzuführen, wozu auch aisl. blak
‚Schlag‘, blekkja ‚schlagen, mißhandeln‘, blaka,
blakra ‚vor und zurück schlagen, fächern, flat-
tern‘; lit. blõkšti (blaškiù, bloškiaù) ‚hin und
her, seitwärts schleudern, hin und her reisen,
umhersausen‘ gehören (→ blast).
Holthausen, As. Wb. 20; Wadstein, Kl. as. Spr.denkm.
110, 37. 240; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1,
741; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. V, 269; Verdam,
Mndl. handwb. 719; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 747;
Suppl. 182; Vries, Ndls. et. wb. 790; Doornkaat Kool-
man, Wb. d. ostfries. Spr. I, 496; Dijkstra, Friesch Wb.
I, 366; Holthausen, Ae. et. Wb. 110 (flyġel); Bos-
worth-Toller, AS Dict., Suppl. 225; ME Dict. E-F,
612; OED² V, 994 f.; Oxf. Dict. of Engl. Et. 359;
Ordb. o. d. danske sprog IV, 1166; Svenska akad. ordb.
F-782. — Walde-Pokorny II, 209; Pokorny 154; LIV²
87; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. I, 511 f.; Ernout-
Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 238 f.; Meyer-Lübke, Rom. et.
Wb.³ Nr. 3347; Wartburg, Frz. et. Wb. III, 597 ff.;
Fraenkel, Lit. et. Wb. 51; Dict. of Irish S-375 f.; Loth,
Mots lat. dans britt. 170 f.
Verfehlt sind frühere Versuche, wie z. B. bei Falk-
Torp, Norw.-dän. et. Wb. 836, ahd. flegil usw. unmit-
telbar auf eine idg. Wz. *plk- : *plg- [**pleH₂k-/
**plH₂k- : **pleH₂g-/**plH₂g-] ‚schlagen‘ zurückzu-
führen (vgl. Pokorny 832 f.). Es gibt auch keine abwei-
chende germ. Form *plaila ‚Flegel‘ zu einer vermeint-
lichen idg. Wz. *blek- ‚schlagen‘ (Fick III [Germ.]⁴
222; Falk-Torp, a. a. O.), die in ndän. plejl, ält. ndän.
plegel, südschwed. dial. plägel, nndd. plegel und
schwäb. pflegel vorkommen soll. Erstens gibt es kein
allgemein nndd. Wort plegel, sondern fast überall (wo
das Wort belegt ist) flegel wie im Hochdt. plegel
scheint auf Schleswig-Holstein beschränkt zu sein (ne-
ben flegel). Es ist also kaum möglich, daß die skand.
Wörter aus nndd. plegel stammen (wie Falk-Torp,
a. a. O. annehmen), sondern viel wahrscheinlicher, daß
das schleswig-holst. Wort aus dem Dän. entlehnt ist
(wie Ordb. o. d. danske sprog XVI, 1003 ff. mit Frage-
zeichen vorschlägt). Da das Wort also wohl zuerst im
Ndän. entstanden und von dort nach Schleswig-Hol-
stein und Südschweden gewandert ist, handelt es sich
kaum um ein altes Erbwort. Eher sind zwei semantisch
nahestehende Entlehnungen aus dem Deutschen zu-
sammengefallen: Flegel und Bleuel/Pleuel (vgl. dt.
Flachsbleuel ‚Gerät zum Schlagen des Flachses‘ [Dt.
Wb. III, 1702]). Diese Erklärung wird durch dän.
blejlstang = dt. Pleuelstange bekräftigt.
Bei schwäb. pflegel (eine Form, die schon in alem. Hss.
des 12. Jh.s vorkommt) handelt es sich nur um eine
mdartl. Variante von flegel, wie spätahd. (obd.) pfesa
für fesa, phuotar für fuotar (→ fesa, fuotar²) usw. Im
Alem. erscheint anl. pf- (ph-) für f auch sonst in lat.
Lehnwörtern, z. B. phlûme = flumen, ze Phin = ad fi-
nes, phündmunt = fundament usw. (vgl. Weinhold,
Alem. Gr. § 157, S. 122; Fischer, Schwäb. Wb. II,
1155 f.). Die Ursache ist unbekannt. Nach Paul, Dt.
Gr. I, 284, ist pf- aus d’flegel mit assimiliertem Artikel
zu erklären, aber daß diese Assimilation schon im
12. Jh. auftrat, jedoch nur bei einigen Wörtern — dar-
unter lat. Lehnwörtern — ist wenig wahrscheinlich.