frêhtAWB f. i-St., Murb. H., Otfrid, Notker, Gl.
1, 798, 2 (10.-12. Jh.): ‚Verdienst, meritum‘
〈Var.: ur-〉. Das Wort stirbt nach der ahd. Peri-
ode aus; im 16. Jh. wird das verwandte mndd.
Wort vracht ‚Frachtgeld, bes. Bezahlung für
den Schifftransport, Fracht‘ ins Hochdt. über-
nommen. Wegen der Form (vracht statt vrecht)
handelt es sich wohl um ein ursprl. fries. Wort
(vgl. nostfries. fracht, fragt, nwestfries. fracht),
das auch ins Ndl. (mndl., nndl. vracht) und
Engl. (me., ne. mdartl. fraught; ne. freight ist
wohl aus der Nebenform mndl. [und mndd.?;
vgl. Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1,
984 s. v. vrachtman] vrecht entlehnt, woraus
auch frz. fret ‚Transportkosten, Schiffsladung‘
[Gamillscheg, Et. Wb. d. frz. Spr.² 451; anders
Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 3468: zu lat.
fractum]) wanderte. Aus dem Mndd. entlehnt
sind auch ndän., nnorw. fragt, nschwed. frakt.
Der einzige Beleg im As. (s. Wadstein, Kl. as.
Spr.denkm. 88, 8 [Gl. 2, 595, 38]: virtus fiebat et
non fre[hte] [= *frehtī f. īn-St.?; die letzten
Buchstaben des am Rand geschriebenen Wortes
sind schwer leserlich]) ist höchst unsicher; vgl.
Wadstein, a. a. O.; Blech, Germanist. Gl.studien
407. 416.
Ahd. Wb. III, 1232 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 170; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 327; Schützeichel⁵ 140; Starck-Wells
177; Schützeichel, Glossenwortschatz III, 290; Graff
III, 817; Schade 222; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 402
(meritum); Dt. Wb. IV, 1, 1, 46 (Fracht); Kluge²¹ 214
(Fracht); Kluge²⁴ 311 (Fracht); Pfeifer, Et. Wb.² 369
(Fracht); Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 983.
1014 (vrucht); Schiller-Lübben, Mndd. Wb. V, 517.
542 (vrucht); Verdam, Mndl. handwb. 748; Franck,
Et. wb. d. ndl. taal² 761; Suppl. 186; Vries, Ndls. et.
wb. 803; Doornkaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. I,
549; Dijkstra, Friesch Wb. I, 427; ME Dict. E-F, 864;
OED² VI, 153. 171; Oxf. Dict. of Engl. Et. 375
(fraught). 376 (freight); Falk-Torp, Norw.-dän. et.
Wb. 271; Torp, Nynorsk et. ordb. 133; Hellquist,
Svensk et. ordb.³ 233.
Ahd. frêht usw. bestehen aus dem Präfix fra-
(s. d.) und einem ti-Abstraktum *aihti- ‚Eigen-
tum, Besitz‘ (vgl. got. aihts, ae. ǣht) zur Ver-
balwz. *aiχ- : *ai- ‚haben, besitzen‘ (→ eigan),
mit einer ursprl. Bed. etwa ‚was einem zuteil
wird‘ (vgl. die Etym. von lat. meritum; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. II, 75 f. s. v. mereō; zur
Bed. des Präfixes s. Wilmanns, Dt. Gr. II § 124 ff.
und vgl. got. fra-niman ‚in Besitz nehmen‘).
Vgl. auch H. Möller, Zfvgl. Spr. 24 (1879), 447. Ver-
suche, nhd. Fracht usw. auf Grund der mndd. Neben-
form vrucht von ahd. frêht zu trennen (H. Schröder,
PBB 47 [1923], 163 f.), sind verfehlt; vrucht ist keine
alte Form, sondern eine jüngere, die (neben vrocht)
wohl durch Rundung von a > o, u entstanden ist; vgl.
Sarauw, Nddt. Forsch. 1, 302; Franck, a. a. O. Suppl.
186. Abzulehnen ist auch F. Holthausen, AfdA. 22
(1896), 86: *fr-ahtiz zu aisl. aka = lat. agere (vgl.
Walde-Pokorny I, 35).