fristônAWB sw. v. II, nur Gl. 4, 6, 51 (9. Jh.) dam-
nat: fristot scadot nidrit. Ein Verb, das lat.
damnāre übersetzt, ist auf keine Weise mit der
Sippe von frist¹ ‚Zeit(raum), (günstige) Gele-
genheit‘ und fristen ‚aufschieben, jmdm. eine
Frist geben‘ (s. d. d.) zu verknüpfen; die Defini-
tion im Ahd. Wb. 1271 ‚jmdn. vor Gericht
bringen, jmds. Verurteilung betreiben(?)‘ ist
nicht zu rechtfertigen und wird durch die Zss.
anafristôn ‚verleumden‘ (s. u.) widerlegt. Ahd.
fristôn = *firristôn mit Vereinfachung des
Doppelkonsonanten und Verlust des unbeton-
ten Vokals wie in *frachan (s. d. und → fir-).
Das Verb ist eine denominative Bildung zu
frist² (< *firrist), einer Ableitung mit t-Suffix
zu einem nicht belegten Verb *firrîsan (→ rî-
san). Da girîsan ‚sich ziemen, passend sein, ge-
bühren, gefallen‘ (lat. decere, dignam esse, pla-
cere usw.), girist ‚Würdigkeit, dignitas‘, giri-
stîg, -lîh ‚würdig, angemessen, passend, di-
gnus, congruus‘ bedeuten (s. d. d.), sind für die
fir-Zss. folgende Bedeutungen zu vermuten:
*firrîsan ‚ungeziemend, unpassend, unwürdig
sein, mißfallen‘; frist² ‚Unwürdigkeit, unwürdi-
ges Benehmen, Niederträchtigkeit, Unehrlich-
keit (indignitas)‘. Hierher gehört wohl auch frist
in der Bed. ‚Vorwand, Vergeben, obtentus,
praetextus‘ (‚eine unaufrichtige Behauptung‘) in
Gl. 1, 752, 59; 2, 105, 13. 228, 39 (im Ahd. Wb.
III, 1269); s. frist¹.
fristôn ‚jmdn. niederträchtig behandeln‘ >
‚jmdm. Unrecht tun, Schaden zufügen‘ (zur
Bed. von lat. damnare: scadôn, nidarôn s. o. und
vgl. Niermeyer, Med. Lat. lex.² I, 394.
Ahd. Wb. III, 1274; Splett, Ahd. Wb. I, 265; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 331; Starck-Wells 179; Graff III, 838.