gîbiz
Band IV, Spalte 213
Symbol XML-Datei TEI Symbol PDF-Datei PDF Zitat-Symbol Zitieren

gîbiz mhd. st. m., seit dem 13. Jh., in
Gl. 3,25,32 und Gl. in Hs. Basel, A. V. 33 (1.
Hälfte d. 15. Jh.s, alem.) und F. V. 41 (Zeit
des Gl.eintrags unbekannt, obd.): Kiebitz;
onocrotalus, vanellus christatus, vanellus
vanellus
Var.: -w-; -cz, -tz. Außerhalb der
Gl. sind mhd. gîbitze, gîbitz neben seltenem
diphthongierten geybitz überliefert, nhd. Kie-
bitz. Wegen des lautnachahmenden Charak-
ters der Vogelbezeichnung unterblieb wohl
der Wandel von î > ei, doch ist mdartl. wie
schon mhd. vereinzelt die Diphthongierung
durchgeführt: bair. geibitz, schwäb. geifitz,
geibitz (vgl. schraufe neben schraube). Dial.
kommen wie im Engl. (s. u.) auch For-
men mit anl. p- vor: hess. pîewitz, rhein. pi-
wik neben kiwit (auch in FlurN in der Wen-
dung: einen in den Piwicksbrouk [Kiebitz-
bruch
] wünschen jemanden dorthin wün-
schen, wo man ihn nicht mehr sieht
[Müller,
Rhein. Wb. 6, 902]), luxem. piwitsch, piwek.

Das Wort stammt sicher aus Norddeutschland, dem
häufigsten Vorkommen des Watvogels. Im md. und
od. Sprachraum ist das Suffix an die aus dem Slaw.
entlehnten Vogelnamen auf -itz wie mhd. stigliz, nhd.
Stieglitz umgebildet worden.

Der Kiebitz spielte wegen seines auffälligen Rufes,
dessen Lock- und Warnruf kibit, kiwit, giwit an ein
Komm mit erinnert, im Volksglauben eine Rolle als
Toten- oder Seelenvogel. Das Wort wurde mitunter
auch verhüllend für den Teufel gebraucht.

Ahd. Wb. 4, 251; Splett, Ahd. Wb. 1, 1217; Schützei-
chel⁶ 134; Schützeichel, Glossenwortschatz 3, 450 f.;
Bergmann-Stricker, Katalog Nr. 34a. e; Lexer 1,
1009; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 449 (onocratulus); Dt.
Wb. 11, 657 ff.; Kluge²¹ 367; Kluge²⁴ s. v.; Pfeifer, Et.
Wb.² 652. Suolahti [1909] 2000: 264 ff. Fischer,
Schwäb. Wb. 3, 221 f.; Schmeller, Bayer. Wb.² 2, 13;
Müller, a. a. O. 4, 588; Kehrein, Volksspr. u. Wb. von
Nassau 306; Vilmar, Id. von Kurhessen Nachtr. 206.
HDA 4, 13031305.

Auf gleiche Weise wurde der Ruf des Vogels
im Ndd. und Ndl. nachgeahmt: mndd. kīvit,
kīwit; mndl., nndl. kievit; nfries. ´kiwyt, nost-
fries. kīwīt, kīvīt, saterfries. kiewit. Daneben
kommen aber auch Formen mit anl. t- vor:
mndd. tīwīt und im ags. Sprachraum mit anl.
p-: me. pēwit, ne. pewit, peewit. Diese An-
lautvarianten dürften auf einer unterschiedli-
chen Interpretation des Kiebitzrufes beruhen.

Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 565; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. 2, 469; Verwijs-Verdam, Mndl.
wb. 3, 1422; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 306; Vries,
Ndls. et. wb. 318; Fryske wb. 10, 340; Doornkaat
Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. 2, 225; Fort 1980: 120;
ME Dict. s. v.; OED² s. v.

Auch in den slaw. Sprachen gibt es parallele
lautnachahmende Bildungen: russ. ibez,
ibis, dial. auch Möwe, ukrain. kba; poln.
dial. kiwut; osorb. kibut neben kibica, kibita,
kiwica, kiwita, ndsorb. kibut (anders Biel-
feldt 1933: 159 und Eichler 1965: 62, die für
die sorb. Bezeichnung des Kiebitz Entleh-
nung aus dem Dt. annehmen; doch könnte
mit Eichler, a. a. O. ndlaus. kibut aufgrund
der gleichen Lautgestalt aus dem Sorb. über-
nommen sein).

Berneker, Slav. et. Wb. 1, 156; Vasmer, Russ. et. Wb.
3, 335; Schuster-ewc, Hist.-et. Wb. d. Sorb. 519.

Information

Band IV, Spalte 213

Zur Druckfassung
Zitat-Symbol Zitieren
Symbol XML-Datei Download (TEI)
Symbol PDF-Datei Download (PDF)

Lemma: