gamanAWB n. a-St., seit dem 9. Jh. in Gl., I
und bei O: ‚Vergnügen, Kurzweil, Freude,
Wonne; ridiculum‘. — Mhd. gamen st. n./m.
‚Spiel, Spaß, Lust‘, im Nhd. nicht mehr fort-
gesetzt (→ gamanlîh).
Ahd. Wb. 4, 34; Splett, Ahd. Wb. 1, 281; Köbler, Wb. d.
ahd. Spr. 354; Schützeichel⁶ 127; Starck-Wells 189;
Schützeichel, Glossenwortschatz 3, 379; Graff 4, 206 f.;
Lexer 1, 732; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 577 (ridi-
cul[u]m). — Grimm [1819 ff.] 1999: 2, 153 f.
In den anderen germ. Sprachen finden sich
folgende Entsprechungen: as. gaman ‚Lust-
(barkeit)‘; mndl. game ‚Witz, Spott‘; ae. ga-
men ‚Unterhaltung, Freude, Zeitvertreib,
Spiel, Vergnügen‘, me. gāme, gam(me), ne.
game; aisl., nisl., fär., nnorw. gaman ‚Freu-
de, Spaß, Wollust‘, nschwed. gamman, ndän.
gammen: < urgerm. *amana-. Im Afries. ist
ein Fem. game, gome ‚Freude‘ belegt. Von
urgerm. *amana- ist das Verbum *aman-
ii̯e/a- abgeleitet: ae. gam(e)nian ‚spielen,
scherzen‘, aisl., nisl. gamna ‚erfreuen‘
(norm. gamé ‚auffangen‘ stammt nicht aus
aisl. gamna, da es semantisch zu stark ab-
weicht [vgl. Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr.
3665]).
Wie das zur selben Wurzel gehörende aisl.
gam-ðir, eine poetische Bezeichnung des
Habichts (eigtl. ‚der einem Freude bereitet‘
mit dem Kompositionshinterglied þér ‚Die-
ner‘, wie in dem PN Ham-ðir [zum
Schwachton im Kompositionshinterglied vgl.
Noreen [1923] 1970: § 51, 2a; zur Entwick-
lung þér > þir neben þer ebd., §§ 66, 4. 151,
2]), zeigt, ist die Basis ein urgerm. *ama-,
das dann mit dem Substantiva bildenden Suf-
fix urgerm. *-(a)na- versehen worden ist
(vgl. Krahe-Meid 1969: 3, § 94; die von H.
Falk, FS Sievers 1925: 246 erwogene Rück-
führung von gamðir auf *gaman-þér, also mit
Synkopierung der Mittelsilbe, ist wegen des
daneben stehenden aisl. gaman weniger wahr-
scheinlich).
Für eine Grundlage urgerm. *ama- spricht
auch das anders gebildete mhd. gamel
m./n./f. ‚Lust, Spaß‘ < *ama-la/ō-.
Wegen der Bedeutung und der Wortbildung ist die
zuerst von F. Kluge, ZVSp 26 (1883), 70 vorgeschla-
gene und noch von Paul 1989: § 22 Anm. 5. 7 ange-
führte Verbindung mit got. gaman ‚Teilnehmer, Genos-
se‘ abzulehnen. Verfehlt auch E. Wadsteins, IF 5
(1895), 7 f., Segmentierung in *a-ama-, wobei der
zweite Bestandteil zu lat. amor ‚Liebe‘ gehören soll,
ebenso wie die Zusammenstellung von Rooth 1926:
42 ff. von ahd. gaman mit ahd. goumôn ‚essen‘ (s. d.).
Aus lautlichen und semantischen Gründen können
auch die Wörter italien. inganno, span. engaño, port.
engano, prov. engan ‚Betrug‘ (vgl. Körting, Lat.-rom.
Wb.³ Nr. 4149; Wartburg, Frz. et. Wb. 4, 683 f.; Mackel
1887: 66; J. Baur, ZRPh 2 [1878], 593 f.) und nfrz.
gamin ‚junger Hilfsarbeiter, Gassenbube, Lausbube‘,
das 1765 erstmals belegt ist und eher aus nhd. gemein
stammt (vgl. Gamillscheg 1969: 466) nicht aus urgerm.
*amana- hergeleitet werden (anders Diez, Et. Wb. d.
rom. Spr.⁵ 183 f. bzw. Th. Braune, ZRPh 42 [1922],
134).
Fick 3 (Germ.)⁴ 127; Holthausen, As. Wb. 24; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 162; Berr, Et. Gl. to Hel. 147; Verwijs-
Verdam, Mndl. wb. 2, 902 f.; Holthausen, Afries. Wb.²
34; Richthofen, Afries. Wb. 772; Holthausen, Ae. et. Wb.
123; Bosworth-Toller, AS Dict. 360; Suppl. 280; ME
Dict. s. v.; OED s. v.; Vries, Anord. et. Wb.² 154; Jóhan-
nesson, Isl. et. Wb. 414 f.; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 79; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 299,
1467; Nielsen, Dansk et. ordb. 151; Ordb. o. d. danske
sprog 6, 662 f.; Torp, Nynorsk et. ordb. 145; Hellquist,
Svensk et. ordb.³ 269 f.; Svenska akad. ordb. s. v. — W.
v. Unwerth, PBB 36 (1910), 36; H. Falk, FS Sievers
1925: 246; Lühr 1988: 110.
Eine vorurgerm. Verbalwurzel *gh/ĝh/ghem-
ist isoliert (die Wurzel liegt nicht in ahd.
gambar ‚tüchtig, kraftvoll‘ [s. d.] vor). Sie
kann aber in der Form *ghem- ‚lustig sprin-
gen, hüpfen‘ als unerweiterte Form der Wur-
zel uridg. *ghembh- ‚lustig springen, hüpfen‘
(→ gambar) aufgefaßt werden. Die Form
urgerm. *ama- ist dann ein subst. Verbal-
adjektiv zu dieser Wurzel und urgerm.
*amana- eine Ableitung hierzu; zum Ne-
beneinander dieser Bildungen vgl. ahd. gou-
fa ‚eine Handvoll‘ (s. d.) und goufana ‚ds.‘
(s. d.).
Durch eine nicht zutreffende Zusammenstellung die-
ser Gruppe mit der von lat. homō ‚Mensch, Mann‘
wurde die zugrundeliegende Wurzel auch als uridg.
*ĝhem- angegeben (O. Wiedemann, BB 27 [1902],
202).
Walde-Pokorny 1, 678 f.; Pokorny 490.