gastwissîAWB f. īn-St., nur bei O und in Gl.
seit dem 9./10. Jh.: ‚Herberge, Unterkunft;
diversorium, diverticulum, hospitium‘. —
gastwissidaAWB f. ō-St., nur in Gl. seit dem
11. Jh.: ‚Gastfreundschaft, Herberge, Unter-
kunft; diversorium, hospitium‘. — gastwissôdAWB
m. a-St., nur in Gl. seit dem 10. Jh.: ‚Her-
berge, Unterkunft; diversorium‘. Die Wörter
bestehen aus gast ‚Gast‘ (s. d.) und einem
zweiten, nur hier belegten und bisher nicht
befriedigend erklärten Bestandteil -wiss-. E.
Glaser, in Bergmann 1987: 1, 64 reiht gast-
wissi in die Gruppe der Wörter mit -ss- ein,
deren Etymologie ungeklärt ist; die Erklä-
rung von Erdmann [1982] 1979: 363: zu
-wist in heimwist, nâhwist mit Assimilation
von st > ss ist verfehlt (auch Splett, Ahd. Wb.
1, 1111 f. stellt diese Wörter zu wesan [mit
Fragezeichen], ohne die Form zu erklären).
Wahrscheinlich gehört -wiss- zur selben idg.
Wz. *u̯ei̯d- ‚sehen usw.‘ wie wîsôn ‚besu-
chen, nach jemandem sehen, sich (einer Sa-
che oder einer Person) annehmen‘ (s. d.) und
bedeutet eigtl. ‚Betreuung der Gäste‘. So-
wohl gastwissi wie auch gastwissida (→ -ida
und vgl. Wilmanns [1906—30] 1967: 2,
§ 258 f.) setzen wohl ein germ. Adj.
*gastwis(si) ‚gastfreundlich, Gäste be-
treuend‘ (< vorurgerm. *u̯id-to-/ti̯o-), gast-
wissôd dagegen (→ -ôd/-ôt und vgl. Wil-
manns, a. a. O. § 261) ein vom Adj. abgelei-
tetes ōn-Verb *gastwissôn voraus.
Ahd. Wb. 4, 129; Splett, Ahd. Wb. 1, 291. 1111. 1112;
Köbler, Wb. d. ahd. Spr. 359 f.; Schützeichel⁶ 130;
Starck-Wells 193. 814; Schützeichel, Glossenwort-
schatz 3, 410; Graff 1, 1076.