gelza, galza
Volume IV, Column 156
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gelza, galza f. jōn-St., nur in Gl. seit
dem 11. Jh.: junge Sau, Ferkel; sucula
Var.: c-; -eil-; -ze. Mhd. galze, gelze
sw. f. verschnittenes (weibliches) Schwein,
nhd. archaisch Gelze f. dss. (vgl. schweiz.
galz verschnittenes Schwein).

Ahd. Wb. 4, 214; Splett, Ahd. Wb. 1, 1217; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 364; Schützeichel⁶ 132; Starck-Wells
197. 815; Schützeichel, Glossenwortschatz 3, 436;
Graff 4, 198; Palander 1899: 158 f.; Lexer 1, 731;
Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 639 (sucula); Dt. Wb. 5,
1207. 3119 ff.; Kluge²¹ 245; Kluge²⁴ s. v. Schweiz.
Id. 2, 296.

Germanische Entsprechungen sind: mndd.,
mndl. gelte f. verschnittenes Mutter-
schwein
, nndl. gelte; nostfries. gelt(e) dss.;
ae. gilte (*gielte < *galtjōn) junge Sau, me.
yelte (me. gilt dss. ist aber aus ält. ndän.
gylt[e] entlehnt; s. u.); aisl. ablautend gylta,
gyltr f. Sau (< *gultjōn), ält. ndän. gylt[e]
junge Sau, nnorw. gylta Sau (gylt m.
Schwein), nschwed. dial. gylta junge oder
verschnittene Sau
; vgl. auch aisl. galti,
galtr, goltr (verschnittener?) Eber; ae.
gealt(borg) (?) Schwein.

Neben diesen auf urgerm. *elt- : ult- :
(alt-) zurückgehenden Wörtern gibt es an-
dere, die urgerm. *alđ- voraussetzen: ahd.
galt adj. (Hs. gialt) unfruchtbar; sterilis
(s. d.), mhd. galt, gelde unfruchtbar, keine
Milch gebend
, nhd. gelt(e) (obd. galt) dss.;
mndl. gelt, geld unfruchtbar, nndl. geld;
nwestfries. geld, gjeld unfruchtbar, keine
Milch gebend
; ae. *gielde, gelde unfrucht-
bar
; aisl. geldr unfruchtbar, keine Milch
gebend
(< *galdja-), gelda sw. v. kastrie-
ren
, geldingr kastriertes Tier; ndän. gold,
nnorw. gjeld, aschwed. galder, nschwed. gall
unfruchtbar; viell. verwandt ist der got. ON
Galtis Brachfeld?.

Fick 3 (Germ.)⁴ 131. 132; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. 2, 1, 59; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 2, 49;
Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 2, 1296 f.; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 182. 184; Suppl. 54; Vries, Ndls. et.
wb. 190 f.; Wb. d. ndl. taal 4, 1281 (gelten); Doorn-
kaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. 1, 604 f.; Dijkstra,
Friesch Wb. 1, 408; Holthausen, Ae. et. Wb. 129;
Bosworth-Toller, AS Dict. 407. 477; Suppl. 354. 467;
Suppl. 2, 30 (gealt); ME Dict. s.vv.; Björkman [1900
02] 1973: 210 f.; OED² s. v.; Vries, Anord. et. Wb.²
154. 162 f. 163. 196. 198 f.; Jóhannesson, Isl. et. Wb.
384 f.; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 79. 100.
102; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 298. 364; Nielsen,
Dansk et. ordb. 160; Ordb. o. d. danske sprog 6,
641 f.; Torp, Nynorsk et. ordb. 145. 192; Hellquist,
Svensk et. ordb.³ 267. 269; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr.
189; Lehmann, Gothic Et. Dict. G-38. H. Schwarz,
FS Trier 1954: 448 f.

Die Etymologie ist wegen der nicht überein-
stimmenden Bedeutungen schwierig. Es
handelt sich vielleicht um Kontamination
zweier verschiedener Sippen: germ. *alđ-
hat in allen germ. Sprachen nur die Bed. un-
fruchtbar, keine Milch gebend
und seltener
kastriert (meistens von Kühen und ähnli-
chen Tieren), während *elt- : ult- (seltener
*alt-) immer Schwein, bes. (junges)
weibliches Schwein
, später auch verschnit-
tenes (weibliches) Schwein
bedeutet.

Die zweite Sippe könnte zu ahd. gelzôn de-
latrare
(s. d.), mhd. ergelzen aufschreien,
aisl. gelta bellen, schreien gehören: die
jungen Schweine heißen die Quiekenden
(ähnlich schon Schade 1882: 255 f.); vgl.
nhd. Hahn der Sänger, Krähe die Kräch-
zende
, Küken das Piepende, wahrschein-
lich auch Sau die Grunzende usw. Unter
dem Einfluß der ersten Sippe entstand die
jüngere Bed. kastriertes (weibliches)
Schwein
und ein denominatives Verb mhd.
gelzen, mndd., frühnndl. (Kiliaan) gelten
kastrieren.

Verwandtschaft mit ai. huu-, hua- m. Widder
(Pokorny 434) ist äußerst fraglich (vgl. Mayrhofer, K.
et. Wb. d. Aind. 3, 602; ders., Et. Wb. d. Altindoar. 2,
541).

Die erste Sippe läßt sich mit Sicherheit nicht
erklären. Wenn die Grundbed. (trotz der
Minderheit der Belege mit dieser Bed.)
kastrieren, unfruchtbar machen war, könnte
die idg. Wz. *hel- schneiden zugrunde lie-
gen (vgl. Walde-Pokorny 1, 628 f.; Pokorny
434); man vergleicht gr. γάλλος verschnitte-
ner Priester der Cybele, Kastrat
; aus dem
Gr. entlehnt lat. gallus dss..

Schon J. Grimm (Dt. Wb. 4, 3119 ff.) und P.
Lessiak (ZDA 53 [191112], 146 f.) haben
dagegen den Ursprung dieser Wörter im Ge-
biete des Zaubers gesucht: ein unfruchtbares
Tier galt als verhext, durch Zaubermittel un-
fruchtbar gemacht. Zum Beweis wurden an-
dere Ausdrücke angeführt, die sowohl Hei-
lung als auch Vergiftung und sogar Kastrie-
rung durch Zauber beschrieben: z. B. mndd.,
mndl. lubben castrare, neben mhd. lüppen,
luppen vergiften, heilen; mndd. bōten,
mndl. boeten castrare neben mhd. büezen
bessern, von etwas befreien (einem bûzen
ihm das Kopfweh durch Besprechung he-
ben
; Lexer 1, 378); mndd. hēlen, heilen
heilen, kastrieren. Wenn diese Deutung
richtig ist, würden die Wörter zu ahd. galan
Zaubergesänge singen, bigalan mit Zau-
berformeln besprechen
, bigalôn verzau-
bern
, firgalôn bezaubern, verhexen, gal-
star
Zauber, Zaubergesang (s.dd.) gehören
also zu einer Variante *al- der germ. Wz.
*el- der zweiten Sippe!

Nach einer anderen, weniger wahrscheinlichen Erklä-
rung gehört diese Sippe zur idg. Wz. *ghal- Schaden,
Gebrechen
(Pokorny 411) und zu aisl. galli Fehler,
Schaden
(vgl. Vries, Anord. et. Wb.² 154) und (wenn
germ. Erbwörter und nicht aus lat. galla Gallapfel
entlehnt) nhd., nndd. Galle unfruchtbare Stelle im
Acker
, ae. gealla Hautwunde. Zur Bed. vgl. ahd.
geisin Mangel, geisini Unfruchtbarkeit; sterilitas
(s. d.). Die weitere Verbindung mit der idg. Wz.
*heh₁- gähnen, klaffen (vgl. Fick 3 [Germ.]⁴ 130.
132; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 337 f.) ist aber
sehr fraglich.

Abzulehnen Orel 2003: 125: zu lit. núo-galda, ùz-
galda Verschlag im Stall, lett. gałds abgespaltenes
Stück, Brett, Tisch
. Vgl. Fraenkel, Lit. et. Wb. 131;
Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. 1, 589 f.; K. F.
Johansson, ZVSp 36 (1900), 376 (auch sehr fraglich).
Jedenfalls aus lautlichen Gründen nicht zur Wz.
*hel- schneiden.

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