ger
Band IV, Spalte 166
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ger adj., seit dem 9. Jh. in Gl., bei N,
O, im Ph: begehrend, verlangend, begehr-
lich, gierig; ambitiosus, calidus, concupisce-
re, cupidus, optare, petere
Var.: k-.
Mhd. ger begehrend, verlangend.

Ahd. Wb. 4, 218; Splett, Ahd. Wb. 1, 299; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 365; Schützeichel⁶ 133; Starck-Wells
197. 848; Schützeichel, Glossenwortschatz 3, 439;
Graff 4, 226; Lexer 1, 868. 1019; Götz, Lat.-ahd.-nhd.
Wb. 36 (ambitiosus). 83 (calidus). 127 (concupisce-
re). 164 (cupidus). 452 (optare). 486 (petere).

Ahd. ger hat nur in aisl., nisl. gerr gierig,
gefräßig
, nnorw. dial. gjer (be-)gierig eine
Entsprechung: < urgerm. *era-. Problema-
tisch bei aisl. gerr ist jedoch das Fehlen der
Brechung von urgerm. *e vor a zu aisl. ia
(vgl. urgerm. *erna- begierig, geneigt >
aisl. gjarn begierig, geneigt, willig; ger-
n[i]
). Aus diesem Grund wurde das Wort
auch als eine Entlehnung aus dem Ahd. be-
trachtet (u. a. Heidermanns, Et. Wb. d. germ.
Primäradj. 241). Jedoch könnte das nicht
gebrochene -e- aus dem Nom.Sg. f. urgerm.
*erō stammen (zu Ausnahmen der a-
Brechung vgl. Noreen [1923] 1970: § 90). Für
die Auffassung von aisl. gerr als Erbwort
spricht auch die Ableitung geri
Wolf, Hund,
Rabe ( gero), ein dichtersprachliches
Wort, das als Name eines der beiden Wölfe
Odins dient.

Fick 3 (Germ.)⁴ 128; Heidermanns, Et. Wb. d. germ.
Primäradj. 241 f.; Vries, Anord. et. Wb.² 164; Bjor-
vand, Våre arveord 297; Jóhannesson, Isl. et. Wb.
357; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 83; Falk-
Torp, Norw.-dän. et. Wb. 316 f.; Torp, Nynorsk et.
ordb. 157.

Urgerm. *era- < vorurgerm. *gher-o- ist ein
Verbaladj. zur uridg. Verbalwurzel *her(H)-
Gefallen finden, begehren (zum Ansatz
s. u.). Diese Wurzel ist als e/o-Präs. (uridg.
*hér[H]-e/o-) fortgesetzt in ved. háryati
freut sich, hat gern, gr. χαίρω freue mich
(mit neuer Wurzelstufe, wohl nach dem Ao-
rist ἐχάρην), umbr. -her (in pis-her wer auch
immer
[< *pim-her wen du willst]), he-
riest wird wünschen (= her-i-es-t mit ana-
logischer Umbildung für *her-i-s-t; vgl. J. A.
Harðarson, in Meid 1998: 336 Anm. 40).
Dazu erscheint eine Kausativ-Iterativ-
Bildung uridg. *hor(H)-ée/o- in ved. ha-
rayanta sie erfreuen (vgl. Jamison 1983:
146) und venet. (part. nom.du. m.) +horeionte
freudig (für belegtes horvionte; vgl. Lejeu-
ne 1974: 82 f. 246).

Nominale Ableitungen liegen vor in: aav. za-
ra- Ziel, Streben (< *her[H]-o- oder
*horH-o-?) und gr. χάρις Gefallen, Gunst
(< *h[H]-id-).

Der Ansatz der Wurzel als *her- oder *herH- (so A.
Lubotsky, IIJ 32 [1989], 107) ist unsicher. Die Lau-
tung ai. harayanta sie erfreuen (nicht **hārayanta,
wie nach dem Brugmannschen Gesetz von uridg. *o >
ai. ā in offener Silbe zu erwarten wäre; vgl. hierzu
Meier-Brügger 2002: 147 f.) scheint für den Ansatz
*herH- zu sprechen (gr. χάρις Gefallen, Gunst ist
demgegenüber doppeldeutig, da gr. -αρ- sowohl aus
*-HV- als auch aus *-V- entsteht; vgl. Rix 1992: 65.
74). Jedoch kann ai. -a- hier analogisch nach háryati
freut sich und gr. -α- nach χαίρω freue mich
durchgeführt worden sein.

Walde-Pokorny 1, 600 f.; Pokorny 440 f.; LIV² 176 f.;
Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. 3, 583; ders., Et. Wb. d.
Altindoar. 2, 804; Bartholomae, Airan. Wb.² 1670;
Frisk, Gr. et. Wb. 2, 1062 ff.; Chantraine, Dict. ét. gr.
1240 f. 1247 f.; Untermann, Wb. d. Osk.-Umbr. 321 ff.
560.

S. gern(i), gerno.

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