gifierenAWB sw. v. I, nur bei Otfrid: ‚wenden,
bringen, führen, fügen‘ 〈Var.: ki-, -fiar-〉. Das
Verb ist von ahd. fiera ‚Seite, Richtung‘ (s. d.)
abgeleitet und bedeutet ursprünglich ‚etwas in
eine bestimmte Richtung bringen‘. Ob der
Glossenbeleg 1, 114, 21 kifiarte (Kb) zu lat. di-
stinguntur varia(n)tur hierhergehört (so Krüer,
Bindevokal 82), ist unsicher (vgl. Splett, Abro-
gans-Studien 180), da der Ansatz einer Bedeu-
tung ‚bunt machen‘ sich nicht einfügt. Die
Handschrift Pa hat hier caforte, das jedoch zu
fuoren ‚führen, leiten‘ zu stellen ist. gifieren ist
im späteren Deutsch nicht mehr fortgesetzt.
Zu trennen sind die vom Zahlwort ‚vier‘ abge-
leiteten Verben mhd. vieren ‚zu je vieren sich
verbinden, vervierfachen‘, nhd. (veralt.) fieren
(→ *fiorôn). Auch die von Kluge²¹ vorgeschla-
gene Verbindung mit fachspr. nhd. fieren
‚(Tau oder Kette) nachlassen, straffes Tau ent-
spannen‘ (ein Wort, das an der Küste weitver-
breitet ist; vgl. mndd. fīren, vīren [entlehnt in
ndän. fire, nschwed. fira], fries. fierje, nndl.
vieren [entlehnt in ne. veer]) ist abzulehnen,
da hier eher eine Ableitung aus afries. fīr,
nfries. fier ‚fern, weit‘ vorliegt (vgl. Vries, Ndls.
et. wb. 782 f.).
Ahd. Wb. III, 802 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 229; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 389; Schützeichel⁵ 111; Starck-Wells
150; Schützeichel, Glossenwortschatz III, 137; See-
bold, ChWdW8 126; Graff III, 669 f.; Schade 192;
Raven, Schw. Verben d. Ahd. I, 39; Lexer III, 340; Be-
necke III, 308 f.; Dt. Wb. III, 1627; Kluge²¹ 197. —
Kluge, Seemannssprache 250 f.; N. Törnquist, Studia
neoph. 41 (1940), 266 ff.; Riecke, Schw. jan-Verben d.
Ahd. 342.