giftAWB f. i-St., seit dem 9. Jh. in Gl., Ch,
MG, MH, bei O, N: ‚(Opfer-)Gabe, Spende,
Geschenk, Gegebenes, Gnade, Huld, Barm-
herzigkeit, Gifttrank, Zaubertrank; charisma,
datum, datio, donum, gratia, misericordia,
munus, nutus, pestis, venenum‘ 〈Var.: k-, c-;
-ph-〉. — Mhd. gift st. f. ‚Geben, Gabe, Ge-
schenk, Gift‘, nhd. Gift n. (früher auch f./m.)
‚Stoff, der an oder in einem lebenden Orga-
nismus schädliche Wirkungen, Krankheiten
oder Tod hervorruft‘. Die alte Bedeutung
‚Gabe‘ hat sich im Nhd. noch im Komposi-
tum Mitgift erhalten. Der Bedeutungswandel
von ‚Gabe‘ > ‚Gift‘ ist wohl unter dem Ein-
fluß von gr. δώς und lat. dōs ‚Gabe, Arznei-
gabe, Gift‘ aufgekommen. Während das
Wort in der alten Bedeutung Femininum
bleibt, erhält es in der neuen Bedeutung zu-
erst m., später als ‚schädlicher Stoff‘ n. Ge-
nus.
Ahd. Wb. 4, 252 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 292 f.; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 392; Schützeichel⁶ 134; Starck-Wells
206; Schützeichel, Glossenwortschatz 3, 451; Graff 4,
124 f.; Lexer 1, 1012 f.; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 101
(charisma). 170 (datio, datum). 212 (donum). 293 (gra-
tia). 419 (munus). 488 (pestis). 699 (venenum); Dt. Wb.
7, 7423 ff.; Kluge²¹ 258; Kluge²⁴ s. v.; Pfeifer, Et. Wb.²
449 f. — M. G. Arcamone, SGerm 5 (1967), 5 ff.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
mndd. gift(e) ‚Gabe, Geschenk, Abgabe,
Gift‘; mndl. gift(e), nndl. gift ‚Gabe, Ge-
schenk‘ (dagegen ist nndl. gif ‚Gift‘ aus nhd.
Gift entlehnt; seltener, aber älter ist die Form
gift; der t-Schwund führt zur Vermeidung ei-
ner Homonymie mit gift ‚Gabe, Geschenk‘);
afries. jeft(e) ‚Gabe, Verleihung‘, nfries. jefte
‚Gabe‘; ae. gift, gyft ‚Gabe, Anteil [für eine
Frau], Brautpreis; (pl.) Hochzeit, Heirat‘,
me. yift(e), gift(e), ne. gift ‚Gabe, Geschenk‘
(die me. und ne. Bedeutung kann, ebenso
wie das anlautende g-, aus dem Skand.
stammen; vgl. Björkman [1900—02] 1973:
156); aisl. gipt, gift ‚(Ab-)Gabe, Glück‘ (zum
Übergang von -ft- > -pt- vgl. Noreen [1923]
1970: § 240, 2), nisl., fär., nnorw., ndän.,
nschwed. gift ‚Gabe, Geschenk, Gift‘ (die
Bedeutung ‚Gift‘ stammt aus dem Nhd.);
got. -gifts in fragifts* ‚Verleihung, Verlo-
bung‘ (nur akk.sg. fragift [Sk. 3, 3]; dat.pl.
fragiftim [Lk. 2, 5] neben fragibtim [Lk. 1,
27]; die Schreibung mit -b- wird in der Regel
als Schreibfehler aufgefaßt [Braune-
Heidermanns 2004: § 56 Anm. 5]; näher liegt
jedoch, in dem -b- eine Angleichung an das
Verb fragiban ‚vergeben, verleihen‘ zu se-
hen): < urgerm. *efti-, eine Ableitung mit
dem Verbalabstrakta bildenden Suffix uridg.
*-ti- von der Verbalwurzel vorurgerm.
*ghéb-e/o- ‚geben‘ (→ geban). Die Lautfolge
*-bt- wurde dabei zu *-pt- assimiliert und
dann (wie altes *-pt-) zu urgerm. *-ft- ver-
schoben (Braune-Heidermanns 2004: § 81
Anm. 3).
Fick 3 (Germ.)⁴ 126; Seebold, Germ. st. Verben 217 ff.;
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 111; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. 2, 109; Verwijs-Verdam, Mndl. wb.
2, 1958 ff.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 199; Vries, Ndls.
et. wb. 207; Et. wb. Ndl. F-Ka 276 f.; Holthausen,
Afries. Wb.² 52; Richthofen, Afries. Wb. 839; Fryske
wb. 7, 241; 10, 30 f.; Doornkaat Koolman, Wb. d. ost-
fries. Spr. 1, 626; Dijkstra, Friesch Wb. 2, 25; Holt-
hausen, Ae. et. Wb. 130; Bosworth-Toller, AS Dict. 475;
Suppl. 464 f.; ME Dict. s. v.; OED² s. v.; Vries, Anord.
et. Wb.² 168; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 188 f.; Fritzner,
Ordb. o. d. g. norske sprog 1, 594. 598; Holthausen,
Vgl. Wb. d. Awestnord. 85; Falk-Torp, Norw.-dän. et.
Wb. 308; Nielsen, Dansk et. ordb. 156; Ordb. o. d.
danske sprog 6, 938 ff.; Torp, Nynorsk et. ordb. 152;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 279; Svenska akad. ordb.
s. v.; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 160 f. 214; Lehmann,
Gothic Et. Dict. F-71. G-85. — Krahe-Meid 1969: 3,
§ 123; Bammesberger 1990: 142; Casaretto 2004: 501.