gigant m. nt-St., bei O und in Gl.
4,12,61 (12. Jh.): ‚Riese; Poliphemus‘ 〈Var.:
-y-〉. Das Subst. ist aus einer obliquen Form
von lat. Gigās ‚Riese‘, gen.sg. Gigantis ent-
lehnt, das wiederum aus gr. Γίγας m. ‚Gi-
gant‘, gen.sg. Γίγαντος, meist im Pl., über-
nommen wurde. Im Gl.-Beleg übersetzt gy-
gande (sw. m.) Polyphemus, den einäugigen,
menschenfressenden Kyklop aus der gr. My-
thologie (Odyssee), bei O steht gigant
(st. m.) für Christus. — Mhd. gîgant st.sw. m.
(mit Dehnung in offener Tonsilbe; Paul
1989: § 45), nhd. Gigant sw. m. ‚Riese, je-
mand, der durch Außergewöhnliches beein-
druckt‘ (seit dem 16. Jh. ausschließlich sw.
flekt.).
In der gr. Mythologie sind die Giganten ein wildes,
riesenhaftes Volk, bei Hesiod sind sie die riesenhaften
Söhne der Erdgöttin Gaia, die aus den Blutstropfen
des entmannten Uranos entstanden. Wegen ihres Fre-
velmuts wurden sie von Zeus vernichtet.
Ahd. Wb. 4, 255; Splett, Ahd. Wb. 1, 304; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 394; Schützeichel⁶ 134; Starck-Wells
207; Graff 4, 142; Lexer 1, 1013; Götz, Lat.-ahd.-nhd.
Wb. 498 (Polyphemus); Dt. Wb. 7, 7472 f.; Kluge²⁴
358; Pfeifer, Et. Wb.² 450. — KP 2, 797 f.
Mndd. gīgant, mndl. gigant sind ebenfalls
aus lat. Gigās, Gigantis übernommen. Die
gleiche Basis hat auch ae. gigant (1 Beleg
971), me. gigant (belegt von 1432—1658),
das aber durch me. geant, ne. giant völlig
verdrängt wurde. Das me. geant ist aus
gleichbedeutendem afrz. géant, jéant, gaiant
übernommen (zur Herkunft von afrz. géant
s. u.). Wesentlich jünger sind Entlehnungen
des Wortes ins Nordgerm.: nschwed. gi-
gant (Anfang des 19. Jh.s), nnorw. gigant
sind aus lat. Gigant- übernommen.
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 112; Verwijs-
Verdam, Mndl. wb. 2, 1964; Holthausen, Ae. et. Wb.
130; Bosworth-Toller, AS Dict. 476; Suppl. 465; ME
Dict. s. v.; OED² s. v.; Ordb. o. d. danske sprog 6,
949 f.; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 280; Svenska akad.
ordb. s. v.
Außerhalb des Germ. wurde das Wort ins
Slaw. und Balt. entlehnt: russ.-ksl. gigantъ,
gigas ist direkt aus gr. Γίγας, gen.sg.
Γίγαντος, übernommen. Neu entlehnt, und
zwar aus dem Nhd., wurde das lat. Subst. in
der 1. Hälfte des 18. Jh.s: nruss. gigánt
(Christiani 1906: 52). Auch lit. gigántas
stammt über russ. gigánt aus nhd. Gigant.
Daneben existiert gleichbedeutendes lit.
gìgartas, das nach Fraenkel (Lit. et. Wb. 136)
durch Kontamination aus gigántas und
gingãras ‚langaufgeschossener, langbeiniger
Mensch‘ entstanden ist (ablautend dazu
gangãrioti ‚hin- und herschwanken‘).
In den roman. Sprachen ist vorwiegend die
vulg.lat. Form *gagante (mit Vokalassimila-
tion) fortgesetzt: afrz. jayant (12. Jh.), mfrz.
jayant, nfrz. géant, apik. gogant, katal. ge-
gant, span. jayan. Die klass.lat. Form bildet
dagegen die Grundlage für italien. gigante,
aprov. gigan. Sie ist auch für entlehntes
bask. digante anzunehmen.
Frisk, Gr. et. Wb. 1, 305 f.; Chantraine, Dict. ét. gr.
221; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 275; Thes. ling. lat.
6, 2, 1975; Niermeyer, Med. Lat. lex.² 1, 612; Du
Cange² 4, 66; Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 4243; Mey-
er-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 3758; Wartburg, Frz. et.
Wb. 4, 134; Vasmer, Russ. et. Wb. 1, 267; Fraenkel,
Lit. et. Wb. 1, 134. — Gamillscheg 1969: 474.