gimein(i)AWB adj., in Gl. seit dem 2. Drittel
des 9. Jh.s (2,146,46), H, I, O, GA, N, Npg:
‚gleich, gegenseitig, gemeinsam, gemein-
schaftlich, übereinstimmend, allgemein, zuteil
geworden, gegeben, bestimmt; carus, commu-
nis, generalis, laicus, mutuus, publicus, uni-
versalis‘, gimein(i) wîb ‚Prostituierte; forni-
catrix, lupa, meretrix, nonaria, prostituta,
scortum‘, diu gimein(i) gilouba ‚der rechte
Glauben; fides catholicus‘, subst. daz gimeina
‚das Gemeinsame, Allgemeine; genus‘, gi-
mein(i) wesan ‚inesse‘, in gimeinûn ‚ohne Un-
terschied; in medium‘, urspr. ‚mehreren im
Wechsel zukommend‘ (mhd. gemein[e] ‚ge-
meinschaftlich, allgemein, vertraut, gewöhn-
lich, niedrig‘, nhd. gemein ‚gemeinschaftlich,
allgemein, gewöhnlich, niederträchtig, unan-
ständig‘; as. gimēni, mndd. gemēine; mndl.
gemene, gemeine; afries. [ge-]mēne; ae. ge-
mǣne; got. gamains: < urgerm. *amai̯ni-).
Possessivkomp. mit soziativem gi- (s. d.) zu
einem Subst. mit n-Suffix vorurgerm.
*h₂moi̯no- mit der Grundbedeutung ‚Tausch,
Wechsel‘. Zur Etymologie und Bedeutungs-
entwicklung s. mein. S. auch Lühr 1982: 689 f.
S. gi-, mein. — gimeinîAWB f. īn-St., Gl. 4,15,21 (2.
Viertel des 9. Jh.s): ‚Anteil, Gemeinschaft;
participatio‘ (mhd. gemeine, gemein, nhd.
Gemeine ‚Gemeinschaft, Gemeinde‘; mndd.
gemēine; mndl. gemene, gemeine; got. gamai-
nei; vgl. afries. mēne). Deadj. Abstraktum. S.
gimein(i). — gimeinida¹AWB f. ō-St., Gl. 1,756,47
(3 Hss., zwei mit Gl. des 11. Jh.s); 5,20,20
(Zeit unbekannt): ‚Plan, Beschluß; proposi-
tum‘. Verbalabstraktum. S. gimeinen. — gi-
meinida²AWB f. ō-St., im Abr (1,214,31 [Kb]) und
Gl. 2,19,2 (Zeit unbekannt), bei I, O, im WK,
GP: ‚Gemeinsamkeit, Gemeinde, Kirche, Gat-
tung; communio, ecclesia, genus, pars‘ (mhd.
gemeinde, nhd. Gemeinde; as. gimēntha,
mndd. gemēinte; mndl. gemeende, gemeente).
Zum endungslosen Nom.Sg. gimeinid bei I s.
Matzel 1970: 208. 315. Deadj. Ableitung mit
dem Fortsetzer des Abstraktsuffixes urgerm.
*-iþō-. S. gimein(i). — gimeinidîAWB f. īn-St., Gl.
1,662,19 (12. Jh.): ‚Bestimmung, Anordnung;
decretum‘. S. gimein(i). Vgl. gimeinida². —
gimeinlîhAWB adj., Gl. im Clm. 4542 (Zeit des
Gl.eintrags unbekannt, bair.; s. Mayer 1974:
51), Gl. 3,410,7 (um 1175) und bei N: ‚ge-
meinsam, allgemein; communis, generalis,
universalis‘ (mhd., ält. nhd. gemeinlich; mndl.
gemeenlijc; ae. gemǣnelīc). Deadj. Ableitung
(s. Schmid 1998: 226 f. 500 f.). S. gimein(i). —
gimeinlîchêmAWB adv., Gl. 1,705,68 gimeinlichen
(12. Jh.): ‚gemeinschaftlich, gemeinsam; com-
muniter‘ (mhd. gemeinlîchen; mndd. gemēin-
līken; mndl. gemeenliken). Adj. Adv. mit er-
starrtem st. Dat.Pl. (bei Schützeichel, Glos-
senwortschatz 6, 310 Ansatz gimeinlīhhūn). S.
gimeinlîh. — gimeinlîchoAWB adv., in Gl. 2,147,8
(2. Drittel des 9. Jh.s). 300,36 (4 Hss.,
Gl.einträge im 10. und 11. Jh.). 330,29
(9. Jh.), Gl. in Hs. Salzburg, St. Peter A VII 2
(1. Hälfte des 9. Jh.s) und bei N: ‚gemein-
schaftlich, im allgemeinen, gewöhnlich; com-
muni nomine, communiter, consonanter, gene-
raliter, simpliciter, universaliter‘ (mhd. ge-
meinlîche, ält. nhd. gemeinlich; mndd. ge-
mēinlīk; mndl. gemeenlike; ae. gemǣnelīce;
vgl. afries. menlik). S. gimeinlîh. — gimein-
merkiAWB n. ja-St., nur bei N: ‚gemeinsame Gren-
ze; communis terminus‘ (mhd. gemeinmerke
st. n. ‚Grundeigentum der Gemeinde, Allmen-
de‘, ält. nhd. gemeinmerk [vgl. Dt. Wb. 5,
3261]). Determinativkomp. mit adj. VG und
subst. HG. S. gimein(i), gimerki, mark. — gi-
meinmuotîAWB f. īn-St., nur bei N: ‚Eintracht,
Einmütigkeit; concordia‘ (mhd. gemeinmüe-
te). Ableitung von einem nicht belegten adj.
Possessivkomp. *gimeinmuot ‚mit einträchti-
gem Sinn‘ (s. u. gimeinmuoto adv.). S. gi-
mein(i), muot. — gimeinmuotgîAWB f. īn-St., nur
bei N: ‚Bund; foedus‘. S. gimein(i), muotgî. —
gimeinmuotoAWB adv., bei O und N: ‚einmütig;
socia fide‘. S. gimein(i), muot. — Splett, Ahd.
Wb. 1, 600. 606. 607. 641. 642; Köbler, Wb. d.
ahd. Spr. 417; Schützeichel⁶ 232; Starck-
Wells 213. 817. 848; Schützeichel, Glossen-
wortschatz 6, 308 ff.