gisemôn sw.v. II, Hapaxlegomenon bei
O (4,20,6): ‚bleiben ? sich versammeln ?‘.
Die Bedeutung des nur einmal bezeugten ahd.
Verbs ist nicht sicher ermittelt. Ein Teil der For-
scher nimmt an, dass gisemôn ‚sich versam-
meln‘ bedeutet. Andere rechnen mit einer Se-
mantik ‚bleiben, verharren‘. Die früher, etwa
von Fick 3 (Germ.)⁴ 434, erwogene Überset-
zung ‚schmausen‘ kommt vielmehr dem dane-
benstehenden Verb gifehôn zu (s. d.).
Splett, Ahd. Wb. 1, 803; eKöbler, Ahd. Wb. s. v. gisemōn;
Schützeichel⁷ 277; Seebold, ChWdW9 706; Graff 6,
220 f.
W. Wiget, PBB 55 (1931), 311 f. setzte ahd.
-semôn in dem präverbierten Verb gisemôn mit
ae. seomian, siomian, semian sw.v. II ‚bleiben,
verharren, hängen, auf etwas lasten‘ gleich. Da-
mit erschloss er auch für ahd. gisemôn die Bed.
‚verharren, bleiben‘. Wenn diese Identifikation
richtig ist, können die beiden Verben auf west-
germ. *sem-ōi̯e/a- ‚verharren‘ zurückgehen.
Die Bedeutungsbestimmung beruht jedoch aus-
schließlich auf dem etymologischen Vergleich
des ahd. mit dem ae. Verb.
Fick 3 (Germ.)⁴ 434; Holthausen, Ae. et. Wb. 295;
Bosworth-Toller, AS Dict. 865; Suppl. 702.
Die ungeklärte Bedeutung von ahd. gisemôn
steht einer klaren etymologischen Zuordnung
entgegen. Zwei Möglichkeiten kommen in Be-
tracht:
Pokorny 891 akzeptiert die Semantik ‚bleiben‘
und vermutet einen Zusammenhang mit der
Sippe von ahd. langseim(i) adj. ‚lange dauernd‘
und ferner von ahd. senên ‚matt sein‘ (s. dd.),
mhd. seine adj. ‚träge, langsam‘. Westgerm.
*sem-ōi̯e/a- würde damit auf älteres *simōi̯e/a-
zurückgehen, ein Denom. von einer Basis
*sim-, die zur selben Wz. wie die Basis *sin-
von ahd. senên gehört. Dann versteht sich die
semantische Entwicklung als ‚träge, langsam
sein: zögern, säumen: verharren, bleiben‘. For-
mal enthielte *sim- eine Wz.form *si- und ein
m-anlautendes Nominalsuff., wie es mit anderer
Ablautstufe auch in ahd. langseim(i) vorliegt.
Wenn aber vielmehr ‚sich versammeln‘ die
wirkliche Bedeutung ist, gehört ahd. gisemôn
eher zu Wörtern wie sama adv. ‚auf gleiche
Weise‘ (s. d.). Diese Anknüpfung impliziert
Seebold, ChWdW9 706, indem er gisemôn unter
der Wortfamilie von sama anführt. Ahd. sama
ist eine o-stufige Bildung, das Verb gisemôn je-
doch hat e-Stufe der Wz., wie etwa auch ahd.
simbal ‚unablässig‘ (s. d.) und seine germ. Ver-
wandten.
In jedem Fall ist gisemôn wahrscheinlich deno-
minal von einem nicht bezeugten Grundwort.
Walde-Pokorny 2, 461; Pokorny 891.
DSW