glôsârAWB mhd. st. n., nur in Gl. 3,62 Anm.
13 (SH A, 13. Jh.): ‚Glossar; summarium‘.
Der Fachterminus ist aus mlat. glossarium
‚Glossensammlung‘ entlehnt. Daneben ist
wesentlich häufiger das die einzelne Glosse
bezeichnende mhd. glôse st.sw. f. ‚erklärende
Anmerkung‘, eine Übernahme von lat.
glōssa, glōsa f. ‚Glosse‘, belegt. — Älteres
nhd. glossar (ab dem 17. Jh., seitdem auch
mit Graphie -ss-), nhd. Glossar n. ‚Samm-
lung von Glossen, Wörterverzeichnis mit Er-
klärungen‘ neben älterem Glossarium. Wohl
durch die Existenz von Glossarium neben
Glossar und die Zugehörigkeit des Wortes
zum fachspr. Wortschatz unterblieb der sonst
übliche Genuswechsel lat. Neutra auf -ārium
zu Mask.; vgl. lat. cellārium n. : ahd. kellâri
m. ‚Keller‘, bicārium n. : ahd. bechâri m.
‚Becher‘.
Ahd. Wb. 4, 311; Splett, Ahd. Wb. 1, 1217; Schützei-
chel⁶ 136; Starck-Wells 232; Schützeichel, Glossen-
wortschatz 3, 477; Lexer 1, 1038 (glôse); Götz, Lat.-
ahd.-nhd. Wb. 641 (summarium); Dt. Wb. 8, 209 f.;
Kluge²⁴ 362; Pfeifer, Et. Wb.² 458. — LMA 4, 1508 ff.
Gleichfalls aus mlat. glossarium stammen
me. glosarye, ne. glossary, ndän. glosar,
nschwed., nnorw. glossar n. Daneben er-
scheint die ältere Form mit lat. Endung:
mndl., nndl., nschwed. glossarium n., ndän.
glos(s)arium.
Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 2, 2001 (s. v. glose); ME
Dict. s. v.; OED² s. v.; Ordb. o. d. danske sprog 6,
1090; Svenska akad. ordb. s. v.
In den romanischen Sprachen ist der Termi-
nus als mfrz. glosair m., nfrz. glossair m.
fortgesetzt.
Mlat. glossarium n. ‚Glossensammlung‘ ist
eine Ableitung von mlat. glossa ‚fremdes
Wort, Worterklärung‘. Das selten bezeugte
klass.lat. glōssārium ist aus gr. γλωσσάριον,
einer Diminutivbildung zu gr. γλῶσσα f.
‚Zunge, Sprache‘, übernommen (zur diminu-
tiven Funktion des Suffixes s. Chantraine
[1933] 1979: 186).
Frisk, Gr. et. Wb. 1, 315; Chantraine, Dict. ét. gr. 230;
Thes. ling. lat. 6, 2, 2108; Niermeyer, Med. Lat. lex.²
1, 616; Du Cange² 4, 80; Wartburg, Frz. et. Wb. 4,
168.