glaffaAWB ? f. jō(n)-St.?, nur Nom.Sg. in
einer Gl. (Admont, StiftsB 718, Mitte des
12. Jh.s): ‚Korn-, Getreideschaufel; mergae‘.
Die Aldhelm-Gl. lautet: mergus duchere hinc
mergis, tis ár, quia mergat stipulam; merga,
merge glaffa, qua fruges elevantur, dicta a
volucribus mergis (‚mergus ist der Taucher-
vogel, davon abgeleitet ist mergis, das ist die
Garbe, weil sie den Halm „versenken“ soll,
merge ist die Korngabel, mit der das Getrei-
de angehoben wird benannt nach den mer-
gis-Tauchervögeln‘). Es werden die unter-
schiedlichen Bedeutungen des lat. Lemmas
erklärt: mergus bezeichnet den ‚Tauchervo-
gel‘ (duchere mit unverschobenem Anlaut,
aber verschobenem Inlaut), merges hat die
Bedeutung ‚Garbe‘ (ár ist eine mndd. beein-
flußte Nebenform zu ahd. ahir, ehir) und bei
mergae = glaffa handelt es sich um ein Ge-
rät, ‚mit dem Korn (oder Früchte) hochgeho-
ben, eingesammelt werden‘ (vgl. auch Geor-
ges 1913: 2, 892: mergae ‚Gabel, womit das
abgemähte Getreide in Haufen gebracht
wurde‘). Auch das Interpretament glaffa ist
wohl vom Ndd. beeinflußt. Es könnte aus
mndd. gaffel(e), gafle ‚große hölzerne oder
eiserne Gabel, Kornforke‘ entstellt sein und
zu ahd. gabala in der Bedeutung ‚Getreide-,
Heugabel‘ (s. d.) gehören (vgl. Riedel 1991:
159—162). Möglicherweise ist also von einer
Form *gaf(f)la auszugehen. Der Umstand,
daß die Aldhelm-Gl. vom Ndd. beeinflußt
sind und zudem mehrere Fehler aufweisen,
erhärtet diese Annahme (vgl. auch H. Götz,
PBB 81 [1959], 208; Mettke 1957: 43: empis
für templis, ipant für pipant u. a.).
Abzulehnen ist eine Verbindung von glaffa mit mhd.
glavîe, mndd. glevie ‚Lanze‘, das aus afrz. glaive
‚Lanze, Wurfspieß‘ entlehnt ist (Gamillscheg 1969:
481). Auch eine Ableitung mit dem Präfix gi- von
ahd. laffa, mhd. laffe ‚Ruderblatt‘, nhd. dial. ‚Löffel,
hohler Teil einer Pfanne‘ (Schweiz. Id. 3, 1107; Fi-
scher, Schwäb. Wb. 4, 919; Mitzka, Schles. Wb. 2,
784; Dt. Wb. 12, 57) scheidet aus, da gi- in der Hs.
unabgeschwächt erhalten ist. Ein Ansatz *gi-laffa, der
aufgrund der Bedeutung naheliegen würde, ist also
nicht berechtigt.
Ahd. Wb. 4, 298; Splett, Ahd. Wb. 1, 1217; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 478; Schützeichel⁶ 187; Starck-Wells
231. XLII. 849; Schützeichel, Glossenwortschatz 5,
232 (s. v. klaffa); Bergmann-Stricker, Katalog Nr. 7;
Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 402 (mergae). — H. Nau-
mann, ZDA 64 (1927), 78. — Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. 2, 1, 3. 120.