glanzAWBEWA adj., seit dem 9. Jh. in Gl. und
bei N: ‚glänzend, hell, schimmernd; corus-
cus, nitidus, praefulgorus, vibrabilis‘ 〈Var.:
gil-〉. — Mhd. glanz ‚hell, glänzend‘, nhd.
veraltet glanz ‚hell, leuchtend, strahlend,
prächtig, schön‘.
Ahd. Wb. 4, 298 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 308; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 478; Schützeichel⁶ 135; Starck-Wells
231; Schützeichel, Glossenwortschatz 3, 470; Graff 4,
288; Lexer 1, 1027; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 156
(coruscus). 430 (nitidus). 510 (praefulgorus). 707
(vibrabilis); Dt. Wb. 7, 7598 ff.; Kluge²¹ 259; Kluge²⁴
s. v.; Pfeifer, Et. Wb.² 452 f. — Reutercrona 1920: 156.
Ahd. glanz führt auf urgerm. *lanta- ‚glän-
zend‘ zurück. Es handelt sich um ein Verbal-
adj. zum st. Verb urgerm. *lente/a- ‚glän-
zen‘, das in mhd. glinzen ‚schimmern, glän-
zen‘ fortgesetzt ist (zur Bildeweise vgl. ahd.
krampf ‚gekrümmt‘ [s. d.] zu urgerm.
*krempe/a- ‚krampfen‘). Das einstige Vor-
kommen des Adj. im Me. sowie im Nord-
germ. zeigen die Ableitungen me. glenten,
ne. veraltet glent ‚schnell bewegen‘, aisl.
glettask, nnorw. gletta, nschwed. glänta,
nschwed. dial. glätta ‚reizen, necken‘ < ur-
germ. *lant-ii̯e/a- ‚glänzend machen‘. Als
semantische Zwischenstufe ist im Nordgerm.
‚aufhellen, aufheitern‘ anzunehmen. Demge-
genüber werden mndd. glans ‚glänzend,
blendend‘ und mndl. *glans ‚glänzend‘ (zu
erschließen aus der Adj.-Ableitung glansheit
‚Glänzen, Schimmer‘) wegen des -s- als Ent-
lehnungen aus dem Mhd. betrachtet. Nicht
ausgeschlossen ist jedoch die Möglichkeit,
daß es sich hierbei um Adj.-Bildungen zur
Verbalwurzel urgerm. *lensii̯e/a- > west-
germ. *glensii̯e/a- ‚glänzen‘ handelt (→
glinsen).
Fick 3 (Germ.)⁴ 147; Heidermanns, Et. Wb. d. germ.
Primäradj. 247; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2,
1, 117; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 2, 116; Verwijs-
Verdam, Mndl. wb. 2, 1985 f.; ME Dict. s. v.; OED²
s. v.; Vries, Anord. et. Wb.² 174; Jóhannesson, Isl. et.
Wb. 337; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog 1, 611;
Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 88; Falk-Torp,
Norw.-dän. et. Wb. 327; Torp, Nynorsk et. ordb. 164;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 289 f.; Svenska akad.
ordb. s. v.
Urgerm. *lente/a- führt auf uridg. *ghlénd-
e/o- zurück, das ebenfalls zugrundeliegt in
mkymr. -chlyn, air. -gleinn (dazu das Ver-
balnomen díglaim ‚Sammlung‘), bret. -lenn
‚auswählen, untersuchen, lernen‘ (wahr-
scheinlich mit Schrijver 1995: 376 aus ur-
kelt. *glend-n- [einer Bildung mit Nasalsuf-
fix zur Wurzel uridg. *ghlend- ‚blicken,
schauen, glänzen‘; zu einer solchen Suffigie-
rung → biginnan]; unsicher, da für eine n-
Infix-Bildung weitere Parallelen fehlen, mit
K. McCone, FS Watkins 1998: 465 f. 468.
472 aus urkelt. *glanne- < *glannd- < uridg.
*ghl-né/n-d-), lett. (kur.) glendi ‚suche!‘,
glenst ‚sehen, suchen‘, nùo-gleñst ‚erblik-
ken‘ (<*ghlend- mit Erhalt von tautosyllabi-
schem -en- im Kur. [vgl. Forssman 2001:
§ 30d] und Inf. glenst mit -st < *-dt- [vgl.
Forssman 2001: § 98d]; der Ansatz im LIV²
200: *ghl-né/n-d- ist kaum zutreffend, da *
> urbalt. *in > lett. kur. in wird), in alb. gjas
‚bin ähnlich‘ (< uralb. *gladi̯e- < uridg.
*ghld-i̯é/ó-; vgl. G. Klingenschmitt, MSS 40
[1981], 109; anders Orel, Alb. et. dict. 128: <
*ga-lab-tja-) und in russ. gljadét’, ukrain.
hladíty, tschech. hléděti, slowak. hl’adiet’
‚schauen, blicken‘ (< *ghlen/d-i̯é/ó-), aksl.
ględati, russ.-ksl. gl’adati, tschech. hledati,
serbo-kroat. glȅdati, slowen. glédati, osorb.
hladać, ndsorb. glědaś ‚schauen, sehen‘ (<
*ghld-ei̯é/ó-).
Für den Ansatz der Verbalwurzel im LIV² 200 als
uridg. *ghlendh- gibt es wohl keine ausreichenden Ar-
gumente. Begründet wird dieser Ansatz mit Winters
Gesetz, nach dem ursprünglich kurze Vokale und
Diphthonge vor Media gelängt wurden, vor Media as-
pirata dagegen als solche erhalten blieben. Jedoch gilt
dieses Gesetz nur für einen Vokal oder Diphthong
unmittelbar vor Media oder Media aspirata. Auch die
germ. Belege mit -d-, nämlich mhd. glander ‚glän-
zend, schimmernd‘ und nschwed. glindra ‚flimmern‘,
die auf uridg. *ghlendh- zu weisen scheinen, lassen
sich mit Lühr 1988: 112 f. als Kontamination aus ur-
germ. *lađ- und *lant- erklären.
Walde-Pokorny 1, 625; Pokorny 431; LIV² 200; Orel,
Alb. et. dict. 128; Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 92 ff.;
Berneker, Slav. et. Wb. 1, 303; Trubačev, Et. slov.
slav. jaz. 6, 122 f.; Sadnik-Aitzetmüller, Handwb. zu
den aksl. Texten 29. 236; Vasmer, Russ. et. Wb. 1,
278; Schuster-Šewc, Hist.-et. Wb. d. Sorb. 291 f.;
Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. 1, 625; Fick 2
(Kelt.)⁴ 120; Vendryes, Lex. ét. de l‘irl. anc. D-80.
148; Dict. of Irish D-93 f. — Pedersen [1909—13] 1976:
1, 157; 2, 539; Vaillant 1950—77: 3, 388; Lühr 1988:
112 f.; Hill 2003: 271; Schumacher 2004: 334 ff.;
Matzinger 2006: 190.
S. glenzen.