glazAWB m. a- oder i-St., nur in Gl.
3,694,42 (caluaria . glaz; 2 Hss., 12. Jh.?,
obd./alem. bzw. obd./bair.): ‚kahler Kopf;
calvaria‘. — Mhd. glaz, glatz st. m. ‚Kahl-
kopf, Glatze, obere Fläche des Kopfes‘,
frühnhd. glatz, nhd. Glatze f. ‚kahle Stelle
auf dem Kopf, Kahlkopf‘. Die Endung auf -e
ist aus dem Pl. nach dem Übertritt ins Femi-
ninum gebildet (sowohl der Übertritt ins Fe-
mininum wie das neue -e kommen häufiger
vor, etwa bei mhd. hornuz : nhd. Hornisse,
mhd. matraz : nhd. Matratze; vgl. Paul
[1916—1920] 1968: 2, 103).

Ahd. Wb. 4, 302; Splett, Ahd. Wb. 1, 309; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 479; Schützeichel⁶ 135; Starck-Wells
231; Schützeichel, Glossenwortschatz 3, 472; Berg-
mann-Stricker, Katalog Nr. 444; Graff 4, 295; Lexer
1, 1030 f.; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 84 (calvaria); Dt.
Wb. 7, 7763 ff.; Kluge²¹ 260; Kluge²⁴ s. v.; Pfeifer, Et.
Wb.² 453 f.

Das ahd. Wort, das westgerm. *glatta- fort-
setzt, hat keine direkten Entsprechungen.
Am nächsten stehen mndd. glate f. ‚Glatze‘,
mndl. glade f. ‚Fleck‘ (mit Bedeutungsent-
wicklung aus ‚Glatze‘ über ‚glänzende Stel-
le‘): < westgerm. *gladōn-, das eine Ablei-
tung zu urgerm. *lađa- ‚glänzend, glatt‘ ist
(→ glat). Das Nebeneinander von *gladōn-
und *glatta- ist entweder durch Verallge-
meinerung von verschiedenen Formen eines
n-stämmigen Paradigmas entstanden (nom.
sg. *gladōn- : gen.sg. *gladnes mit n-Gemi-
nation) oder *-tt- ist das Resultat einer ex-
pressiven Konsonantengemination.

Unwahrscheinlich ist dagegen die Annahme, daß es
sich bei glaz um eine Rückbildung aus dem Verb
glatzen ‚glänzen‘ handelt (vgl. mhd. glitze zu mhd.
glitzen ‚glänzen‘), da der früheste Beleg dieses Verbs
erst vom Ende des 16. Jh.s stammt. Ebenso unsicher
ist die Erklärung von glaz als einer Form mit Ablaut-
erneuerung zu glitze oder Beeinflussung hinsichtlich
der Affrikata.

Fick 3 (Germ.)⁴ 147; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 2,
117; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 2, 1985. — Lühr
1988: 258 f. 303.