goumen
Band IV, Spalte 559
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goumenAWB sw. v. I, im Abr und weiteren
Gl., im T, bei O und N: speisen, jemandem
ein Mahl bereiten, jemanden erquicken, auf
etwas, jemanden achtgeben, hüten, für je-
manden sorgen; cenare, epulari, reficere; at-
tendere
; in Verbindung mit ni verachten,
mißachten; abicere
Var.: c-, k-; -au-.
Mhd. goumen sw. v. eine Mahlzeit halten,
auf etwas achtgeben
, nhd. nur noch mdartl.
fortgesetzt: schweiz. gaumen sich hungrig
hinstellen und ohne Worte betteln, Wache
halten, achthaben, hüten
, tirol. gâmen das
Haus hüten, Kinder beaufsichtigen
, bair.
gâumen achthaben, Aufsicht halten, Sorge
tragen für
, bad. gaumen Kinder beaufsich-
tigen, daheimbleiben, um das Haus zu hüten

(Abschiedsgruß gaumet wōl), schwäb. gau-
men achthaben, das Haus oder Vieh hüten.

Ahd. Wb. 4, 380 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 317; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 486; Schützeichel⁶ 138; Starck-Wells
236. 849; Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 15 f.;
Seebold, ChWdW8 147; Graff 4, 204 f.; Lexer 1,
1062; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 60 (attendere). 98
(cenare). 226 (epulari). 2 (abicere); Dt. Wb. 4,
1579 ff.; Kluge²⁴ s. v. gaumen. Riecke 1996: 344 f.
Schweiz. Id. 2, 300 f.; Stalder, Versuch eines schweiz.
Id. 1, 430 f.; Ochs, Bad. Wb. 2, 306; Fischer, Schwäb.
Wb. 2, 106 f.; Schmeller, Bayer. Wb.² 1, 912 f.; Lexer,
Kärnt. Wb. 110; Schöpf, Tirol. Id. 171; Schatz, Wb. d.
tirol. Mdaa. 1, 208.

Das Verb hat in den meisten germ. Sprachen
Entsprechungen: as. gōmian achthaben, hü-
ten, bewirten
, mndd. gōmen achthaben,
merken; schmausen, feiern
; mndl. gomen
beobachten, sorgen für; ae. gīeman, gman
sich kümmern, beachten, heilen, me.
gēmen, ne. obsolet yeme bemerken, betrach-
ten, sich sorgen um, schützen, kontrollieren
;
aisl., nisl. geyma beachten, sorgen für, fär.
goyma, anorw. geyma, nnorw. gøyma,
nschwed. gömma, ält. dän. gømme, ndän.
gemme; got. gaumjan bemerken; βλέπειν,
διαβλέπειν, ἰδεῖν, κατανοεῖν
: < urgerm.
*amie/a-.

Die Grundbedeutung des Verbs ist wohl
wahrnehmen, achtgeben, sich kümmern
(anders Rooth 1926: 17 f., der von einer
Grundbedeutung essen ausgeht; dagegen
einleuchtend F. Slotty, IF 46 [1928], 366 ff.).
Denn die Bedeutungen essen, speisen, be-
wirten
sind nur im Ahd. und As. (nur ein
Beleg im Hel mit der Bedeutung bewirten)
belegt. Aus sich um jemanden, etwas küm-
mern
Bedeutungen, die in allen angeführ-
ten germ. Sprachen nachweisbar sind, müßte
dann die Bedeutung jemanden bewirten,
speisen
hervorgegangen sein.

Fick 3 (Germ.)⁴ 121; Holthausen, As. Wb. 28; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 207; Berr, Et. Gl. to Hel. 163; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 133; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. 6, 143; Verwijs-Verdam, Mndl.
wb. 2, 2058 ff.; Holthausen, Ae. et. Wb. 129. 140;
Bosworth-Toller, AS Dict. 494 f. 414; Suppl. 467 f.;
Stratmann-Bradley [1891] 1995: 278; ME Dict. s. v.;
OED² s. v.; Vries, Anord. et. Wb.² 165 f.; Jóhannes-
son, Isl. et. Wb. 388; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske
sprog 1, 592 f.; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord.
84; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 314; Nielsen,
Dansk et. ordb. 154; Ordb. o. d. danske sprog 6,
763 ff.; Torp, Nynorsk et. ordb. 193; Hellquist, Svensk
et. ordb.³ 323; Svenska akad. ordb. s. v.; Feist, Vgl.
Wb. d. got. Spr. 207; Lehmann, Gothic Et. Dict. G-72.
Rooth 1926: 1 ff.; O. Ramtoft, GHÅ 56, 3 (1950),
261271.

Urgerm. *amia- stellt sich zu dem aisl.
sw. v. achtgeben, vorsehen, schonen (II.
und IV. Kl.; Noreen [1923] 1970: § 532, 6) <
urgerm. *a-ō-, für das sich nur im Lat. und
Slaw. Anknüpfungspunkte finden. Es wird
verbunden mit aksl. gověti verehren, russ.,
wruss. govet’ fasten, sich durch Fasten aufs
Abendmahl vorbereiten
(lit. gavti und lett.
gavêt fasten sind aus dem Wruss. entlehnt;
Brückner 1877: 83. 171), ukrain. hovíty, ser-
bo-kroat. gòvjeti sich nach jemandem rich-
ten
, slowen. dial. goveti mürrisch schwei-
gen
, tschech. hověti Nachsicht haben, ge-
währen, schonen
, osorb. howi begünsti-
gen
< vorurslaw. *ghoe- und lat. faveo
bin gewogen < vorurit. *ghoe- mit
*-o- > urit. *-a- nach der Thurneysen-
Havetschen Regel (Schrijver 1991: 441 f.;
Meiser 1998: § 61, 7; anders LIV² 147 f.: lat.
faveo < *dhoe-, fortgesetzt auch in ai.
dhāváyati fährt [den Wagen] [aus semanti-
schen Gründen nicht haltbar]).

Walde-Pokorny 1, 635 f.; Walde-Pokorny 2, 144; Po-
korny 453; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. 1, 464 ff.;
Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 220 f.; Berneker, Slav.
et. Wb. 1, 338; Sadnik-Aitzetmüller, Handwb. zu den
aksl. Texten 30. 238 (Nr. 246); Vasmer, Russ. et. Wb.
1, 282; Fraenkel, Lit. et. Wb. 142. Persson 1912: 2,
729 f.

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