grosolaAWB f. ō- oder n-St., nur in Gl.
5,48,18 (Trier, StadtB 40/1018, 10./11. Jh.):
‚Fischlake oder Fischbrühe?; garus, garum‘
〈Var.: gsule mit übergeschriebenem o für
ro wohl als Verbesserung von u der Wurzel-
silbe〉. StSGl vermuten, daß das ahd. Wort in
frühnhd. krösel ‚Gekröse‘ (→ krûsaht) fort-
gesetzt ist, eine Annahme, die wegen des
Umlauts unwahrscheinlich ist. Zudem wird
langvok. -ū- graphisch im Ahd. nicht durch
〈o〉 wiedergegeben.
Ahd. Wb. 4, 442 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 1218; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 494; Schützeichel⁶ 141; Starck-Wells
241; Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 60; Berg-
mann-Stricker, Katalog Nr. 879; Götz, Lat.-ahd.-nhd.
Wb. 285 (garum, -us).
Das ahd. Wort steht im Germ. allein. Viel-
leicht geht grosola auf eine Vorform *ru-
slō- < *ghrut-tlah₂- oder *ghrut-slah₂- zurück
(vgl. aisl. beisl n. ‚Zügel‘ < urgerm. *ai̯sla-
< *bhoi̯t-tlo- [oder *bhoi̯t-slo-]; vgl. Krahe-
Meid 1969: 3, § 90). Dann könnte es sich um
eine tiefstufige Ableitung der Bedeutung
‚Zerkleinertes, Zerriebenes‘ vom st. v. II ahd.
griozan ‚zerreiben, zerkleinern‘ (s. d.) < ur-
germ. *reu̯te/a- handeln. In der Tat wurde
garum aus zerkleinerten Fischen bereitet
(vgl. dazu Mikeleitis-Winter 2001: 68).
Schwierig bleibt aber die Art der Ableitung,
da mit urgerm. *-þlō- als auch *-slō- vor-
wiegend Nomina instrumenti gebildet wer-
den.
Im Altenglischen wird lat. garum, -us als ‚Fischbrühe‘
(Wright-Wülcker [1884] 1968: 1,128,39. 740,38), und
garus einmal als ‚Rochen‘ (Wright-Wülcker, a. a. O.
1,764,39) übersetzt.
Lat. garum n. ‚scharfe Fischsauce‘, garos
Fischbezeichnung ist aus gr. γάρος m., -ον n.
‚Fischbrühe, Kaviar‘ bzw. γάρος m. Fischbe-
zeichnung, einem Wort unbekannter Her-
kunft, entlehnt.
Die Fischsauce wurde ursprünglich aus dem Fisch
γάρος hergestellt und war bei den Griechen schon in
klassischer Zeit beliebt. Die Römer verwendeten ver-
schiedene Fischarten für seine Herstellung. Zur Ge-
winnung von garum wurden kleine Fische oder Fisch-
eingeweide mit Salz vermengt und mehrere Monate in
Töpfen in der Sonne gegoren, schließlich vom Salz
geschieden und mit Würzkräutern versetzt. garum war
neben Öl, Wein und Essig ein ganz übliches, aller-
dings teures Gewürz, das auch in der Heilkunde Ver-
wendung fand. Es galt als appetitanregend und ver-
dauungsfördernd.
Frisk, Gr. et. Wb. 1, 290 f.; Chantraine, Dict. ét. gr.
211; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. 1, 583 f.; Ernout-
Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 267. — KP 2, 700 f.; Strömberg
1943: 88.