hâringAWB, heringAWB m. a-St., seit dem
10. Jh. in Gl.: ‚Hering, Salzfisch; allec, al-
marinus‘ 〈Var.: -æ-, -ä-, -ai-〉. — Mhd. hæ-
rinc, herinc (-ng-) st. m. ‚Hering‘, nhd. He-
ring m. ‚Name für einen im Meer lebenden
und in Schwärmen auftretenden Speisefisch‘.
Ahd. Wb. 4, 715; Splett, Ahd. Wb. 1, 354 f.; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 518. 539; Schützeichel⁶ 150; Starck-
Wells 255 f. 270. XLII; Schützeichel, Glossenwort-
schatz 4, 171 f.; Graff 4, 1016; Lexer 1, 1257; Götz,
Lat.-ahd.-nhd. Wb. 32 (allec). 33 (almarinus); Dt. Wb.
10, 1104 ff.; Kluge²¹ 305; Kluge²⁴ s. v.; Pfeifer, Et.
Wb.² 534.
Im Ahd. und Mhd. finden sich zwei Ablaut-
formen: Westgerm. *χēringa- (> ahd. hâring,
mhd. hærinc) und westgerm. *χaringa- (>
ahd. hering, mhd. herinc). Beide Ablautstu-
fen sind auch in den anderen germ. Sprachen
bezeugt: Mndd. hārinc m. ‚Hering‘; andfrk.
arinc, (PN) Aring, Arinc, (latinisiert gen.pl.)
haringorum, harengorum, mndl. hārinc m.
‚Hering‘, nndl. haring m. ‚Hering‘; afries.
hēreng m. ‚Hering‘, nfries. hjerring ‚He-
ring‘; ae. hǣring m., me. hring n., ne. her-
ring ‚Hering‘: < westgerm. *χēringa-; as.
hering, mndd. hērinc m. ‚Hering‘; mndl.
hērinc m. ‚Hering‘: < westgerm. *χaringa-.
Frühzeitig ist das Wort ins Roman. entlehnt
worden: lat.-germ. (Ps. Garg. Mart., 6. Jh.)
aringus m. ‚Hering‘, nfrz. hareng, italien.
aringa, prov. arencs, span., port. arenque
‚Hering‘.
Innergerm. handelt es sich um eine Ablei-
tung mit dem Tierbezeichnungen bildenden
Suffix urgerm. *-inga- von einer Basis
*χē/ar- (zu dieser Funktion des Suffixes vgl.
Krahe-Meid 1969: 3, § 150, 2α).
Holthausen, As. Wb. 33; Wadstein, Kl. as. Spr.denkm.
111. 192; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 235.
286; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 2, 249 f.; Verwijs-
Verdam, Mndl. wb. 3, 158. 372; Franck, Et. wb. d.
ndl. taal² 232; Vries, Ndls. et. wb. 237; Et. wb. Ndl. F-
Ka 384; Holthausen, Afries. Wb.² 43; Richthofen,
Afries. Wb. 810; Fryske wb. 9, 10 f.; Doornkaat
Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. 2, 41; Holthausen, Ae.
et. Wb. 145 f.; Bosworth-Toller, AS Dict. 501; Suppl.
498; Suppl. 2, 39; ME Dict. s. v.; OED² s. v. — Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. 1, 67; Ernout-Meillet, Dict. ét.
lat.⁴ 46; Niermeyer, Med. Lat. lex.² 1, 629; Körting,
Lat.-rom. Wb.³ Nr. 4489; Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³
Nr. 4046; Wartburg, Frz. et. Wb. 16, 162. —
Gamillscheg 1969: 517.
Die weitere Etymologie von urgerm.
*χē/aringa- ist unklar. Als Vorform ist von
*k/k̂ēr- neben *k/k̂or- auszugehen (eine Vor-
form *k/k̂eh₁r- : *k/k̂h₁r- ist ausgeschlossen).
Vor allem der Unterschied der Vokallänge
bereitet Schwierigkeiten. Vorgeschlagen
wurden u. a.:
1. Eine Ableitung von urgerm. *χēra- ‚Haar‘
mit einer ursprünglichen Bedeutung ‚Wuchs,
Schar‘ (die Interpretation von ‚Haar‘ im Sin-
ne von ‚Gräte‘ ist wenig wahrscheinlich).
Westgerm. *χēringa- wäre dann ‚der zur
Schar gehörende Fisch‘; jedoch bleibt dabei
die Form *χaringa- unerklärt, da eine solche
Ablautstufe im Germ. bei der Sippe von hâr
‚Haar‘ (s. d.) nicht belegt ist.
2. Ein Substratwort westgerm. *χē/aringa-.
Problematisch bei einer solchen Annahme ist
jedoch gerade der wechselnde Vokalismus.
3. Verbindung mit lat. -cēr- in lat. procērus
‚von hohem, schlankem Wuchs‘ zu einer
Wurzel uridg. *k̂erh₃- ‚sättigen, futtern‘. Die
lat. Bedeutung ‚wachsen‘ scheint aber se-
kundär zu sein. Auch bleibt die Bedeutung
einer Ableitung mit *-inga- von einer Wur-
zel mit der Bedeutung ‚sättigen‘ unklar.
Eher käme ein Anschluß an die Wurzel
uridg. *(s)k/k̂er- ‚springen, sich schwingen‘
(> gr. σκαίρω ‚springe, hüpfe, tanze‘, kymr.
cerddaff ‚wandle‘) in Frage, auch wenn diese
im Germ. sonst nicht fortgesetzt ist. Denn
das Benennungsmotiv wären die schnellen
wendigen Bewegungen des Fisches. Für die
ē-Stufe könnte eine kollektive Vddhi-
Bildung angenommen werden (vgl. dazu
Darms 1978: 105 f.).
LIV² 329. 556; Frisk, Gr. et. Wb. 2, 714 f.; Chantraine,
Dict. ét. gr. 1009; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. 1,
367; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 537; Dict. of Welsh
1, 465. — Köhler 1906: 43 ff.; Bammesberger 1979:
72; R. I. Curtis, Phoenix 38 (1984), 147 ff.; Schrijver
1991: 124; D. Boutkan, ABäG 53 (2000), 1 ff.