hôhAWB adj. (kompar. hôhiro, hôhôro, sup.
hôhisto, hôhôsto), im Voc, Abr und weiteren
Gl., im I, T, OT, bei O, N, Npg, in MF, MH,
RhC, WK, WH: ‚hoch, aufragend, groß,
überragend, bedeutend, erhaben, hehr, ehr-
würdig; adactus .i. sursum actus, aeditissi-
mus (sup.), aerius, altus, arduus, celsus, cli-
vosus, editus, eminens, exaltatus, excellens,
excelsus, magnus, maximus (sup.), prae-
stans, prolixus, sublimis, summus (sup.), su-
pernus, superus (sup.), supinus‘; subst.
(meist im Sup.) für Gott, Christus; in Ver-
bindung mit einem Verb: hôhan gituon ‚er-
höhen, erheben; exaltare‘; adverbiell hôh ir-
burien ‚erhöhen; exaltare‘, hôh heffen ‚hoch
heben; levare‘, hôh irheffen ‚erheben; exal-
tare‘ 〈Var.: -o-, -ao-, -ou-, -oo-; -ch, -gh,
-g〉. In PN und flekt. Formen wird h im Sil-
benanlaut der zweiten Silbe als Folge der
Spirantenschwächung mitunter nicht ge-
schrieben (z. B. dat.pl. hoen Gl. 2,28,53
[Einsiedeln, Stiftsbibliothek Cod. 302, 2.
Hälfte des 10. Jh.s], PN Hôilo, Hôolf; J.
Schatz, ZDA 72 [1935], 135; Braune-
Reiffenstein 2004: § 154 und Anm. 1. 2), in
den RhC (11. Jh.) ist ausl. -h analogisch nach
Inlautformen ohne h ausgefallen (erhoit, ho-
ster StD 302, 10 f. 303, 1 : ho StD 303, 19;
vgl. Braune-Reiffenstein 2004: § 154 Anm.
4). — Mhd. hôch, hô (kompar. hôher, hœher,
sup. hôhest, hœhest, synkopiert hôst) ‚hoch,
groß, stark, spät [von der Zeit], laut, vor-
nehm, stolz‘, in den Verbindungen mhd. daz
hôhe mer ‚die offene See‘, ält. nhd. hohes
leibes sein ‚schwanger sein‘, veraltend hoch
und nieder ‚jedermann‘, mit verblaßter Bed.
als Gradpart. ‚sehr‘ (Goethe: ‚liebst du mich
so hoch und sehr, wie du mir sonst geschwo-
ren‘ [Werke Bd. 1, Stuttgart und Tübingen,
1828, 217]), nhd. hoch ‚von beträchtlicher
Höhe, weit nach oben reichend, zeitlich auf
dem Höhepunkt sein, zeitlich weit fortge-
schritten sein, nach Bedeutung, Wert, Maß,
Rang hervorragend, über den Durchschnitt
herausragend‘, als Gradpart. ‚sehr, in hohem
Maße‘, in zahlreichen Wendungen wie hoch
hinauswollen ‚ehrgeizig sein‘, etwas hoch
und heilig versprechen ‚etwas fest verspre-
chen‘ (wobei sich hoch auf das Erheben der
Schwurfinger bezieht), sich auf das hohe
Roß/Pferd setzen ‚sich hochmütig spreizen‘,
ähnlich auf dem hohen Roß sitzen ‚hochmü-
tig, überheblich sein‘, für jemanden zu hoch
sein ‚das Fassungsvermögen von jemandem
übersteigen‘.
Ahd. Wb. 4, 1176 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 395; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 556; Schützeichel⁶ 164; Starck-Wells
280. 822. 850; Schützeichel, Glossenwortschatz 4,
357 f.; Bergmann-Stricker, Katalog Nr. 126; Seebold,
ChWdW8 163; Graff 4, 772 ff.; Lexer 1, 1312 f.; Götz,
Lat.-ahd.-nhd. Wb. 34 (altus). 97 (celsus). 217 (editus).
224 (eminens). 235 (excellens, excelsus). 635 (sublimis).
642 (summus). 645 (superus); Dt. Wb. 10, 1590 ff.; Klu-
ge²¹ 312; Kluge²⁴ s. v.; Pfeifer, Et. Wb.² 547 f. — Röhrich
2004: 2, 724 f.
Das Adj. ist gemeingerm. Es entsprechen: as.
hōh ‚hoch, hochragend, in der Höhe befind-
lich, hochgestellt, vornehm, erhaben‘ (Hel
2914 hōh wedar ‚stürmisches Wetter‘), mndd.
hō, hōch ‚hoch, hochgebaut, erhöht, teuer,
ausgezeichnet, mächtig‘, dat hōge klif ‚Steil-
küste von Helgoland‘, in zahlreichen Wen-
dungen (auch in übertragener Bed.): dat geyt
an dat hȫgeste ‚(die Klage) geht an Leib und
Leben‘, vorbēden bī dem hȫgesten ‚bei Todes-
strafe verbieten‘; andfrk. hō ‚hoch‘, mndl.
hooch, hoo, hoge ‚hoch, groß, laut [von der
Stimme], spät [von der Zeit], vornehm, edel,
vortrefflich‘, in jurist. Begriffen: die hoge
banc ‚Gericht, das über schwere Verbrechen
entscheidet‘, nndl. hoog ‚hoch‘ (mit g < *χ in
Analogie zu heugel ‚Hügel‘); afries. hāch, hāg
‚hoch, groß, erhaben‘, nfries. heech ‚hoch,
hochgelegen, hochmütig, eigensinnig, mäch-
tig‘; ae. hēah, nordh., angl. hēh (kompar.
hīehra, hēra [< *hēhira], westsächs. hī[e]ra,
hȳrra, sup. westsächs. hī[e]st, hȳst neben
hēahest, hēahst nach dem Pos., angl. hēsta [<
*hēhista], angl., nordh. hēista) ‚hoch, groß,
tief, erhaben, herrlich, wichtig, hochmütig,
stolz‘, häufig in Verbindung mit einem Subst.
zur Bildung von Determinativkomp. wie
hēah-beorg ‚hoher Berg‘, hēah-dēor ‚Hirsch,
Hochwild‘ (nach der urspr. dem Adel vorbe-
haltenen ‚hohen Jagd‘ bezeichnete wertvolle
Wildkategorie) neben hēa-dēor (mit h-Ausfall
vor stimmhaftem Kons.; Brunner 1965: § 218
Anm. 2), hēah-mæsse ‚Hohe Messe‘, in Amts-
bezeichnungen und Bezeichnungen für Wür-
denträger wie hēah-biscop ‚Erzbischof‘, hēah-
cyning ‚Hauptkönig‘, hēah-þegan ‚hoher Ge-
folgsadliger‘, me. heigh (heighe, heih,
heah[e], hage, hai[h]e) ‚hoch, groß, mächtig,
stark, kraftvoll, stolz‘, ne. high ‚hoch, groß,
mächtig, wichtig‘, the Most High für ‚Gott‘, in
Wendungen: high and dry ‚sicher, gestrandet‘,
with a high hand ‚herrisch, gebieterisch‘, on
the high horse ‚arrogant sein‘, eigtl. ‚auf dem
hohen Roß sein‘, high and low ‚(Personen) je-
den Standes‘ (1. Beleg 1200; wahrscheinlich
vom Dt. unabhängige Bildung), high old time
‚die gute, alte Zeit‘; aisl. hár (anstelle von
*hr < urnord. *hauhaz durch Ausgleich nach
den obliquen Formen), nisl. hár, fär. háur,
agutn. hāur ‚hoch‘; got. hauhs ‚hoch; ὑψηλός‘
(kompar.-adv. hauhis ‚höher; ἀνώτερον‘, sup.
hauhista ‚der Höchste; ὕψιστος‘): < urgerm.
*χau̯χa- (kompar. *χau̯χizan-, sup. *χau̯χista-)
mit urspr. Wurzelbetonung wie z. B. noch in
ahd. gifêh ‚feindlich gesinnt‘ < urgerm.
*fai̯χa- oder ahd. lôs, as. lōs, afries. lās, ae.
lēas, aisl. lauss, got. laus ‚frei, los‘ < urgerm.
*lau̯sa-. Daneben sind im Anord. auch For-
men mit gramm. Wechsel belegt: nnorw.,
ndän. høj, aschwed. högher, nschwed. hög
‚hoch‘: < urgerm. *χau̯a-. Die Annahme
Hirts (IF 7 [1897], 127), daß der urspr. endbe-
tonte urgerm. Positiv *χau̯a- nach dem wur-
zelbetonten Kompar. *χau̯χizan- und Sup.
*χau̯χista- ausgeglichen wurde, läßt sich an-
hand der Einzelsprachen nicht belegen. Viel-
mehr dürfte die stimmhafte Vernersche Va-
riante vom Subst. urgerm. *χau̯a- m. ‚Hügel‘
stammen, das in aisl. haugr m., ahd. houg n.
(s. d.), mhd. houc n. ‚Hügel‘ fortgesetzt ist.
Die Endbetonung resultiert demnach aus einer
oppositiven Akzentverschiebung, die bei der
Substantivierung des Adj. urgerm. *χau̯χa-
eingetreten ist (s. Schaffner 2001: 298).
Das Adj. ‚hoch‘ liegt auch dem VN der Chau-
ken, überliefert in den Varianten Chauci,
Chauchi, Cauci, Kαῦχοι, Kαῦκοι, zugrunde.
Als Benennungsmotive kommen entweder die
Gestalt der Namensträger („hochgewachsen“),
die Abstammung und Wesensart („erhaben“;
so Schramm 1957: 63) oder der Siedlungsort
(„die hoch Wohnenden“) in Frage. Der ing-
wäonische Stamm siedelte in der flachen Kü-
stenlandschaft zwischen Ems, Weser und Elbe
auf Wurten. Da an dieser flachen Landschaft
jede Erhöhung augenfällig ist, spricht einiges
für eine Benennung nach der Wohnstätte,
doch bleibt eine Entscheidung letztendlich of-
fen. Das im Beowulf 2502 und 2914 überlie-
ferte Hūgas ist eine Nebenform des Namens
der Chauken; vgl. N. Wagner, BNF 22 (1987),
240.
Der Stamm der Chauken wird z. B. bei Tacitus er-
wähnt: Germania (35, 1) ac primo statim Chaucorum
gens, quamquam incipiat a Frisiis ac partem litoris
occupet ‚Und an erster Stelle kommt der Stamm der
Chauken, der zwar bei den Friesen beginnt und einen
Teil der Küste einnimmt‘, (35, 2) tam immensum ter-
rarum spatium non tenent tantum Chauci sed et im-
plent, populus inter Germanos nobilissimus quique
magnitudinem suam malit iustitia tueri. ‚Diese uner-
meßliche Landfläche besitzen die Chauken nicht nur,
sondern füllen sie auch aus: das vornehmste Volk un-
ter den Germanen, das seine Größe lieber durch Ge-
rechtigkeit erhalten will.‘
Auch sonst spielt urgerm. *χau̯χa- in der
Namengebung eine große Rolle. Zwischenvo-
kalisches h schwindet dabei häufig in Kurz-
namen, Koseformen, aber auch vielfach in
Vollformen: z. B. as. Hōa, Hō-iko, Hō-bert,
ahd. Hō-muot (vgl. Kaufmann 1968: 179 f.)
Fick 3 (Germ.)⁴ 91; Heidermanns, Et. Wb. d. germ.
Primäradj. 285 f.; Holthausen, As. Wb. 35; Sehrt, Wb. z.
Hel.² 266; Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 193; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 318 ff.; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. 2, 274; 6, Nachtr. 157; Quak, Wort-
konkordanz zu d. am.- u. andfrk. Ps. u. Gl. 92; Quak,
Die am.- u. andfrk. Ps. u. Gl. 200; Verwijs-Verdam,
Mndl. wb. 3, 560 ff.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 259 f.;
Vries, Ndls. et. wb. 266; Holthausen, Afries. Wb.² 36;
Richthofen, Afries. Wb. 789 f.; Fryske wb. 8, 228 ff.;
Doornkaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. 2, 94;
Dijkstra, Friesch Wb. 1, 505; Holthausen, Ae. et. Wb.
150; Bosworth-Toller, AS Dict. 515; Suppl. 514 f.;
Suppl. 2, 39; ME Dict. s. v.; OED² s.vv. high a., how,
howe n.²; Vries, Anord. et. Wb.² 210; Bjorvand, Våre
arveord 420 ff.; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 202; Fritzner,
Ordb. o. d. g. norske sprog 1, 731 f.; Holthausen, Vgl.
Wb. d. Awestnord. 106 (s. v. hār 3); Falk-Torp, Norw.-
dän. et. Wb. 1, 451 f.; Nielsen, Dansk et. ordb. 199;
Ordb. o. d. danske sprog 8, 1155 ff.; Torp, Nynorsk et.
ordb. 238 (s. v. høg 1); Hellquist, Svensk et. ordb.³
392 f.; Svenska akad. ordb. s. v.; Feist, Vgl. Wb. d. got.
Spr. 249; Lehmann, Gothic Et. Dict. H-47. — Brunner
1965: §§ 119 und Anm. 2. 121. 126 Anm. 4. 129 Anm.
5. 161. 218, 2. 222. 295 und Anm. 1. 307. 310 f.; A.
Quak, ABäG 1 (1972), 10; Bammesberger 1990: 237;
G. Neumann, RGA² 4, 393 f.; H. Tiefenbach, HS 104
(1991), 262 f.; Schaffner 2001: 296—298.
Urgerm. χau̯χa- ‚hoch‘ entspricht genau lit.
kaũkas ‚Beule, Geschwür‘ < vorurgerm., vor-
urbalt. *kóu̯ko- (zu einer Wz. *keu̯k-, fortge-
setzt in ved. ut-kucant- ‚sich krümmend‘,
mpers. n-gwč- ‚sich verbeugen‘ < vorurar.
*kuk-é/ó-). Als Grundbedeutung ist wohl von
‚nach oben Gewölbtes, Bogenförmiges‘ aus-
zugehen. Einzelsprachlich konnte damit zum
einen der höchste Punkt der Wölbung (vgl.
ahd. hôh), zum anderen die Wölbung insge-
samt bezeichnet werden (vgl. lit. kaũkas, ält.
nhd. hohes leibes sein s. o.). Verwandt sind
die Ableitungen mit -ro-Suffix lit. kaũkaras
‚Anhöhe, Hügel, Bergkuppel‘ und tiefstufiges
lit. kùkis m. ‚Misthaken‘, lett. kukurs ‚Höcker,
Erdklumpen auf einer ebenen Fläche‘. Mit lit.
kaũkas wird wegen der ähnlichen Bedeutung
unmittelbar russ. kúča ‚Haufen‘, tschech. kuče
‚Masse, Feimen‘ verbunden, doch handelt es
sich bei dem slaw. Wort wohl eher um eine
innerslaw. Ableitung mit Suffix -j- von
*kuka-. Näher liegt deshalb wohl eine unmit-
telbare Verbindung mit den Fortsetzern von
*kuka-, nämlich russ. kúka ‚Faust‘, eigtl. ‚die
Gekrümmte‘, bulg. kúka ‚Haken, Krücke‘,
serbo-kroat. kȕka ‚Haken‘, wenn ‚Wölbung‘
im Sinne von ‚Krümmung‘ aufgefaßt wurde.
Bei der ‚Krümmung‘ tritt die bogenförmige
Abweichung von einem ursprünglich geraden
Verlauf stärker in den Vordergrund.
Das germ. Adj. wird weiterhin mit air. cúar
‚krumm, gekrümmt‘ verbunden, das eine Vor-
form *kuk-ro- (so bereits J. Strachan, BB 20
[1894], 23) mit der für -ro-Bildungen typi-
schen Schwundstufe der Wurzel fortsetzt (an-
ders de Bernardo Stempel 1999: 229 Anm. 52:
cúar < *keu̯-ro-). Die gleiche Ablautstufe
zeigt auch das ved. Part.Präs. ut-kucant- <
präs. *kuk-é/ó- (s. o.; skeptisch bezüglich eines
Zusammenhangs mit den Fortsetzern eines
idg. *keu̯k- ist Mayrhofer, Et. Wb. d. Altin-
doar. 1, 361). Was die Bedeutung anbelangt,
stimmt toch. A koc, B kauc adv. ‚hoch, nach
oben‘ < urtoch. *keu̯c- zu dem germ. Adj. (E.
Schwentner, IF 58 [1942], 36). Das toch. Ad-
verb könnte auf einen erstarrten Obl.Sg. eines
-ti-Stamms *kou̯-ti-m zu einer Wurzel uridg.
*keu̯-/kou̯- zurückgehen (so Hilmarsson 1996:
116 f.; anders Adams, Dict. of Toch. B 209:
urtoch. *keu̯c mit *-c, das in toch. A als En-
dung des Allativs erscheint).
Unbegründet E. Seebold (in Kluge²⁴ 416), der für ur-
germ. *χau̯χa- eine Vorform mit anlautendem Palatal
*k̂ou̯-ko- annimmt. Bei einem solchen Ansatz entfallen
die Verbindungen zum Balt. und Toch.
Walde-Pokorny 1, 371 f.; Pokorny 589; LIV² 359;
Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. 1, 219; ders., Et. Wb. d.
Altindoar. a. a. O.; Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 121 f.;
Berneker, Slav. et. Wb. 1, 637. 639; Trubačev, Et. slov.
slav. jaz. 13, 79. 86 f.; Vasmer, Russ. et. Wb. 1, 683.
708; Schuster-Šewc, Hist.-et. Wb. d. Sorb. 520. 524;
Fraenkel, Lit. et. Wb. 229 f. 306; Mühlenbach-Endzelin,
Lett.-dt. Wb. 2, 303; Fick 2 (Kelt.)⁴ 93; Vendryes, Lex.
ét. de l’irl. anc. C-262; Dict. of Irish C-575; Windekens,
Lex. ét. tokh. 28; Adams, a. a. O. 209. — Persson 1912:
53; Pedersen 1941: 266; Kiparsky 1963—75: 3, 39;
Stang 1972: 27.