hôniAWB adj. ja-St., in Gl. 1,673,68 (12. Jh.),
bei O und NBo: ‚schimpflich, schmachbe-
deckt, verächtlich; foedus‘, subst. ‚Geringes,
Verächtliches; quisquiliae‘ 〈Var.: -o-〉. Das
subst. Adj. kommt nur im Clm. 22201 vor
(Matzel 1957: 36). — Mhd. hœne adj. pass.
‚verachtet, in Schmach lebend‘, akt. ‚krän-
kend, hochfahrend, übermütig, zornig, böse‘,
frühnhd. hön adj. ‚verächtlich, böse‘.
Ahd. Wb. 4, 1232; Splett, Ahd. Wb. 1, 399; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 560; Schützeichel⁶ 166; Starck-Wells 284;
Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 384; Bergmann-
Stricker, Katalog Nr. 681; Graff 4, 689; Lexer 1,
1333 f.; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 271 (foedus); Dt. Wb.
10, 1724; Kluge²¹ 314 (s. v. Hohn); Kluge²⁴ s. v. Hohn;
Pfeifer, Et. Wb.² 550 (s. v. Hohn). — Götze [1930] 1971:
125.
Ahd. hôni < *χau̯nii̯a- ist eine Weiterbildung
mit -(i)i̯a-Suffix von urgerm. *χau̯na-, das in
ae. hēan adj. ‚niedrig, verachtet, arm, elend‘,
me. hēn (hene, heine) ‚dss.‘ (bis 1400 belegt)
und got. hauns ‚niedrig, demütig; ταπεινός‘
(nur 2. Kor. 10, 1) fortgesetzt ist (zum Neben-
einander von a- und (i)i̯a-stämmigen Adj. vgl.
z. B. ahd. alt neben got. alþeis ‚alt‘). Daß das
Adj. auch für das As. vorauszusetzen ist, zei-
gen deadjektivisches hōnlīk adj. ‚schändlich‘
und adv. hōnlīko ‚schimpflich, schmachvoll‘
(Hel) (→ hônlîh) mit sekundärem Bezug auf
das sw. v. I hōnian ‚höhnen‘ (Schmid 1998:
506 f. 605). Für afries. hāna sw. m. ‚Kläger,
Verklagter, Geschädigter‘ < *χau̯na-n- mit in-
dividualisierendem n-Suffix (vgl. Krahe-Meid
1969: 3, § 91, 1) ist gleichfalls von einer adj.
Basis auszugehen.
Unmittelbar vom Stamm urgerm. *χau̯- mit
dem Suffix *-iþa- ist die Fortsetzung des Ab-
straktums aisl., nisl., fär. háð n. f., nnorw. dial.
haad, aschwed. hāþ, haad, adän. haad ‚Spott,
Hohn‘ gebildet.
Semantisch unwahrscheinlich ist die Annahme von
Bammesberger 1990: 246, der got. hauns usw. mit lit.
inf. káuti, 1.sg. káuju ‚schlagen‘ < vorurbalt. *koh₂u/
kuh₂i̯e/o- (zu uridg. *keh₂u̯- ‚schlagen, spalten‘; LIV²
345 f.) verbindet.
Fick 3 (Germ.)⁴ 66; Heidermanns, Et. Wb. d. germ.
Primäradj. 286 f.; Holthausen, As. Wb. 36; Sehrt, Wb. z.
Hel.² 268; Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 193; Holthau-
sen, Afries. Wb.² 39; Richthofen, Afries. Wb. 796; Holt-
hausen, Ae. et. Wb. 152; Bosworth-Toller, AS Dict. 520;
Suppl. 523; ME Dict. s. v.; OED² s. v. †hean; Vries,
Anord. et. Wb.² 200; Bjorvand, Våre arveord 425 (s. v.
hån); Jóhannesson, Isl. et. Wb. 177; Fritzner, Ordb. o. d.
g. norske sprog 1, 674; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awest-
nord. 102; Ordb. o. d. danske sprog 7, 552; Torp, Ny-
norsk et. ordb. 203; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 249 f.;
Lehmann, Gothic Et. Dict. H-48.
Das ererbte germ. Adj. hat eine genaue Ent-
sprechung in der Hesychglosse gr. καυνός⋅
κακός ‚schlecht‘ (so schon Fick 1890: 1, 375).
Verwandt ist das Adj.-Abstraktum lett. kàuns
‚Scham, Schande, Schmach‘ (< vorurbalt.
*kau̯na-) und als direkte Ableitung von der
Wz. uridg. *kau̯- ‚erniedrigen, demütigen‘ lit.
kūvtis (3.sg. kvis) ‚sich schämen‘.
Walde-Pokorny 1, 330; Pokorny 535; Frisk, Gr. et. Wb.
1, 803; Chantraine, Dict. ét. gr. 506; Trautmann, Balt.-
Slav. Wb. 122; Fraenkel, Lit. et. Wb. 231. 323 f.; Müh-
lenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. 2, 176 f. — G. Studerus,
IF 47 (1929), 354 f.; Stang 1972: 27; Lühr 2000: 313.