haldAWB adj., seit dem 8. Jh. in Gl., Npg:
‚geneigt, schief, schräg, abgeschrägt, ge-
wölbt, innerlich geneigt, bereit zu; convexus,
obliquus, praeceps, pronus‘. — Mhd. halt
‚geneigt, treu‘. Im Nhd. ist nur die Ableitung
Halde ‚(Schutt-)Abhang, aufgeschütteter
(Kohle-)Vorrat‘ (→ halda) fortgesetzt.
Ahd. Wb. 4, 623 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 343 f.; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 508; Schützeichel⁶ 146; Starck-Wells
249; Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 125 f.; See-
bold, ChWdW8 151; Graff 4, 892; Lexer 1, 1159;
Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 152 (convexus). 439 (obli-
quus). 506 (praeceps). 529 (pronus); Dt. Wb. 10,
221 ff.; Kluge²¹ 284; Kluge²⁴ s. v.; Pfeifer, Et. Wb.²
499.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
afries. -hald (in northhald ‚nordwärts gerich-
tet‘, ūthald ‚seewärts gerichtet‘); ae. heald
‚geneigt, abschüssig, gebogen‘; aisl. hallr,
nisl., fär. hallur, adän. hald, nnorw. hall,
nschwed. dial. hall ‚schief, schräg, geneigt‘
(aus dem Nordgerm. entlehnt in finn. kalla
‚abschüssig, geneigt‘ [Thomsen 1870: 2,
181]): < urgerm. *χalþa-.
Für das As. ist ein entsprechendes Adj. *hald
wegen des davon abgeleiteten Verbs afhel-
dian ‚neigen, zu Ende kommen‘ (vgl. mndd.
helden ‚abschüssig, geneigt sein‘; → helden)
vorauszusetzen. Auch für das Got. ist das
Vorhandensein eines Adj. *halþs aus wilja-
halþei ‚Parteilichkeit‘ (Adj.-Abstraktum zu
unbelegtem *wiljahalþs ‚willkürlich‘; vgl.
Schubert 1968: 45; Casaretto 2004: 289) zu
erschließen.
Im Ablaut zu urgerm. *χalþa- steht urgerm.
*χulþa- ‚geneigt, zugetan‘ (→ hold), in
grammatischem Wechsel urgerm. *χalđiz
(→ halt).
Die Schreibung halaz (Stein von Stenstad; ca. 450 n.
Chr.) ist nicht mit Vries, Anord. et. Wb.² 203 als Ver-
schreibung für halþaz (PN) hierher zu stellen; viel-
mehr ist halaz als hallaz ‚Stein‘ aufzufassen (vgl.
Krause 1966: 185 ff.; Krause 1971: 164; Antonsen
1975: 49 f.).
Fick 3 (Germ.)⁴ 82 f.; Heidermanns, Et. Wb. d. germ.
Primäradj. 276 f.; Holthausen, As. Wb. 32; Sehrt, Wb.
z. Hel.² 244; Berr, Et. Gl. to Hel. 183; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 260; Schiller-Lüb-
ben, Mndd. Wb. 2, 230; Holthausen, Afries. Wb.² 37;
Richthofen, Afries. Wb. 790; Holthausen, Ae. et. Wb.
151; Bosworth-Toller, AS Dict. 517; Suppl. 517;
Vries, Anord. et. Wb.² 205; Jóhannesson, Isl. et. Wb.
241 f.; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog 1, 709;
Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 104; Falk-Torp,
Norw.-dän. et. Wb. 372. 394; Ordb. o. d. danske
sprog 7, 714; Torp, Nynorsk et. ordb. 195; Hellquist,
Svensk et. ordb.³ 384; Svenska akad. ordb. s. v. hälla
v.¹; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 563; Lehmann, Gothic
Et. Dict. W-64; Kylstra, Lehnwörter 2, 20.
Urgerm. *χalþa- < vorurgerm. *k̂ólto- ist ei-
ne Ableitung mit dem Verbaladj. bildenden
Suffix uridg. *-to- zu einer Verbalwurzel
uridg. *k̂el- ‚neigen‘. Diese ist außergerm.
lediglich in lit. šalìs ‚Seite, Gegend‘, lett.
sal(l)is ‚Speckseite‘ (< *k̂ol-i-) fortgesetzt,
kann jedoch als Grundlage für weit verbrei-
tetes uridg. *k̂lei̯- ‚sich anlehnen‘ (→ linên)
aufgefaßt werden. Uridg. *k̂lei̯- wäre dann
als Erweiterung mit *-ei̯- der verbal nicht be-
legten Wurzel uridg. *k̂el- anzusehen (zu
solchen Erweiterungen vgl. u. a. uridg.
*dhegu̯h- ‚mit Feuer behandeln, verbrennen‘ :
*dhgu̯hei̯- ‚[durch Hitze] hinschwinden, zu-
grunde gehen‘). Von der Wurzelstruktur ist
unmittelbar ahd. gellan ‚rufen, schreien‘ (mit
wohl expressiver Geminata -ll-; → gellan) <
*ghel- : glîan ‚piepen‘ < *ghlei̯- zu verglei-
chen.
Nicht auszuschließen ist die Verbindung von urgerm.
*χalþa- mit der Verbalwz. uridg. *(s)kel- ‚biegen, an-
lehnen‘ (Pokorny 928). Da diese im Germ. aber sonst
mit s-Anlaut belegt ist (→ skelah ‚schief, krumm‘),
erscheint diese Zusammenstellung weniger wahr-
scheinlich.
Walde-Pokorny 1, 430 f.; Pokorny 552; Fraenkel, Lit.
et. Wb. 959 f.; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. 3,
672.