haltAWB adv. komp., seit ca. 800 in Gl., H,
MF, bei O, im T, OT: ‚vielmehr, eher, lieber;
alioquin [= nibi halt], nequaquam fiet [= ni
halt ist], numquid, potius [= diu halt, ouh
halt (mêr)], vindicare [= halt irstân]‘ 〈Var.:
-lht- (mit unetymologischen -h-; vgl. Meine-
ke 1983: 133. 278)〉. Es handelt sich um ei-
nen endungslosen Komparativ wie im Falle
von baz ‚besser‘ (s. d.). — Mhd. halt ‚mehr,
vielmehr, eben, freilich, ja, auch, sondern
(auch)‘ (im Mhd. findet sich auch eine se-
kundär erweiterte Form halter), nhd. halt
‚eben, wohl, schon, nun einmal‘.
Ahd. Wb. 4, 645 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 346; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 511; Schützeichel⁶ 147; Starck-Wells 251.
821; Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 139; Graff 4,
909 ff.; Lexer 1, 1159. 1161; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb.
31 (alioquin). 505 (potis); Dt. Wb. 10, 272 ff.; Kluge²¹
285; Kluge²⁴ s. v.; Pfeifer, Et. Wb.² 501. — Schatz 1927:
§ 405; Braune-Reiffenstein 2004: § 268 Anm. 2.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
as. hald (nur in than hald ni ‚ebensowenig‘);
aisl. heldr (auch sekundär adj. heldri ‚eher,
besser‘ [< *χalđizan-]), nisl., fär. heldur,
adän. hældær, ndän. heller, nnorw. helder,
aschwed. hælder, nschwed. heller ‚vielmehr,
eher‘ (aus dem Nordgerm. entlehnt in me.,
ne. dial. helder ‚vielmehr, eher‘; Björkman
[1900—02] 1973: 167 [im Me. wurde sekun-
där ein Positiv helde, helt und ein Sup. hel-
dest hinzugebildet]): < urgerm. *χalđiz
‚eher‘ (oder ‚mehr‘; vgl. Lühr 1982: 563).
Der Ausgangspunkt der Bildung ist der eben-
falls nur als Adv. belegte Positiv ahd. halto
‚schnell, rasch‘ (s. d.).
Auch got. haldis (nur in der Fügung ni þe
haldis ‚keineswegs‘) geht wohl direkt auf
urgerm. *χalđiz mit analogischer Beibehal-
tung von -i- unter Einfluß der adj. Kompara-
tive auf *-izan- zurück (Braune-Heidermanns
2004: § 212 und Anm. 2). Weniger wahr-
scheinlich ist die Annahme von Kieckers
1928: 168, der für das Got. den Ersatz der
Vorform *χalđiz durch verdeutlichendes
*χalđiaz annimmt, wobei got. -i- aus dem
Superlativsuffix *-ista- übernommen sein
soll.
Fick 3 (Germ.)⁴ 85; Heidermanns, Et. Wb. d. germ.
Primäradj. 274; Holthausen, As. Wb. 30; Sehrt, Wb. z.
Hel.² 215; Berr, Et. Gl. to Hel. 170 f.; ME Dict. s. v.;
OED² s. v.; Vries, Anord. et. Wb.² 221; Jóhannesson, Isl.
et. Wb. 194; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog 1,
781 ff.; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 111; Falk-
Torp, Norw.-dän. et. Wb. 396; Nielsen, Dansk et. ordb.
179; Ordb. o. d. danske sprog 7, 1090 ff.; Torp, Nynorsk
et. ordb. 208; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 345 f.; Sven-
ska akad. ordb. s. v.; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 240;
Lehmann, Gothic Et. Dict. H-28. — Frings 1966—68: 1,
199; Lühr 1982: 562 f.; E. Seebold, PBB 107 (Tübin-
gen, 1985), 273 f.
Urgerm. *χalđiz < vorurgerm. *k̂olt-is, eigtl.
‚geneigter, höher‘ ist mit der Schwundstufe
des Komparativsuffixes uridg. *-i̯es-/-i̯os-
gebildet (vgl. etwa lat. magis ‚mehr‘, satis
‚genug‘; vgl. Meiser 1998: § 106, 6) und ge-
hört mit grammatischem Wechsel zu urgerm.
*χalþa- ‚geneigt‘ (→ hald; dort auch zur
weiteren Etymologie).
Auszuschließen ist die Annahme einer Grundbedeu-
tung ‚hart‘ und Verbindung mit air. calad ‚hart‘ (so
Fick 3 [Germ.]⁴ 85; zur kelt. Verbreitung vgl. Vendryes,
Lex. ét. de l’irl. anc. C-25 f.), da eine solche Grundbe-
deutung in keinem der Belege anzutreffen ist.
Walde-Pokorny 1, 357.
S. hald.