haspilAWB m. a-St., seit dem 11. Jh. in Gl.:
‚Haspel, Garnwinde, Gerät mit gebogener
Metallspitze, Hakenstange?; alabrum, har-
pago?, netula, netum, tradolium, tradulus‘
〈Var.: -sb-; -el, -al〉. Das Wort ist nur im
Nom.Sg. belegt. — Mhd. haspel st. m. ‚Has-
pel, Garnwinde‘, nhd. Haspel m./f. ‚Hebe-
vorrichtung, Seilwinde‘. Aus dem Mhd. ge-
langte das Wort als hasple ‚Haspel‘ ins
Afrz., als hæspel ‚Haspel‘ ins Norw. und als
haspel ‚Haspel‘ ins Schwed.
Ahd. Wb. 4, 756; Splett, Ahd. Wb. 1, 361; Köbler, Wb. d.
ahd. Spr. 522; Schützeichel⁶ 151; Starck-Wells 259;
Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 206 f.; Graff 4,
1061; Lexer 1, 1194; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 428 (ne-
tula). 671 (tradolium, tradulus); Dt. Wb. 10, 544 ff.;
Kluge²¹ 292; Kluge²⁴ s. v.; Pfeifer, Et. Wb.² 513 f. —
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 339; Svenska akad. ordb.
s. v.; Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 4507; Meyer-Lübke,
Rom. et. Wb.³ Nr. 4071; Diez [1887/89] 1969: 28.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
mndd. haspel m. ‚Garnwinde, Förderma-
schine, Förderschacht‘; mndl., nndl. haspel
m. ‚Garnwinde‘; nfries. hispel, haspel ‚Has-
pel‘: < westgerm. *χaspila- m.
Westgerm. *χaspila- ist eine Ableitung mit
dem Gerätebezeichnungen bildenden Suffix
urgerm. *-ila- (zum Suffix vgl. Krahe-Meid
1969: 3, § 87, 3) von urgerm. *χasp(i̯)ō-
‚Fitze, Haspel‘, fortgesetzt in: mhd. haspe f.,
nhd. Haspe ‚Garnwinde‘; mndd. haspe, hes-
pe ‚Garnwinde‘; mndl. haspe, frühnndl.
hasp, haps ‚Garnwinde, -strang‘; ne. hasp
‚Garnwinde‘ (?; vgl. die Angaben OED²
s. v.); aisl., nisl. hespa, ndän. haspe, nnorw.
hespe, nschwed. hasp ‚Haspe, Wollstrange‘.
Aus dem Dt. stammen nfrz. happe, prov., ka-
tal. aspa. Aus dem Got. sind italien. aspo,
span., port. aspa entlehnt.
Unklar ist, ob das daneben stehende, gleich-
lautende Wort mhd. haspe, hespe mit der
Bedeutung ‚Haken, Klammer‘ etymologisch
identisch ist oder ob ein Homonym vorliegt.
Die zuweilen als Vernersche Variante hierhergestellte
Wortgruppe norw. dial. herve ‚Garnhaspel‘, ält. dän.
hærre ‚Garn haspeln‘, nschwed. härfvel ‚Haspel‘ <
*χaz-´ (so Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 384) ist
nicht unmittelbar zugehörig, da * die Variante zu *f
ist, nicht zu unverschobenem *p in der Gruppe *sp.
Falls doch eine Verbindung besteht, müßte man von
unterschiedlichen Suffixbildungen ausgehen.
Fick 3 (Germ.)⁴ 86; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb.
2, 1, 242 f.; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 2, 213; Ver-
wijs-Verdam, Mndl. wb. 3, 174; Franck, Et. wb. d. ndl.
taal² 234; Suppl. 66; Vries, Ndls. et. wb. 239; Et. wb.
Ndl. F-Ka 389; Fryske wb. 9, 6 f.; Doornkaat Koolman,
Wb. d. ostfries. Spr. 2, 48; Dijkstra, Friesch Wb. 1, 497;
OED² s. v.; Vries, Anord. Et. Wb.² 225 f.; Jóhannesson,
Isl. et. Wb. 812. 1025; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske
sprog 1, 807; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 113;
Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 384; Nielsen, Dansk et.
ordb. 175; Ordb. o. d. danske sprog 7, 920 ff.; Torp,
Nynorsk et. ordb. 212; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 339;
Svenska akad. ordb. s. v. — Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr.
4507; Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 4069 f.; Wart-
burg, Frz. et. Wb. 4, 381 f.; Diez [1887/89] 1969: 28.
Westgerm. *χaspila- und damit auch das
Grundwort urgerm. *χasp(i̯)ō- haben keine
gesicherte Etymologie.
Die Annahme einer Verbindung mit der
Verbalwurzel *kap- ‚fassen‘ (→ habên) setzt
die Annahme einer Metathese voraus (*kap-
s- > *kasp-). Problematisch hieran ist aber,
daß diese Metathese bereits vor der ersten
Lautverschiebung eingetreten sein müßte.
Auch die semantische Seite bliebe unklar.
Es ist somit wohl von einer Vorform
*ka/osp- auszugehen, die dann weiter als
*ka/os- und einer Erweiterung *-p- zu analy-
sieren ist (zu Labialerweiterungen vgl. ahd.
skarf ‚scharf‘ [s. d.]). Besteht dann eine Ver-
knüpfung mit uridg. *kes- ‚ordnen‘, wäre die
Haspel das Gerät, wo die Fäden geordnet
werden. Bei dieser Etymologie wären die
Wörter mit der Bedeutung ‚Haken, Klam-
mer‘ (falls überhaupt zugehörig; s. o.) als
Resultat einer sekundären Bedeutungserwei-
terung über die Form der Haspel zu betrach-
ten.
Walde-Pokorny 2, 540; Pokorny 918; LIV² 357.