hold
Band IV, Spalte 1108
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holdAWB adj., in Gl. seit der 2. Hälfte des
8. Jh.s, GA, PE, bei O, N und im WH: ge-
wogen, geneigt, zugetan, wohlwollend, de-
mütig, treu, ergeben; amans, amicus, com-
placitus, devotus, dilectus, familiaris, fidelis,
placabilis, placatus, propitius, rectus
, hold
wesan jemandem freundlich gesinnt sein,
jemandem lieb sein, angehören, eigen sein,
jemandem im Gehorsam ergeben sein, je-
mandem eigen sein; amare
, (got) holdan
habên jemanden lieben Var.: -t. Mhd.
holt (kompar. holder, hölder) gewogen,
günstig, freundlich, liebend, treu, dienstbar
,
in Wendungen: einen holder hân einem ge-
wogen sein, einen lieben
, nû wis dir selben
holt berücksichtige dich selbst, nhd. hold
geneigt, günstig gesinnt, zugetan, seit dem
18. Jh. auch anmutig, bezaubernd, lieblich.

Ahd. Wb. 4, 1206 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 344; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 558; Schützeichel⁶ 165; Starck-Wells
282; Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 367; Seebold,
ChWdW8 151; Graff 4, 913 f.; Lexer 1, 1327 f.; Götz,
Lat.-ahd.-nhd. Wb. 38 (amicus). 122 (complacitus). 198
(dilectus). 531 (propitius); Dt. Wb. 10, 1733 ff.; Kluge²¹
314; Kluge²⁴ s. v.; Pfeifer, Et. Wb.² 551. DRW 5,
1416 ff.

Das Adj. ist gemeingerm. Es hat Entsprechun-
gen in: as. hold ergeben, anhänglich, gnädig,
mild, freundlich, lieb, angenehm
(nur im
Hel), mndd. holt (-d-) zugeneigt, gewogen,
freundlich, gnädig
, in der Wendung ēnem
holt sīn jemanden lieben, in den Brieffor-
meln unse holde hēre, unsem holden vründe;
andfrk. hold treu, zugeneigt, mndl. hout
(houd, hold, huld) günstig gesinnt, wohlwol-
lend, freundlich, dienstfertig, zuvorkommend
,
in der Formel houd ende getrouwe treu erge-
ben
, eigtl. ergeben und treu, nndl. hou gün-
stig gesinnt, wohlwollend, freundlich, gnädig,
dienstfertig, treu
(die Form ist aus obliquen
Kasus abstrahiert, in denen intervokalisches
-d- synkopiert wurde; Bree 1987: 167); afries.
hold hold, gnädig, nfries. hold, hou hold,
geneigt, zugeneigt, gewogen, günstig
, in der
Formel hou en trou treu ergeben; ae. hold
hold, gnädig, freundlich, günstig, treu, ange-
nehm, gefällig
, me. hōld (old, heold, hoild,
huld) dss., ne. veraltet hold dss.; aisl. hollr
hold, treu, nisl., fär. hollur, nnorw. holl,
ndän. huld, aschwed. hulder, holder, nschwed.
huld ergeben, freundlich gesinnt; got. hulþs
hold (nur in hulþs sijais vergib; ἱλάσθητι
Lk. 18, 13): < urgerm. *χulþa- geneigt mit
ursprünglicher Wurzelbetonung (vgl. Lühr, in
Untermann 1984: 68 Anm. 107; Weiteres da-
zu s. u.). Ältere Auffassungen gehen von ei-
nem Lautwandel urgerm. *-lþ- > westgerm.
*-ld- aus, bei dem gleichfalls nur eine Vor-
form mit *þ anzunehmen ist (Helten 1890:
§ 125α; Brunner 1965: § 201, 2, anders
Vries, Anord. et. Wb. 275 s. v. hylla). Ur-
germ. *χulþa- steht im Ablaut zu dem ge-
meingerm. Adj. urgerm. *χalþa- geneigt, das
in ahd. hald geneigt, schräg (s. d.), afries.
-hald (z. B. in ūthald seewärts gerichtet),
aisl. hallr schief, schräg, geneigt fortgesetzt
ist. Auch ae. afheldian neigen, zu Ende
kommen
und das Komp. got. wilja-halþei
Zuneigung, Gunst setzen ein Adj. urgerm.
*χalþa- voraus.

Der Begriff ahd. hold usw. ist eng mit dem
germ. Gefolgschaftswesen verbunden. Er be-
zeichnet vornehmlich die auf gegenseitigen
Leistungen beruhende wohlwollende Gesin-
nung zwischen Lehnsherrn und Gefolgs-
mann, die im Zuge der Christianisierung
weiter auf die Beziehung zwischen Mensch
und Gott übertragen wurde. Aus der Grund-
bedeutung geneigt entwickelten sich so ei-
nerseits die Bedeutungen gnädig, mild,
wohlwollend
(vom Vorgesetzten), anderer-
seits treu, ergeben (vom Untergebenen).
Möglicherweise ist dabei die Bedeutung
gnädig, mild die ältere, da im Got. nur die-
se reflektiert wird (vgl. Lühr 1982: 587 f.).

Fick 3 (Germ.)⁴ 83; Heidermanns, Et. Wb. d. germ.
Primäradj. 311 f.; Holthausen, As. Wb. 35; Sehrt, Wb. z.
Hel.² 267 f.; Berr, Et. Gl. to Hel. 199; Lasch-Borchling,
Mndd. Handwb. 2, 1, 343 (s. v. ²holt); Schiller-Lübben,
Mndd. Wb. 2, 286; 6, Nachtr. 157 f.; Verwijs-Verdam,
Mndl. wb. 3, 650 ff.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 264;
Suppl. 73; Vries, Ndls. et. wb. 270; Et. wb. Ndl. F-Ka
470; Holthausen, Afries. Wb.² 46; Richthofen, Afries.
Wb. 823; Fryske wb. 9, 101 (s. v. hou V); Doornkaat
Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. 2, 98 f.; Dijkstra, Friesch
Wb. 1, 538; Holthausen, Ae. et. Wb. 169; Bosworth-
Toller, AS Dict. 550; Suppl. 557; Suppl. 2, 41; ME Dict.
s. v.; OED² s. v. hold; Vries, Anord. et. Wb.² 247;
Jóhannesson, Isl. et. Wb. 241; Fritzner, Ordb. o. d. g.
norske sprog 2, 36; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord.
123; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1, 428; Nielsen,
Dansk et. ordb. 188 f.; Ordb. o. d. danske sprog 8, 616
(s. v. III. Huld); Torp, Nynorsk et. ordb. 219; Hellquist,
Svensk et. ordb.³ 367; Svenska akad. ordb. s. v.; Feist,
Vgl. Wb. d. got. Spr. 274; Lehmann, Gothic Et. Dict. H-
104. G. Royen, FS Schrijnen 1929: 714 f. (semanti-
scher Vergleich von ahd. hold usw. mit lat. pius); Üçok
1938: 24 und Anm. 3; M. Ohly-Steimer, ZDA 86
(1955), 81119 (bes. 82. 91 f.); Rosengren 1968: 5155
(5154 Verzeichnis der Belege); F. Mezger, ZVSp 83
(1969), 150152 (mit der Vermutung, daß urgerm.
*χulþa- zum st. v. VII *χalþe/a- halten gehört); Trut-
mann 1972: 99; Scardigli 1973: 30.

Bei urgerm. *χulþa- < vorurgerm. *-to-
handelt es sich um eine Ableitung mit dem
Verbaladj. bildenden Suffix uridg. *-to- zu
einer Verbalwurzel uridg. *el- neigen.
Fortsetzer dieser Wz. sind nur im Balt. be-
legt: lit. alìs Seite, Gegend, lett. sal(l)is
Speckseite. Die Akzentverschiebung in
vorurgerm. *-to- vom Suffix auf die Wz.
erfolgte durch die semantische Verselbstän-
digung des Verbaladj.; vgl. urgerm. *kunþa-
kund, bekannt < *ń̥h₃-to- : gr. γνωτός, air.
gnáth < *h₃-tó- erkannt (vgl. Schaffner
2001: 337; ders. 2005: 336).

Verfehlt Trier 1951: 55, der eine Bedeutungsentwick-
lung aus geneigt ablehnt. Er führt ahd. hold usw. auf
eine uridg. Wz. *el- Zaun, zäunen zurück. Güntert
1919: 91 vermutet dagegen Beeinflussung von urgerm.
*χulþa- durch das Part.Prät. von urgerm. *χele/a- ver-
bergen
(< vorurgerm. *ele/o-).

Walde-Pokorny 1, 430; Pokorny 552; Fraenkel, Lit. et.
Wb. 959 f.; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. 3, 672.

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