horscAWB adj., nur im Abr und weiteren Gl.:
‚rasch, geschwind, hastig, begierig, entschlos-
sen, eifrig, scharfsinnig; agilis, alacer, celer,
citatus, concitus, exertus, levis, praeproperus,
promptus, sagax, vehemens, volucer‘ 〈Var.:
-sch-〉. Ahd. horsc kommt auch als VG in
zweigliedrigen PN wie Horscman, Horscmuot
sowie in den zugehörigen Kurzformen Horsco
(m. n-St.), Horsca (f. n-St.), Horskeo, Horskio
(jan-St.) vor, in den ON Horskinhofun heute
‚Herrschenhofen‘, Horskinhusir heute
‚Hirschhausen‘ bildet der sw. Gen. des Adj.
das VG; vgl. N. Wagner, BNF 28 (1993),
256—258. Außerdem ist horsc die Ableitungs-
basis für das sw. v. I hursken ‚anspornen, sich
üben‘ (s. d.). — Im Mhd. ist das Adj. nicht be-
legt, doch zeigen sich nhd. mdartl. Spuren:
schweiz. hursch ‚geschäftig, geschwind,
schnell‘. Dagegen sind pfälz. hurschelig ‚ha-
stig‘, dt.-lothr. hurschlich ‚ungestüm, unüber-
legt, übereilt‘ eher vom iterativ-diminutiven
sw. v. pfälz. hurscheln ‚schnell und nicht sorg-
fältig arbeiten‘, dt.-lothr. hurschlen ‚übereilen,
ungestüm etwas tun‘ abgeleitet.
Ahd. Wb. 4, 1273 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 403; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 563; Schützeichel⁶ 167; Starck-Wells
286; Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 398 f.; See-
bold, ChWdW8 164; Graff 4, 1039 f.; Götz, Lat.-ahd.-
nhd. Wb. 97 (celer). 697 (vehemens); Dt. Wb. 10, 1969
(s. v. hurschen). — Schweiz. Id. 2, 1637; Martin-Lienhart,
Wb. d. els. Mdaa. 1, 375 f. (verhurscht ‚ungeschickt
[übereilt?] gekleidet‘); Follmann, Wb. d. dt.-lothr.
Mdaa. 254; Christmann, Pfälz. Wb. 3, 1269 f. — Wil-
manns [1906—30] 1967: 2, § 355, 1.
Ahd. horsc hat im West- und Nordgerm. Ent-
sprechungen, doch ist das Wort nur während
der jeweils ältesten Sprachperiode belegt: as.
horsk ‚klug‘; andfrk. horsc ‚eifrig, heftig‘; ae.
horsc ‚schnell, bereit, tätig, klug‘; aisl. horskr
‚klug, schnell, tapfer‘, das ins Finn. entlehnt
wurde: hurskas ‚rasch, unbändig, verschwen-
derisch, gerecht, fromm‘. Die Bedeutungen
‚gerecht, fromm‘ haben sich erst im Finn.
entwickelt, kommen dort aber schriftsprach-
lich schon im 16. Jh. vor.
Für urgerm. *χurska- ist von einer allgemei-
nen Grundbedeutung ‚rasch, rege‘ auszuge-
hen, die sich, bezogen auf eine ‚rasche, rege
Geistestätigkeit‘ zu ‚schlau, klug‘ und bezo-
gen auf ‚rasch, rege im Handeln‘ zu ‚eifrig,
tatkräftig‘ entwickelte (vgl. auch Oksaar 1958:
304 f.).
Mhd. hurtec, nhd. hurtig ‚schnell‘ ist eine Ableitung
von mhd. hurt st. m., hurt(e) st. f. ‚Stoß, Anprall, sto-
ßendes Losrennen‘. Dieses ist aus afrz. hurt m., hurte f.
‚Stoß, Anprall‘ entlehnt und nicht mit ahd. horsc zu
verbinden (so aber Meid 1969: 3, § 147).
Fick 3 (Germ.)⁴ 79; Heidermanns, Et. Wb. d. germ.
Primäradj. 313; Holthausen, As. Wb. 36; Sehrt, Wb. z.
Hel.² 270; Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 194 (nur adv.
horsko ‚hurtig‘); Quak, Wortkonkordanz zu d. am.- u.
andfrk. Ps. u. Gl. 93; Quak, Die am.- u. andfrk. Ps. u.
Gl. 200; Holthausen, Ae. et. Wb. 170; Bosworth-Toller,
AS Dict. 553; Suppl. 560; Vries, Anord. et. Wb.² 249 f.;
Jóhannesson, Isl. et. Wb. 239; Fritzner, Ordb. o. d. g.
norske sprog 2, 45; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord.
124; Kylstra, Lehnwörter 1, 127. — Setälä, FUF 13
(1913), 369; E. Noreen, in FS Kock 1934: 258 (zur Be-
deutung im Aisl.).
Nach allgemeiner Auffassung ist das Adj. ur-
germ. *χurska- mit dem Suffix *-ska-, einer
Variante von *-ka-, gebildet, doch besteht hin-
sichtlich der Ableitungsbasis Unsicherheit.
Folgende Herleitungen wurden in Betracht
gezogen: 1. Rückführung auf urgerm.
*χortska- und Verbindung mit gr. κέρδος n.
‚Gewinn, Vorteil‘, air. cerd f. ‚Kunst, Hand-
werk, Künstler, Dichter‘ (Pokorny 579). Diese
Möglichkeit ist auszuschließen, da die Grund-
bedeutung des Adj. kaum mit den substantivi-
schen Bedeutungen zu vermitteln ist und ein
Wurzelvokal *o im urgerm. Rekonstrukt aus-
scheidet. 2. Ansatz von urgerm. *χurþska-,
das zu *χarþu- > got. hardus, ahd. hart, aisl.
harðr ‚hart, stark‘ (Jóhannesson 1927: 29;
Wilmanns [1906—30] 1967: § 355, 1) oder zu
urgerm. *χraþa- (mit Vollstufe II) > ahd. rad,
ae. hræđr, aisl. hraðr ‚schnell, rasch‘ (Hei-
dermanns, Et. Wb. d. germ. Primäradj.
a. a. O.) gestellt wird. Die Verbindung mit ur-
germ. *χarþu- kommt hier aber aus semanti-
schen Gründen von vornherein nicht in Frage.
3. A. Bammesberger (BNF 32 [1997], 3 und
Anm. 17) nimmt eine Vorform urgerm.
*χurtska- > *χurska- an und vermutet An-
schluß an die Sippe *k̂erd-/k̂d- ‚Herz‘ (→
herza). 4. Herleitung aus uridg. *(s)ker-
‚springen, sich schwingen‘ (so KS Usener
1913: 185), das auch in gr. σκαίρω ‚springe,
hüpfe, tanze‘, wohl < *sk-i̯e/o- und kymr.
cerddaf ‚wandle‘ < *ker-i̯e/o- (LIV² 556) fort-
gesetzt ist.
Die Varianten 1 bis 3 gehen von einer nomi-
nalen Ableitungsbasis aus, doch ist für -ska-
Bildungen eine verbale Grundlage wie unter
4. angenommen wahrscheinlicher (vgl. z. B.
gr. δικεῖν ‚werfen‘ : δίσκος m. ‚Wurfscheibe‘
< *δικ-σκος, aisl. beiskr ‚scharf, beißend‘ :
beita sw. v. ‚beißen lassen‘). Näherliegend als
eine Zusammenstellung mit uridg. *(s)ker- ist
aber eine Verbindung von ahd. horsc usw. <
*χur-ska- (entweder vereinfacht < *χurs-ska-
oder mit Metanalyse < *χurs-ka-) mit mhd.
hurren sw. v. I ‚sich schnell bewegen‘ <
*χurz-ii̯e/a-. Außergerm. ergibt sich dann ein
Anschluß an lat. currō ‚laufe‘ < uridg. *k/k̂s-
é/ó- zur Wz. *k/k̂ers- (schon F. Froehde, BB
14 [1888], 105 vermutet einen Zusammen-
hang von ahd. horsc und lat. currō; s. auch
Bock 2008: 219 f.). Das ahd. Adj. und seine
Verwandten dürfte so auf tiefstufiges vorur-
germ. *k/k̂skó- zurückgehen.
Walde-Pokorny 1, 423; Pokorny 579; LIV² 355; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. 1, 315 f.; Ernout-Meillet, Dict. ét.
lat.⁴ 160. — E. Schwentner, PBB 48 (1924), 80 f.