inAWB präp., adv., präf., seit dem 8. Jh. in
Gl. und liter. Denkmälern: ‚in, nach, auf, zu,
bei, in Bezug auf, hin, gemäß, nach, unter;
ad, de, in‘ 〈Var.: ī, inn, im, en, ē〉, prokl.
auch n-, enkl. auch -n. Daneben entstand
wohl schon ahd. die Variante /īn/, die sich
dann ab dem Mhd. bes. als Adv. und Präf.
ausbreitet und als mhd. in-, în-, nhd. ein- er-
scheint. Diese Entwicklung geschah entwe-
der unter Starkton (?) oder auf analogischem
Wege: Nachdem im Ahd. die Präp. in und
das Adv. *inn < urgerm. *en-n- (s.u.; s. inne)
zusammengefallen waren, wurden die beiden
Formen im Ahd. wieder sekundär differen-
ziert, indem *inn nach Adv. wie vorahd. *ūf,
*ūz zu *īn umgestaltet wurde (G. Schmidt
1962: 180 f.). — Beide Var. werden in mhd.
in, în(-) ‚in‘, nhd. in, ein(-) ‚innen, darin,
hinein‘ fortgesetzt.
Ahd. Wb. 4, 1493 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 422; Köb-
ler, Wb. d. ahd. Spr. 577 f.; Schützeichel⁷ 163; Starck-
Wells 299 ff. XLIII. 823; Schützeichel, Glossenwort-
schatz 5, 20 ff.; Seebold, ChWdW8 168; ders.,
ChWdW9 442 f.; Graff 1, 289 ff.; Lexer 1, 1422 f.;
Frühnhd. Wb. 8, 55 ff.; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 290
(in); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 11 (ad). 170 (de). 323 f.
(in); Dt. Wb. 10, 2081 ff.; Kluge²¹ 326; Kluge²⁵ s. v.
in; Pfeifer, Et. Wb.² 577. — Schwarz 1986: 270—279.
462. 470. 474. 477. 478. 494—496. 543. 555 f. 588.
591—593. 596.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen
in denselben Funktionen und Bed.: as. in,
mndd. in; andfrk. in, mndl. in, nndl. in;
afries. in, nwestfries. yn, saterfries. in,
nnordfries. in; ae. in, me. in, ne. in; aisl. í,
nisl., fär. í, adän. ī, ndän., nnorw. i, aschwed.
ī, nschwed. i; got. in: < urgerm. *en(i). Der
urgerm. Ansatz mit ausl. -i ist fraglich, da
dann wenigstens in Resten auch Fortsetzer
mit ausl. Vokal zu erwarten wären. Zumin-
dest aisl. í kann nicht auf die längere Form
zurückgehen. Wahrscheinlicher ist deshalb
wohl der Ansatz von urgerm. *en und An-
nahme von Schwachtonentwicklung zu in
(G. Schmidt 1962: 179; Lühr 1982: 440
Anm. 5).
Fortsetzer derselben Adv.bildung mit ur-
germ. *-n-, wie sie auch von vorahd. *inn
vorausgesetzt wird (s. inne), zeigen sich auch
im Got. (inn adv. ‚hinein‘), Aisl. (inn adv.
‚hinein‘; fortgesetzt etwa in norw. in ‚dss.‘)
und Ae. (inn adv., präv. ‚hinein‘). Während
in den nordgerm. Sprachen diese Ableitung
und das Grundwort getrennt blieben (aisl. í :
in), sind in den anderen germ. Sprachen die
beiden Wörter zusammengefallen. Unabhän-
gig davon, ob man nun das *-n- als Pkl. auf-
fasst oder mit dem Suff. uridg. *-no- rechnet,
hat diesen Ableitungen wohl der Akk. ur-
germ. *ennan zugrunde gelegen, der auch
zwanglos als Richtungsakk. die Bed. der
Fortsetzer erklärt (KS Klingenschmitt 2005:
249 mit Anm. 7).
Fick 3 (Germ.)⁴ 25; Tiefenbach, As. Handwb. 197;
Sehrt, Wb. z. Hel.² 293; Berr, Et. Gl. to Hel. 213;
Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 197; Lasch-Borchling,
Mndd. Handwb. 2, 1, 413 ff.; Schiller-Lübben, Mndd.
Wb. 2, 352 f.; 6, 165; ONW s. vv. in¹, in²; VMNW s. v.
in; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 3, 815 ff.; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 274; Suppl. 76; Vries, Ndls. et. wb.
280; Et. wb. Ndl. F-Ka 510; Boutkan, OFris. et. dict.
192 f.; Hofmann-Popkema, Afries. Wb. 243; Richtho-
fen, Afries. Wb. 849; Fryske wb. 9, 275 ff.; Dijkstra,
Friesch Wb. 2, 10; Fort, Saterfries. Wb. 116;
Holthausen, Ae. et. Wb. 188; Bosworth-Toller, AS
Dict. 589. 594; Suppl. 590. 593; ME Dict. s. v. in;
OED² s. vv. in adv., in prep.¹; Vries, Anord. et. Wb.²
282; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 56 ff.; Fritzner, Ordb. o.
d. g. norske sprog 2, 194 f. 207; Holthausen, Vgl. Wb.
d. Awestnord. 141. 143 (inn¹); Falk-Torp, Norw.-dän.
et. Wb. 456 f. 462 ff.; Magnússon, Ísl. Orðsb. 415;
Nielsen, Dansk et. ordb. 203 (i¹). 205; Ordb. o. d.
danske sprog 9, 7 ff. (i³); Bjorvand, Våre arve-
ord² 529 f.; Torp, Nynorsk et. ordb. 240; NOB s. v. i;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 404; Svenska akad. ordb.
s. v. i; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 292. 293; Lehmann,
Gothic Et. Dict. I-16. I-19. — Guchman 1962—66: 4,
86. 119; de la Cruz, IF 77 (1972), 90 f.; J. West, IF 87
(1982), 152 f. 156 f.
Urgerm. *en(i) geht auf uridg. *(h₁)en(i) zu-
rück. Fortsetzer von uridg. *(h₁)en(i) finden
sich vor allem in den westlichen idg. Sprach-
zweigen. Das Anat. und Indoiran. haben das
Wort nicht selbständig bewahrt. Neben der
vollstufigen Form des Lok., der endungslos
oder endungshaltig sein kann, zeigen das
Balt. und Slaw. Fortsetzer der schwundstufi-
gen Form uridg. *(h₁). Solche schwund-
stufigen Formen liegen in Komp. verbaut
vereinzelt auch im Germ. und Gr. vor; vgl.
gr. ἄξυλος ‚mit viel (totem) Holz‘ < urgr.
*(h₁)-ksulo- *‚Holz in sich habend‘ oder gr.
ἀκαρός ‚Gehirn‘ < uridg. *(h₁)-k̂h₂-o-
*‚was im Kopf ist‘ (Nussbaum 1986: 72 f.;
Schaffner 2005: 384—386; ders., IJDL 3
[2006], 158—161) oder ae. umbor ‚Kind‘,
ein verdunkeltes Determinativkomp. urgerm.
*un-ura- ‚in [der Familie bzw. dem Haus]
geborenes [sc. Kind]‘ (vgl. Schaffner 2005:
378—403; ders., IJDL 3 [2006], 147—180).
Schließlich dürfte uridg. *(h₁)- auch noch
im FlussN Unstrut stecken, der je nach dem,
wie man das HG etymologisiert im Sinne ei-
nes ἔνθεος-Komp., als ‚Sumpfgebiet an sich
habend‘, also ‚[der Fluss,] in/an dem [= an
dessen Ufer] Sumpfgebiet ist‘ oder — weni-
ger wahrscheinlich — als ‚Rauschen/Brausen
in sich habend‘ oder als ‚(Über-)Flut(ung)
in sich habend‘ zu deuten ist (H. Bichlmeier,
A. Opfermann, NI 99—100 (2011 [2013]),
173—204).
Der anl. Laryngal wird aus Systemgründen
angesetzt, ist aber nicht unabhängig zu si-
chern. Bjorvand, Våre arveord² 530 erwägt
ein Paradigma uridg. nom. *h₁en, lok. *h₁ní;
vgl. ai. ní- in ní-tya- ‚eigen, heimisch, stetig‘
neben uridg. lok. *h₁ení, der dann im Germ.
fortgesetzt wäre.
Das Ai. zeigt Fortsetzer dieses alten Lok. nur
noch in Komp., etwa in ai. ánīka- n. ‚An-
gesicht, Erscheinung, Vorderseite‘ < uridg.
*h₁eni-h₃ku̯-o- ‚den Blick darauf habend‘
(ebenso air. enech ‚Gesicht‘; ähnlich gr.
ἐνῶπα adv. ‚offen, gegenüber‘).
In den anderen idg. Sprachgruppen sind u. a.
folgende (teils einzelsprachlich erweiterte)
Formen belegt, deren Bed. überall dasselbe
Spektrum abdeckt: ‚in, hinein, drin‘ o. ä. Im
Gr. sind bezeugt: gr. ἔν (mit akk. und dat.
lok.), ἐν, poet. auch ἐνί, mit metrischer
Längung auch εἰν, εἰνί, arkad., kypr., kret. ἰν
(mit sekundärer Hebung), adv. ἔνι, präv. ἐν-;
daneben eine Form erweitert um adv. -ς: att.
εἰς, ion. auch ἐς (mit akk.) < urgr. *ens,
argiv., kret. noch ἐνς u.a. Daneben ist, wie
eingangs angeführt, für einzelne Komp. ne-
ben der vollstufigen Form ἐν- auch die
schwundstufige Form ἀ- < uridg. *(h₁)- an-
zusetzen.
Das It. hat alat. en, lat. in, osk. en (+ gen.)
‚betreffs‘, pälign. i (präp. + akk.); postp. +
akk.: osk. -en, pälign. -e, umbr. -em, -en, -e;
postp. + abl.: osk. -en, postp. + lok.: osk. -ín,
vestin. -(e)n, umbr. -en, -em, -eme, südpiken.
-ín, -en, als Präv. osk. em-, pälign. em-, in-,
umbr. en-; venet. es < *ens; messap. in.
Im Kelt. sind u.a. bezeugt: air. iN < urkelt.
*en neben air. in < urkelt. *eni, en-, in-,
Ogamir. PN INI-GENA, akymr. en, in,
mkymr. yn, kymr. yn-, abret. en, in, mbret.
en, nbret. e, korn. yn.
Verbreitet sind Reflexe des Worts auch im
Balt. und Slaw.: lit. į̃, lit. dial. in(t), lett.
ìe-, apreuß. an, en, em, æn, ēn; aksl. vъ,
vъ(n)-, russ. v(o), v(o)-, vn-, ukrain. v(-), u(-),
wruss. v(-), u(-), bulg. vъ(v), dial. uv, serbo-
kroat. u, u-, va-, slowen. v, v-, u-, tschech.
v(e), v(n)-, slowak. v(o), v-, poln. w(e),
w(n)-, osorb. w(e), dial. auch wo, wó, ndsorb.
w(e), polab. wa.
Die balt. und slaw. Formen gehen auf
schwundstufiges uridg. *(h₁) zurück. Hier-
bei zeigen aber die beiden Sprachzwei-
ge unterschiedliche Vokalisierungen: das Ur-
balt. zu *in, das Urslaw. zu *un.
Für ein etwaiges anzunehmendes Urbaltoslaw. müsste
man folglich noch * rekonstruieren. Im Slaw. ent-
steht dann vor urslaw. *u- regulär prothetisches *v-,
das in den meisten slaw. Sprachen dann als Rest der
urspr. Form übrigbleibt. In der Verbalkomposition
bleibt vorvokalisch der sonst geschwundene ausl. Na-
sal erhalten. In der Regel vor Kons.gruppen bzw. vor
stammanl. *v- erfolgt in den meisten slaw. Sprachen
die Vokalisierung des späturslaw. *-ъ- zu einem Voll-
vokal. Die bisweilen geäußerte Vermutung, die Ent-
wicklung zu urslaw. *un sei sekundär, ist unnötig,
wenn man nicht den balt. Reflexen grundsätzlich das
stärkere Gewicht zuerkennt.
Für einzelne Wörter wird für das Slaw. auch mit der
Fortsetzung einer o-stufigen Form der Lokalpkl. in
nominalen Komp. gerechnet: aksl. ǫ-dolъ m. ‚Tal‘,
russ. udól ‚Niederung‘ etc. < frühurslaw. *on-dolo-.
Ältere Etymologica gingen auch für die Präp. und das
Präv. von einer Erklärung von der o-Stufe aus; nach
den vorhergehenden Ausführungen ist das nicht mehr
nötig. Die o-Stufe in den nominalen Komp. im Slaw.,
die sonst in keinem Sprachzweig auftaucht, bereitet
ohnehin Schwierigkeiten und muss als ungeklärt gel-
ten.
Im Balt. sind offensichtlich sowohl die voll-
stufige als auch die schwundstufige Form der
Lokalpkl. fortgesetzt. So zeigt lit. į̃ einen
Fortsetzer von schwundstufigem urbalt. *in
< uridg. *(h₁), apreuß. en entweder Sen-
kung des urbalt. *i- (im Nebenton?) zu e-
oder aber den Fortsetzer von vollstufigem
urbalt. *en < uridg. *(h₁)en, das auch im
Lok.ausgang lit. -e < urlit. *- (vgl. noch alit.
zusammengesetztes dangujęjis ‚der im Him-
mel‘) mit unklarem Akut erhalten ist. Das
Lett. zeigt die reguläre Entwicklung von
tautosyllabischem *en zu ie (Stang 1966: 86.
182 f.). Als Präp. ist urbalt. *in, *en im Lett.
durch andere Präp. ersetzt worden, etwa
durch die erweiterte Form lett. iekša f. ‚Inne-
res‘ (< urostbalt. *ieč́ā- < vorurbalt. *en-
ti̯ā-), im Lok. iekšā ‚drin, hinein‘, das abge-
sehen vom Ablaut der Wz. eine morphologi-
sche Parallele zu ai. nítya- ‚heimisch, eigen‘
(s. o.) ist. Das mit apreuß. en synonyme
apreuß. an ist am ehesten aus mndd. oder
frühnhd. an entlehnt.
Im Aarm. ist die Lokalpkl. nur verbaut in
einigen verdunkelten Komp. greifbar, die
mit y- beginnen, als eigenständiges Wort ist
uridg. *(h₁)en dort aufgegeben worden.
Das Alb. hat in ‚in‘ und inj ‚bis‘ (< *eni̯),
toch. A y-, yn-, toch. B y-, yn-, in-.
Walde-Pokorny 1, 687 f.; Pokorny 311 ff.; Mayrho-
fer, KEWA 1, 34; 2, 162 f.; ders., EWAia 1, 73; 2, 43;
Rastorgueva-Edelman, Et. dict. Iran. lang. 1, 171 f.;
Frisk, Gr. et. Wb. 1, 471. 508 f.; Chantraine, Dict. ét.
gr. 326. 344 f.; Beekes, Et. dict. of Gr. 1, 394. 419.
432 f.; Untermann, Wb. d. Osk.-Umbr. 223 ff.; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. 1, 685 f.; Ernout-Meillet, Dict.
ét. lat.⁴ 312; de Vaan, Et. dict. of Lat. 300; Thes. ling.
lat. 7, 733—805; Du Cange² 4, 314; Körting, Lat.-rom.
Wb.³ Nr. 4802; Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 4328;
Wartburg, Frz. et. Wb. 4, 614; Demiraj, Alb. Et. 4,
271; Orel, Alb. et. dict. 763 f.; Trautmann, Balt.-Slav.
Wb. 69; Derksen, Et. dict. of Slav. 530; Bezlaj, Et.
slov. slov. jez. 4, 271; Snoj, Slov. et. slov.² 804;
Vasmer, Russ. et. Wb. 1, 161; 3, 168 f. (y-⁴). 174;
ders., Ėt. slov. russ. jaz. 1, 262; 4, 142 f. (y-⁴). 150;
Schuster-Šewc, Hist.-et. Wb. d. Sorb. 1572 f.; Olesch,
Thes. ling. drav.-polab. 1297 ff.; Fraenkel, Lit. et. Wb.
181; Smoczyński, Słow. et. jęz. lit. 214; Mühlen-
bach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. 2, 1. 30 f.; Karulis, Latv.
et. vārd. 1, 334 f.; Trautmann, Apreuß. Spr.denkm.
327 f.; Mažiulis, Apreuß. et. Wb. 1, 257 ff.; Topo-
rov, Prusskij jazyk A-D 83 f.; E-H 34 ff.; Fick 2
(Kelt.)⁴ 29. 30; Matasović, Et. dict. of Proto-Celt.
116; Delamarre, Dict. gaul.³ 163; Hessens Ir. Lex. 2,
1; Kavanagh-Wodtko, Lex. OIr. Gl. 500 ff.; Dict. of
Irish I-1 ff.; Dict. of Welsh 3813 ff.; Deshayes, Dict.
ét. du bret. 209; Windekens, Lex. ét. tokh. 18. 24. 165;
Adams, Dict. of Toch. B 83 f. 516. — Mel’nyčuk
1982 ff.: 6, 9.