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Volume V, Column 65
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inAWB präp., adv., präf., seit dem 8. Jh. in
Gl. und liter. Denkmälern: in, nach, auf, zu,
bei, in Bezug auf, hin, gemäß, nach, unter;
ad, de, in
Var.: ī, inn, im, en, ē, prokl.
auch n-, enkl. auch -n. Daneben entstand
wohl schon ahd. die Variante /īn/, die sich
dann ab dem Mhd. bes. als Adv. und Präf.
ausbreitet und als mhd. in-, în-, nhd. ein- er-
scheint. Diese Entwicklung geschah entwe-
der unter Starkton (?) oder auf analogischem
Wege: Nachdem im Ahd. die Präp. in und
das Adv. *inn < urgerm. *en-n- (s.u.; s. inne)
zusammengefallen waren, wurden die beiden
Formen im Ahd. wieder sekundär differen-
ziert, indem *inn nach Adv. wie vorahd. *ūf,
*ūz zu *īn umgestaltet wurde (G. Schmidt
1962: 180 f.). Beide Var. werden in mhd.
in, în(-) in, nhd. in, ein(-) innen, darin,
hinein
fortgesetzt.

Ahd. Wb. 4, 1493 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 422; Köb-
ler, Wb. d. ahd. Spr. 577 f.; Schützeichel⁷ 163; Starck-
Wells 299 ff. XLIII. 823; Schützeichel, Glossenwort-
schatz 5, 20 ff.; Seebold, ChWdW8 168; ders.,
ChWdW9 442 f.; Graff 1, 289 ff.; Lexer 1, 1422 f.;
Frühnhd. Wb. 8, 55 ff.; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 290
(in); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 11 (ad). 170 (de). 323 f.
(in); Dt. Wb. 10, 2081 ff.; Kluge²¹ 326; Kluge²⁵ s. v.
in; Pfeifer, Et. Wb.² 577. Schwarz 1986: 270279.
462. 470. 474. 477. 478. 494496. 543. 555 f. 588.
591593. 596.

In den anderen germ. Sprachen entsprechen
in denselben Funktionen und Bed.: as. in,
mndd. in; andfrk. in, mndl. in, nndl. in;
afries. in, nwestfries. yn, saterfries. in,
nnordfries. in; ae. in, me. in, ne. in; aisl. í,
nisl., fär. í, adän. ī, ndän., nnorw. i, aschwed.
ī, nschwed. i; got. in: < urgerm. *en(i). Der
urgerm. Ansatz mit ausl. -i ist fraglich, da
dann wenigstens in Resten auch Fortsetzer
mit ausl. Vokal zu erwarten wären. Zumin-
dest aisl. í kann nicht auf die längere Form
zurückgehen. Wahrscheinlicher ist deshalb
wohl der Ansatz von urgerm. *en und An-
nahme von Schwachtonentwicklung zu in
(G. Schmidt 1962: 179; Lühr 1982: 440
Anm. 5).

Fortsetzer derselben Adv.bildung mit ur-
germ. *-n-, wie sie auch von vorahd. *inn
vorausgesetzt wird (s. inne), zeigen sich auch
im Got. (inn adv. hinein), Aisl. (inn adv.
hinein; fortgesetzt etwa in norw. in dss.)
und Ae. (inn adv., präv. hinein). Während
in den nordgerm. Sprachen diese Ableitung
und das Grundwort getrennt blieben (aisl. í :
in), sind in den anderen germ. Sprachen die
beiden Wörter zusammengefallen. Unabhän-
gig davon, ob man nun das *-n- als Pkl. auf-
fasst oder mit dem Suff. uridg. *-no- rechnet,
hat diesen Ableitungen wohl der Akk. ur-
germ. *ennan zugrunde gelegen, der auch
zwanglos als Richtungsakk. die Bed. der
Fortsetzer erklärt (KS Klingenschmitt 2005:
249 mit Anm. 7).

Fick 3 (Germ.)⁴ 25; Tiefenbach, As. Handwb. 197;
Sehrt, Wb. z. Hel.² 293; Berr, Et. Gl. to Hel. 213;
Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 197; Lasch-Borchling,
Mndd. Handwb. 2, 1, 413 ff.; Schiller-Lübben, Mndd.
Wb. 2, 352 f.; 6, 165; ONW s. vv. in¹, in²; VMNW s. v.
in; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 3, 815 ff.; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 274; Suppl. 76; Vries, Ndls. et. wb.
280; Et. wb. Ndl. F-Ka 510; Boutkan, OFris. et. dict.
192 f.; Hofmann-Popkema, Afries. Wb. 243; Richtho-
fen, Afries. Wb. 849; Fryske wb. 9, 275 ff.; Dijkstra,
Friesch Wb. 2, 10; Fort, Saterfries. Wb. 116;
Holthausen, Ae. et. Wb. 188; Bosworth-Toller, AS
Dict. 589. 594; Suppl. 590. 593; ME Dict. s. v. in;
OED² s. vv. in adv., in prep.¹; Vries, Anord. et. Wb.²
282; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 56 ff.; Fritzner, Ordb. o.
d. g. norske sprog 2, 194 f. 207; Holthausen, Vgl. Wb.
d. Awestnord. 141. 143 (inn¹); Falk-Torp, Norw.-dän.
et. Wb. 456 f. 462 ff.; Magnússon, sl. Orðsb. 415;
Nielsen, Dansk et. ordb. 203 (i¹). 205; Ordb. o. d.
danske sprog 9, 7 ff. (i³); Bjorvand, Våre arve-
ord² 529 f.; Torp, Nynorsk et. ordb. 240; NOB s. v. i;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 404; Svenska akad. ordb.
s. v. i; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 292. 293; Lehmann,
Gothic Et. Dict. I-16. I-19. Guchman 196266: 4,
86. 119; de la Cruz, IF 77 (1972), 90 f.; J. West, IF 87
(1982), 152 f. 156 f.

Urgerm. *en(i) geht auf uridg. *(h₁)en(i) zu-
rück. Fortsetzer von uridg. *(h₁)en(i) finden
sich vor allem in den westlichen idg. Sprach-
zweigen. Das Anat. und Indoiran. haben das
Wort nicht selbständig bewahrt. Neben der
vollstufigen Form des Lok., der endungslos
oder endungshaltig sein kann, zeigen das
Balt. und Slaw. Fortsetzer der schwundstufi-
gen Form uridg. *(h₁). Solche schwund-
stufigen Formen liegen in Komp. verbaut
vereinzelt auch im Germ. und Gr. vor; vgl.
gr. ἄξυλος mit viel (totem) Holz < urgr.
*(h₁)-ksulo- *Holz in sich habend oder gr.
ἀκαρός Gehirn < uridg. *(h₁)-h₂-o-
*was im Kopf ist (Nussbaum 1986: 72 f.;
Schaffner 2005: 384386; ders., IJDL 3
[2006], 158161) oder ae. umbor Kind,
ein verdunkeltes Determinativkomp. urgerm.
*un-ura- in [der Familie bzw. dem Haus]
geborenes [sc. Kind]
(vgl. Schaffner 2005:
378403; ders., IJDL 3 [2006], 147180).
Schließlich dürfte uridg. *(h₁)- auch noch
im FlussN Unstrut stecken, der je nach dem,
wie man das HG etymologisiert im Sinne ei-
nes ἔνθεος-Komp., als Sumpfgebiet an sich
habend
, also [der Fluss,] in/an dem [= an
dessen Ufer] Sumpfgebiet ist
oder weni-
ger wahrscheinlich als Rauschen/Brausen
in sich habend
oder als (Über-)Flut(ung)
in sich habend
zu deuten ist (H. Bichlmeier,
A. Opfermann, NI 99100 (2011 [2013]),
173204).

Der anl. Laryngal wird aus Systemgründen
angesetzt, ist aber nicht unabhängig zu si-
chern. Bjorvand, Våre arveord² 530 erwägt
ein Paradigma uridg. nom. *h₁en, lok. *h₁ní;
vgl. ai. ní- in ní-tya- eigen, heimisch, stetig
neben uridg. lok. *h₁ení, der dann im Germ.
fortgesetzt wäre.

Das Ai. zeigt Fortsetzer dieses alten Lok. nur
noch in Komp., etwa in ai. ánīka- n. An-
gesicht, Erscheinung, Vorderseite
< uridg.
*h₁eni-h₃k-o- den Blick darauf habend
(ebenso air. enech Gesicht; ähnlich gr.
ἐνῶπα adv. offen, gegenüber).

In den anderen idg. Sprachgruppen sind u. a.
folgende (teils einzelsprachlich erweiterte)
Formen belegt, deren Bed. überall dasselbe
Spektrum abdeckt: in, hinein, drin o. ä. Im
Gr. sind bezeugt: gr. ἔν (mit akk. und dat.
lok.), ἐν, poet. auch ἐνί, mit metrischer
Längung auch εἰν, εἰνί, arkad., kypr., kret. ἰν
(mit sekundärer Hebung), adv. ἔνι, präv. ἐν-;
daneben eine Form erweitert um adv. -ς: att.
εἰς, ion. auch ἐς (mit akk.) < urgr. *ens,
argiv., kret. noch ἐνς u.a. Daneben ist, wie
eingangs angeführt, für einzelne Komp. ne-
ben der vollstufigen Form ἐν- auch die
schwundstufige Form ἀ- < uridg. *(h₁)- an-
zusetzen.

Das It. hat alat. en, lat. in, osk. en (+ gen.)
betreffs, pälign. i (präp. + akk.); postp. +
akk.: osk. -en, pälign. -e, umbr. -em, -en, -e;
postp. + abl.: osk. -en, postp. + lok.: osk. -ín,
vestin. -(e)n, umbr. -en, -em, -eme, südpiken.
-ín, -en, als Präv. osk. em-, pälign. em-, in-,
umbr. en-; venet. es < *ens; messap. in.

Im Kelt. sind u.a. bezeugt: air. iN < urkelt.
*en neben air. in < urkelt. *eni, en-, in-,
Ogamir. PN INI-GENA, akymr. en, in,
mkymr. yn, kymr. yn-, abret. en, in, mbret.
en, nbret. e, korn. yn.

Verbreitet sind Reflexe des Worts auch im
Balt. und Slaw.: lit. į̃, lit. dial. in(t), lett.
ìe-, apreuß. an, en, em, æn, ēn; aksl. vъ,
vъ(n)-, russ. v(o), v(o)-, vn-, ukrain. v(-), u(-),
wruss. v(-), u(-), bulg. vъ(v), dial. uv, serbo-
kroat. u, u-, va-, slowen. v, v-, u-, tschech.
v(e), v(n)-, slowak. v(o), v-, poln. w(e),
w(n)-, osorb. w(e), dial. auch wo, wó, ndsorb.
w(e), polab. wa.

Die balt. und slaw. Formen gehen auf
schwundstufiges uridg. *(h₁) zurück. Hier-
bei zeigen aber die beiden Sprachzwei-
ge unterschiedliche Vokalisierungen: das Ur-
balt. zu *in, das Urslaw. zu *un.

Für ein etwaiges anzunehmendes Urbaltoslaw. müsste
man folglich noch * rekonstruieren. Im Slaw. ent-
steht dann vor urslaw. *u- regulär prothetisches *v-,
das in den meisten slaw. Sprachen dann als Rest der
urspr. Form übrigbleibt. In der Verbalkomposition
bleibt vorvokalisch der sonst geschwundene ausl. Na-
sal erhalten. In der Regel vor Kons.gruppen bzw. vor
stammanl. *v- erfolgt in den meisten slaw. Sprachen
die Vokalisierung des späturslaw. *-ъ- zu einem Voll-
vokal. Die bisweilen geäußerte Vermutung, die Ent-
wicklung zu urslaw. *un sei sekundär, ist unnötig,
wenn man nicht den balt. Reflexen grundsätzlich das
stärkere Gewicht zuerkennt.

Für einzelne Wörter wird für das Slaw. auch mit der
Fortsetzung einer o-stufigen Form der Lokalpkl. in
nominalen Komp. gerechnet: aksl. -dolъ m. Tal,
russ. udól Niederung etc. < frühurslaw. *on-dolo-.
Ältere Etymologica gingen auch für die Präp. und das
Präv. von einer Erklärung von der o-Stufe aus; nach
den vorhergehenden Ausführungen ist das nicht mehr
nötig. Die o-Stufe in den nominalen Komp. im Slaw.,
die sonst in keinem Sprachzweig auftaucht, bereitet
ohnehin Schwierigkeiten und muss als ungeklärt gel-
ten.

Im Balt. sind offensichtlich sowohl die voll-
stufige als auch die schwundstufige Form der
Lokalpkl. fortgesetzt. So zeigt lit. į̃ einen
Fortsetzer von schwundstufigem urbalt. *in
< uridg. *(h₁), apreuß. en entweder Sen-
kung des urbalt. *i- (im Nebenton?) zu e-
oder aber den Fortsetzer von vollstufigem
urbalt. *en < uridg. *(h₁)en, das auch im
Lok.ausgang lit. -e < urlit. *- (vgl. noch alit.
zusammengesetztes dangujjis der im Him-
mel
) mit unklarem Akut erhalten ist. Das
Lett. zeigt die reguläre Entwicklung von
tautosyllabischem *en zu ie (Stang 1966: 86.
182 f.). Als Präp. ist urbalt. *in, *en im Lett.
durch andere Präp. ersetzt worden, etwa
durch die erweiterte Form lett. ieka f. Inne-
res
(< urostbalt. *ieč́ā- < vorurbalt. *en-
tā-), im Lok. iekā drin, hinein, das abge-
sehen vom Ablaut der Wz. eine morphologi-
sche Parallele zu ai. nítya- heimisch, eigen
(s. o.) ist. Das mit apreuß. en synonyme
apreuß. an ist am ehesten aus mndd. oder
frühnhd. an entlehnt.

Im Aarm. ist die Lokalpkl. nur verbaut in
einigen verdunkelten Komp. greifbar, die
mit y- beginnen, als eigenständiges Wort ist
uridg. *(h₁)en dort aufgegeben worden.

Das Alb. hat in in und inj bis (< *en),
toch. A y-, yn-, toch. B y-, yn-, in-.

Walde-Pokorny 1, 687 f.; Pokorny 311 ff.; Mayrho-
fer, KEWA 1, 34; 2, 162 f.; ders., EWAia 1, 73; 2, 43;
Rastorgueva-Edelman, Et. dict. Iran. lang. 1, 171 f.;
Frisk, Gr. et. Wb. 1, 471. 508 f.; Chantraine, Dict. ét.
gr. 326. 344 f.; Beekes, Et. dict. of Gr. 1, 394. 419.
432 f.; Untermann, Wb. d. Osk.-Umbr. 223 ff.; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. 1, 685 f.; Ernout-Meillet, Dict.
ét. lat.⁴ 312; de Vaan, Et. dict. of Lat. 300; Thes. ling.
lat. 7, 733805; Du Cange² 4, 314; Körting, Lat.-rom.
Wb.³ Nr. 4802; Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 4328;
Wartburg, Frz. et. Wb. 4, 614; Demiraj, Alb. Et. 4,
271; Orel, Alb. et. dict. 763 f.; Trautmann, Balt.-Slav.
Wb. 69; Derksen, Et. dict. of Slav. 530; Bezlaj, Et.
slov. slov. jez. 4, 271; Snoj, Slov. et. slov.² 804;
Vasmer, Russ. et. Wb. 1, 161; 3, 168 f. (y-⁴). 174;
ders., t. slov. russ. jaz. 1, 262; 4, 142 f. (y-⁴). 150;
Schuster-ewc, Hist.-et. Wb. d. Sorb. 1572 f.; Olesch,
Thes. ling. drav.-polab. 1297 ff.; Fraenkel, Lit. et. Wb.
181; Smoczyski, Słow. et. jz. lit. 214; Mühlen-
bach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. 2, 1. 30 f.; Karulis, Latv.
et. vārd. 1, 334 f.; Trautmann, Apreuß. Spr.denkm.
327 f.; Maiulis, Apreuß. et. Wb. 1, 257 ff.; Topo-
rov, Prusskij jazyk A-D 83 f.; E-H 34 ff.; Fick 2
(Kelt.)⁴ 29. 30; Matasovi, Et. dict. of Proto-Celt.
116; Delamarre, Dict. gaul.³ 163; Hessens Ir. Lex. 2,
1; Kavanagh-Wodtko, Lex. OIr. Gl. 500 ff.; Dict. of
Irish I-1 ff.; Dict. of Welsh 3813 ff.; Deshayes, Dict.
ét. du bret. 209; Windekens, Lex. ét. tokh. 18. 24. 165;
Adams, Dict. of Toch. B 83 f. 516. Mel’nyuk
1982 ff.: 6, 9.

S. innn, innana, inne.