intseffen st.v. VI (prät. -suob, pl. -suobun,
part.prät. –), nur Gl. 2,238,2 (Hs. 9./10. Jh., Zeit
der Gl.einträge unbekannt, alem.) und bei O:
‚(be-)merken, erblicken, gewahren, vernehmen;
invenire, persentire, sentire‘ 〈Var.: insebben〉. –
Mhd. entseben st.v. (prät. -suop, part. -sa-
ben, -soben)‚ sw.v. (-sebete, -sebet) ‚wahr-
nehmen, bemerken, schmecken oder fühlen‘,
frühnhd. entseben st.v. ‚sinnlich wahrnehmen,
bemerken, ahnen, erkennen‘.
Hierher gehört mit anderem Präverb auch mhd.
beseben st.v. ‚wahrnehmen‘. Im Nhd. ist das
Wort verloren.
Splett, Ahd. Wb. 1, 796; eKöbler, Ahd. Wb. s. vv. *sebben ?,
*seffen ?; Schützeichel⁷ 274; Starck-Wells 510; Schütz-
eichel, Glossenwortschatz 8, 118; Bergmann-Stricker,
Katalog Nr. 1010; ChWdW9 710; Graff 6, 168; Lexer 1,
585; Frühnhd. Wb. 5, 216 f.; Diefenbach, Gl. lat.-germ.
429 (persentire). 527 (sentire); Dt. Wb. 3, 618.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen: as.
(and-)seffian st.v. VI ‚erkennen‘, (af-)seffian
st.v. VI (prät.sg. -sof/-suof, prät.pl. -sobun/
-suobun/-suoƀun) ‚feststellen, bemerken, erken-
nen‘, (bi-)seffian st.v. VI ‚vorsehen‘; andfrk.
antseffen st.v. ‚merken‘, frühmndl. beseffen st.v.
‚fühlen, bemerken, begreifen‘, mndl. ontseffen
st.v. ‚fühlen, bemerken‘, beseffen st.v. ‚schme-
cken, erfahren, fühlen, bemerken‘, nndl. besef-
fen st.v. ‚bemerken‘, veraltet: ‚schmecken, be-
greifen‘: < urgerm. *safi̯e/a-.
Im Nndl. ist -s- von beseffen stimmlos geblieben,
was vielleicht auf Analogie nach ontseffen, mit
stimmlosem Auslaut des Präverbs oder auf Assi-
milation an folgendes -ff- beruht (WNT s. v. besef-
fen¹; Vries, Ndls. et. wb. 48). Nwestfries. beseffe
sw.v. ‚bemerken‘ ist aus dem Ndl. entlehnt.
Das Verb ist nur im Kontinentalwestgerm. be-
wahrt. Eine Ableitung lebt jedoch nicht nur in
as. sevo m. n-St. ‚Herz, Geist, Gemüt‘, sondern
auch in ae. sefa m. ‚Sinn, Geist, Verstand‘ und
aisl. sefi m. ‚Sinn, Gemüt‘ fort (Seebold, Germ.
st. Verben 383).
Fick 3 (Germ.)⁴ 431; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 419 f.;
Seebold, Germ. st. Verben 383; Tiefenbach, As. Handwb.
324; Sehrt, Wb. z. Hel.² 447; Berr, Et. Gl. to Hel. 330;
Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 172; ONW s. v. antseffen;
MNW s. v. ontseffen; VMNW s. v. beseffen; Verwijs-
Verdam, Mndl. wb. 1, 1015 ff.; Franck, Et. wb. d. ndl.
taal² 54; Vries, Ndls. et. wb. 48; Et. wb. Ndl. A-E 278;
WNT s. v. beseffen¹; eWFT s. v. beseffe; Holthausen, Ae.
et. Wb. 288; Bosworth-Toller, AS Dict. 856; Suppl. 700;
Vries, Anord. et. Wb.² 467; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 763;
Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog 3, 195; ONP s. v.
sefi¹; Jónsson, Lex. poet. 486; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 239; Magnússon, Ísl. Orðsb. 800.
Urgerm. *safi̯e/a- ist ein st.v. mit j-Präs., das
dieselbe Bildeweise wie urgerm. *χafi̯e/a- (s.
heffen) zeigt. Das Verb setzt uridg. *sh₁p-i̯e/o-
‚(durch Schmecken) wahrnehmen‘ fort. Es hat
eine genaue Entsprechung in lat. sapere, präs.
sapiō ‚schmecken, riechen, wissend sein‘. Aus
anderen it. Sprachen gehören die Adj. osk. sipus,
volsk. abl.sg.m. sepu ‚wissend, wissentlich‘
hierher.
Für die Rekonstruktion der Wz. als uridg. *seh₁p- spricht,
dass damit die Adj. osk. sipus, volsk. sepu lautgesetzlich
*sēp- < vollstufigem *seh₁p- fortsetzen können. Für an-
dere Rekonstruktionen, wie *sep- oder *sap-, sind dage-
gen Zusatzannahmen notwendig: osk. sipus und volsk.
sepu müssen dann analogisch erklärt werden (s. LIV² 519
s. v. *seh₁p- mit Anm. 1 und 2).
Offen bleibt, ob zu dieser Wz. auch die Subst. air. saír m.
‚Handwerker‘, mkymr. saer m. ‚Handwerker, Zimmer-
mann‘ und akorn. sair pren ‚lignarius‘ gehören, wie z. B.
Fick 2 (Kelt.)⁴ 288 annimmt. Zwar könnten die Wörter
auf eine Ableitung wie *sh₁p-ero- in einer Bed. etwa ‚er-
fahren, geschickt‘ zurückgehen, doch bleiben sie dabei
isoliert, so dass die Zuweisung nur eine Möglichkeit ist.
Walde-Pokorny 2, 450 f.; Pokorny 880; LIV² 519; Unter-
mann, Wb. d. Osk.-Umbr. 677 f.; Walde-Hofmann, Lat.
et. Wb. 2, 477; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 594; de
Vaan, Et. dict. of Lat. 538 f.; Fick 2 (Kelt.)⁴ 288;
Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. S-6; Kavanagh-Wodtko,
Lex. OIr. Gl. 816; eDIL s. v. saer²; Dict. of Welsh 4,
3156 f. – Campanile 1974: 92.
DSW