kûmenAWB, kûmônAWB sw.v. I/II, seit dem
9. Jh., bei O, in Gl.: ‚wehklagen, jammern,
sich beklagen, beschweren, etw. beklagen,
bejammern, beweinen, klagen, jammern;
complangere, conqueri, evolvere, excogitare,
flēre, plorare, queri‘ 〈Var.: c(h)-; -o-〉. Zum
Nebeneinander der beiden Flexionsklassen
vgl. Schatz 1927: § 503. — Mhd. kûmen sw.v.
‚trauern, wehklagen‘, nhd. dial. rhein. käu-
men ‚bei jedem kleinen Unwohlsein, bei je-
der zu schwer dünkenden Arbeit klagen,
stöhnen, oft kränkeln, überhaupt ohne Grund
klagen, jammern, um Mitleid zu erregen,
unzufrieden sich äußern, sich über sein Los
beklagen, schwer stöhnend, pustend atmen,
sich recken und strecken, sich ausruhen,
nicht durchessen, wiederkäuen‘.
Ahd. Wb. 5, 459 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 493; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 685; Schützeichel⁷ 185; Starck-Wells
351. 825; Schützeichel, Glossenwortschatz 5, 370.
374; Seebold, ChWdW9 482; Graff 4, 396 f.; Lexer 1,
1769; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 269 (flēre). 496 (plo-
rare); Dt. Wb. 11, 352 ff.; Kluge²¹ 360; Kluge²⁵ s. v.
kaum; Pfeifer, Et. Wb.² 640 f. — Müller, Rhein. Wb. 4,
336 f.; 9, 1330. — Riecke 1996: 346.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
as. kūmian sw.v. ‚beklagen‘; mndl. cūmen
sw.v. ‚klagen‘, nndl. dial. kuimen sw.v. ‚sich
schwach fühlen, klagen, jammern‘; afries.
kēma sw.v. ‚klagen, sich beklagen (über)‘: <
urgerm. *kūmii̯e/a- (*kūmōi̯e/a-).
Das Verb ist entweder von einem Adj. ur-
germ. *kūma- ‚kläglich‘ abgeleitet, das die
Grundlage für das Adv. urgerm. *kumōt ‚mit
Mühe und Not‘ (s. kûmo) ist, oder vom Subst.
urgerm. *kūmō- ‚Klage‘ (s. kûma). Unklar
bleibt, ob dieses Adj. die Grundlage für eine
ja-Ableitung urgerm. *kūmii̯a- ‚kläglich‘ ist
oder ob es sich hierbei um eine Rückbildung
aus dem sw. Verb handelt. Urgerm. *kūmii̯a-
erscheint in mhd. kûm(e) ‚dünn, schwach, ge-
brechlich‘; mndd. kǖme ‚schwach, matt, hin-
fällig, ohnmächtig‘; nndl. kuim ‚schwach‘;
nwestfries. kūm ‚ruhig, willig‘, nnordfries.
käim ‚empfindlich, spröde, zimperlich, schön‘;
ae. cȳme ‚fein, lieblich, herrlich, glänzend‘
und wird für das Ahd. durch die Ableitung
kûmîg ‚krank, schwach, kraftlos‘ (s. d.) vo-
rausgesetzt.
Fick 3 (Germ.)⁴ 45; Heidermanns, Et. Wb. d. germ.
Primäradj. 345 f.; Tiefenbach, As. Handwb. 222;
Sehrt, Wb. z. Hel.² 315; Berr, Et. Gl. to Hel. 228;
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 701; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. 2, 593; VMNW s. v. cumen; Ver-
wijs-Verdam, Mndl. wb. 3, 2208 f.; Hofmann-Pop-
kema, Afries. Wb. 267; Richthofen, Afries. Wb. 862;
Fryske wb. 12, 18; Faltings, Et. Wb. d. fries. Adj.
329 f.; Holthausen, Ae. et. Wb. 67; Bosworth-Toller,
AS Dict. 182; Suppl. 140. — Lexer 1, 1768. — Wiss-
mann 1975: 88.
Das Adj. urgerm. *kūma- < vorurgerm.
*guH-mo- ist eine Ableitung von der Ver-
balwz. uridg. *geu̯H- ‚rufen‘, die unerweitert
in ahd. gikewen (s. d.) fortgesetzt ist.
Walde-Pokorny 1, 634 f.; Pokorny 403; LIV² 189.
S. gikewen.