kellaAWB f. ō(n)-St., seit dem 8. Jh. in Gl.:
‚Mauerkelle, Schöpflöffel, -gefäß, (Feuer-)
Pfanne, Schaufel, (Feuer-)Haken, (Schatz-)
Haus (?); bestimia, cramula, gazza, recep-
taculum, trulla, vatillum‘ 〈Var.: ch-; -ei-〉. —
Mhd. kelle st./sw.f. ‚Kelle, Schöpflöffel,
Mauerkelle, Loch, Hütte‘, nhd. Kelle f.
‚Schöpfgerät, großer Schöpflöffel in der
Form einer Halbkugel o. Ä. mit langem Stiel,
aus einer flachen, runden Scheibe an einem
Stiel bestehendes Gerät, mit dem bestimmte,
auf größere Entfernung sichtbare Signale
gegeben werden können, zum Auftragen des
Mörtels und zum Glätten dienendes Werk-
zeug des Maurers, das aus einem etwa hand-
großen, flachen, trapezförmigen oder drei-
eckigen Stück Stahlblech mit s-förmig ge-
krümmtem Stiel und Griff besteht; Maurer-
kelle, (Jägersprache) Schwanz des Bibers‘.
Ahd. Wb. 5, 81 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 449; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 655; Schützeichel⁷ 173; Starck-Wells
326; Schützeichel, Glossenwortschatz 5, 177 f.; See-
bold, ChWdW8 174; ders., ChWdW9 462; Graff 4,
385; Lexer 1, 1540 f.; 3, Nachtr. 268; Diefenbach, Gl.
lat.-germ. 155 (cramula). 258 (gazza). 599 (trulla).
607 f. (vatillum); Dt. Wb. 11, 510 ff.; Kluge²¹ 363;
Kluge²⁵ s. v.; Pfeifer, Et. Wb.² 647.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
mndd. kelle f. ‚großer Schöpflöffel, Maurer-
kelle‘ (ob das Wort bereits im As. bezeugt
ist, bleibt unsicher, da die zwei Gl.belege
4,202,59. 210,24 kella f. ‚Kelle, Schöpf-
gefäß, Schaufel‘ wohl dem Ahd. zuzuordnen
sind); mndl. kele ‚(großer) Schöpflöffel‘; ae.
ci(e)lle f. ‚Feuerpfanne, Lampe‘: < urgerm.
*kali̯ō(n)-.
Tiefenbach, As. Handwb. 207; Lasch-Borchling,
Mndd. Handwb. 2, 1, 534 f.; Schiller-Lübben, Mndd.
Wb. 2, 440; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 3, 1290;
Holthausen, Ae. et. Wb. 48; Bosworth-Toller, AS Dict.
Suppl. 124. — H. Tiefenbach, in Jankuhn 1983: 736 ff.
Urgerm. *kali̯ō(n)- < vorurgerm. *goli̯ō(n)-
hat keine gesicherte Etymologie. Die Ver-
bindung mit gr. γλάφειν ‚aushöhlen‘ und
slaw. Wörtern wie serb., kroat. glȁbati ‚na-
gen‘ (so dass von einer Grundbedeutung ‚das
Ausgehöhlte‘ auszugehen wäre) muss auf-
gegeben werden, da auf diese beiden Wörter
offenbar sekundäre einzelsprachliche Beein-
flussungen eingewirkt haben (vgl. dazu Bee-
kes, Et. dict. of Gr. 1, 275; Derksen, Et. dict.
of Slav. 165 f.).
Falls die Bed. ‚Schöpfkelle‘ die älteste ist,
gehört das Wort möglicherweise letztendlich
zu urgerm. *kelōn- ‚Kehle‘ (s. kela), somit
zur Verbalwz. uridg. *gel- ‚verschlingen‘.
Zugrunde läge ein Nomen actionis (etwa
*golo-) mit einer Bed. ‚das Verschlingen‘,
wozu dann eine Zugehörigkeitsbildung *gol-
i̯ō(n)- ‚das zum Aufnehmen dienende Werk-
zeug‘ hinzu gebildet worden wäre.
N. O. Heinertz, PBB 41 (1916), 495 ff.