kisilAWB m. a-St., seit dem 8. Jh. in Gl.
und bei O: ‚Kieselstein, Kies (?); calcu-
lus, lapis, marmor, silex‘ 〈Var.: ch-, kh-;
-el-〉. — Mhd. kisel st.m. ‚Kieselstein‘, nhd.
Kiesel m. ‚kleiner, durch Strömungen im
Wasser (rund) abgeschliffener Quarz oder
quarzreicher Stein, (landschaftlich) Hagel-
(korn)‘.
Ahd. Wb. 5, 202; Splett, Ahd. Wb. 1, 460; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 662; Schützeichel⁷ 176; Starck-Wells
332; Schützeichel, Glossenwortschatz 5, 227; See-
bold, ChWdW8 177; ders., ChWdW9 469; Graff 4,
500 f.; Lexer 1, 1589; 3, Nachtr. 272; Diefenbach, Gl.
lat.-germ. 533 (silex); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 367
(lapis); Dt. Wb. 11, 688 f.; Kluge²¹ 368; Kluge²⁵ s. v.;
Pfeifer, Et. Wb.² 653.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
frühmndl. kesel, mndl. kesel(e), frühnndl.
kesel, nndl. dial. (fläm.) kezel (dagegen ist
die nndl. Form kiezel aus dem Hdt. über-
nommen); nwestfries. (aus dem Ndl.) kie-
zel; ae. cisel m., me. chēsel, ne. (veralt. und
in ON) chesil, chisel ‚Kies(el)‘: < urgerm.
*kisila-. Dagegen geht ae. ceosol auf die
Suffixvariante *kisula- zurück.
Daneben steht eine Ablautform *kai̯sila-, die
in mndl. keisel, frühnndl. (Kiliaan) keysel-
(in keyselsteen ‚Kieselstein‘), nndl. veralt.
und dial. keizel- (in keizelsteen ‚Kieselstein‘)
bezeugt ist.
Urgerm. *kisila- ist eine Ableitung mit dem
Verkleinerung bzw. Zugehörigkeit bezeich-
nenden Suffix urgerm. *-ila- von urgerm.
*kisa-, das fortgesetzt ist in mhd. kis st.m./n.
‚Kies, (Eisen-)Erz‘, nhd. Kies m. ‚kleine,
meist runde Steine, die in großer Zahl als
Ablagerungen (vor allem an Flüssen, im Erd-
boden) auftreten, (fachspr.) schwefel- oder
arsenhaltiges, hartes und schwer zu spalten-
des Erz in hellen Farben mit starkem Me-
tallglanz, (salopp) Geld (in großer Menge)‘,
mndd. kis ‚taubes Gestein, Quarz, Kies ver-
schiedener Art‘, ae. (in ON) cis- ‚Kies‘.
Fick 3 (Germ.)⁴ 44; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb.
2, 1, 563; VMNW s. v. kesel; Verwijs-Verdam, Mndl.
wb. 3, 1400 f.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 306; Suppl.
86; Vries, Ndls. et. wb. 318; Fryske wb. 10, 311; Holt-
hausen, Ae. et. Wb. 49; Bosworth-Toller, AS Dict.
156; Suppl. 2, 15; ME Dict. s. v. chēsel n.; OED² s. v.
chesil | chisel n.¹. — Debrabandere 2002: 176.
Die urgerm. Basis *kis- < vorurgerm. *gis-
stellt sich zu den balt. Wörtern apreuß. sixdo
‚Sand‘ und lit. žiezdrà ‚Kies-, Sandkorn‘ (die
eine d- bzw. dr-Erweiterung zeigen), so dass
von einer vorurgerm., vorurbalt. Wz. *ĝei̯s-
‚Kies‘ auszugehen ist (die Verbindung wird
von Stang 1972: 66 als zweifelhaft ange-
sehen). Nndl. kei ‚Felsblock, Pflasterstein‘
gehört nicht hierher, sondern basiert auf
urgerm. *kai- (s. unter kegil). Daher ist die
Wz. *ĝei̯s- nicht weiter in *ĝei̯- und eine
Erweiterung *-s- zu zerteilen.
Ob phryg. γίσσα ‚Stein‘ (unter Mονογισσα
bei Steph. Byz.) hierher gehört, muss offen
bleiben.
Walde-Pokorny 1, 553; Pokorny 356; Fraenkel, Lit.
et. Wb. 1307; Smoczyński, Słow. et. jęz. lit. 781 f.;
Trautmann, Apreuß. Spr.denkm. 139. 157. 180; Ma-
žiulis, Apreuß. et. Wb. 4, 106 f. — Leskien 1891: 438;
Stang 1966: 9. 108; Endzelin 1971: 72; E. Polomé, in
Beekes 1992: 59.