kissaAWB f. ō- oder n-St., seit dem 12. Jh.
in Gl. (sämtlich Hss. des SH), nur im Nom.
Sg. belegt: ‚Scharre, Ofenkrücke; tractula‘
〈Var.: ch-〉. — Nhd. dial. westf. kisse f. ‚ein
Werkzeug für den Brotbäcker‘.
Ahd. Wb. 5, 204; Splett, Ahd. Wb. 1, 460; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 662; Schützeichel⁷ 176; Starck-Wells
332; Schützeichel, Glossenwortschatz 5, 228; Graff 4,
501; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 591 (tractula); Dt.
Wb. 11, 851. — Woeste, Wb. d. westf. Mda. 127. — Hirt
1921: 220; E. Glaser, in Bergmann 1987: 58; Schütz-
eichel 1991: 311.
Das Wort hat in den anderen germ. Sprachen
keine Entsprechung und auch die Etymo-
logie ist ungeklärt (vgl. R. Koegel, PBB 7
[1880], 185; E. Glaser, in Bergmann 1987: 1,
64). Wenn man von einer onomatopoeti-
schen Konsonantendehnung absieht, gibt es
zwei Erklärungsmöglichkeiten für die Ge-
minata -ss-: Erstens Gemination von west-
germ. *-s- vor *-i̯- und zweitens Annahme
einer uridg. Dentalverbindung, die sich im
Urgerm. zu *-ss- entwickelt. Im ersten Fall
wäre von urgerm. *ke/isi̯ō(n)-, im zweiten
Fall von urgerm. *kissō(n)- auszugehen.
Da nun eine Verbalwz. *gei̯d- ‚stechen,
kitzeln‘ für das Uridg. nicht gesichert wer-
den kann (s. kizzilôn) ebenso wenig wie
andere strukturell ähnliche Wurzeln, kann
vielleicht eine Verbindung mit der Verbalwz.
uridg. *gei̯-s- ‚drehen, wenden‘ (s. dazu
kêren) angenommen werden und die Vor-
form für ahd. kissa so ein urgerm. *kisi̯ō(n)-
< *gis-i̯eh₂(n)- sein. Es könnte sich dabei
um eine Werkzeugbezeichnung mit einer
Grundbed. ‚Wender, Gerät zum Wenden‘
handeln.
Walde-Pokorny 1, 545 f.; Pokorny 355.