klingan²AWB st.v. III, nur Gl. 1,265,26
(3.sg.präs.) crispat . klinkit (Kb), reidet .
clingit (Ra): ‚sich kräuseln; crispare‘. Die
Belege könnten auch auf ein sw. Verb der
Klasse I weisen, jedoch legt die ae. Ent-
sprechung (s. u.) auch für das Ahd. eine Ein-
ordnung als st. Verb nahe.
Ahd. Wb. 5, 252; Splett, Ahd. Wb. 1, 466; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 667; Schützeichel⁷ 178; Starck-Wells
336; Schützeichel, Glossenwortschatz 5, 255; See-
bold, ChWdW8 178; Graff 4, 563.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
mndl. clingen sw.v. ‚kleben, verwelken‘; ae.
clingan st.v. ‚festhalten, schrumpfen, sich
zusammenziehen‘, me. clingen, ne. cling
‚klammern, haften (an), kleben, sich an-
schmiegen, sich festhalten‘: < urgerm.
*klene/a-.
Eine Kausativbildung auf *-ei̯e/a- liegt vor
in ae. clengan ‚anhängen‘, aisl. klengjast
‚sich herandrängen, fordern‘, nnorw. (nn.)
klengja ‚festhangen, klettern‘, nschwed.
klänga ‚klettern‘ < urgerm. *klanei̯e/a-.
Nominalbildungen finden sich in: mhd.
klunge ‚Knäuel‘ (s. klunga*); aisl. klungr m.,
nisl. klungur, ndän. klynger, nnorw.,
nschwed. klunger ‚Dornbusch, Hundsrose‘
(< nordgerm. *klungra-) (dazu auch die
schwundstufige Verbalbildung *klungii̯e/a-
in ndän. klynge [sig] ‚[sich] anklammern‘,
nnorw. [nn.] klyngja, nschwed. klynga
‚klettern‘); nhd. Klinge f. ‚Rinnsal, Schlucht,
seichte Flussstelle‘; mndl. clinge, nndl. kling
‚Hügel, Anhöhe‘ (< *klinō-); nhd. Klang
m. ‚kiesige seichte Stelle im Fluss‘ (<
*klana-).
Die Formen mit *-- sind Vernersche Va-
rianten zu *klenχ-, das selbst nur spärlich
bezeugt ist: ahd. ON Clâh- (in Clâhuelde)
und ne. clough ‚Bergschlucht‘ (< *klanχ-).
Es handelt sich hierbei um sekundär na-
salierte Formen (wohl in Anlehnung an das
Nebeneinander von urgerm. *klī- : *klim-
‚kleben‘, wobei letztere Form offenbar als
Nasalierung von *klī- aufgefasst wurde [s.
klîban, klimban]). Die nasallose Ausgangs-
basis begegnet in aisl. kleggi m. ‚Heu-
schober‘ (< urgerm. *klai̯a-).
Der Ausgangspunkt für das Germ. ist daher
eine Wz. *kleχ-/*kle-. Dazu stellt sich — mit
sekundärem Auslaut aus einem Intensiv/
Iterativ *klukkii̯e/a- - wohl auch ae. clyccan
‚packen, greifen‘.
Fick 3 (Germ.)⁴ 56; Seebold, Germ. st. Verben 300;
Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 3, 1549; Holthausen, Ae.
et. Wb. 51 f.; Bosworth-Toller, AS Dict. Suppl. 128 f.;
Suppl. 2, 15; ME Dict. s. v. clingen v.; OED² s. vv.
cling v.¹, clough n.; Vries, Anord. et. Wb.² 315 f. 318;
Jóhannesson, Isl. et. Wb. 365 f.; Fritzner, Ordb. o. d.
g. norske sprog 2, 295 f. 301; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 155 f.; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1,
538 f. 541; Magnússon, Ísl. Orðsb. 480; Nielsen,
Dansk et. ordb. 227; Ordb. o. d. danske sprog 10,
706 ff.; Torp, Nynorsk et. ordb. 284. 290; NOB s. vv.
(nn.) klengja, klunger, klyngja; Hellquist, Svensk et.
ordb.³ 474 f.; Svenska akad. ordb. s. vv. klunger,
klänga v.¹. — Dt. Wb. 11, 944. 1173 ff. — Brunner
1965: § 386 Anm. 1; Lühr 1988: 123 f.
Urgerm. *klene/a- hat in den anderen idg.
Sprachen keine Entsprechungen. Die nasal-
lose Form *kleχ-/*kle- < vorurgerm. *glek-
ist möglicherweise mit mir. glac(c) f., nir.
glac ‚halbgeöffnete Faust, Hand‘ (davon ab-
geleitet spätmir., nir. glacaim ‚erfasse‘) <
urkelt. *glakkā- vergleichbar, falls die kelt.
Wörter auf vorurkelt. *gleknā- oder *glekkā-
zurückführen (vgl. R. Lühr, Sprachw 10
[1985], 289f.).
In diesem Fall weisen alle Formen auf eine
vorurgerm., vorurkelt. Wz. *glek- ‚zusam-
menziehen‘.
Weitere, bei Pokorny 357 f. angeführte mögliche
Verwandte bleiben — da sämtlich anders gebildet —
letztendlich fraglich.
Walde-Pokorny 1, 612 f.; Pokorny 357 f.; Dict. of Irish
G-88. — de Bernardo Stempel 1999: 513. 515. 518.