kochriAWB, kocharAWB m. ja- und a- oder i-
St., seit dem 1. Viertel des 9. Jh.s in Gl.,
NMC, Nps und Npw: ‚Köcher; pharetra‘
〈Var.: ch-; -hh-, -c-; -er, -ir〉. Das Wort geht
vermutlich (s. u.) auf hunn. *kukur ‚Köcher,
Futteral‘ zurück. — Mhd. kochære, kocher
st.m. ‚Gefäß, Behälter, Pfeilköcher‘, nhd.
Köcher m. ‚längliches Behältnis zum Auf-
bewahren der Pfeile, Behälter, Futteral für
ein Fernglas, ein Objektiv‘.
Ahd. Wb. 5, 297 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 472; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 671; Schützeichel⁷ 180; Starck-Wells
339; Schützeichel, Glossenwortschatz 5, 277 f.; See-
bold, ChWdW9 475; Graff 4, 363; Lexer 1, 1660;
Diefenbach, Gl. lat.-germ. 225 (pharetra); Götz, Lat.-
ahd.-nhd. Wb. 489 (pharetra); Dt. Wb. 11, 1559 f.;
Kluge²¹ 386 f.; Kluge²⁵ s. v.; Pfeifer, Et. Wb.² 685 f.
Dieselbe Grundlage wie das ahd. Wort ha-
ben: mndd. kȫker, kōker m. ‚Köcher‘ (der
u. a. von Gallée [1903] 1977: 180, Holthau-
sen 1954: 42 dem As. zugeschlagene Beleg
Gl. 3,682,72 cochar . faretra ist sicherlich
dem Ahd. [mfrk.; vgl. Bergmann-Stricker,
Katalog Nr. 52] zuzuordnen [daher auch
nicht in Tiefenbach, As. Handwb. aufge-
führt]); andfrk. kokere m., mndl. coker, nndl.
koker ‚Köcher, Behälter, Futteral‘; afries.
kōker m., nwestfries. koker ‚Köcher, Behäl-
ter, Futteral‘; ae. cocer m. ‚Köcher, Schei-
de‘, me. cŏker ‚Köcher, Strumpfhose‘, ne.
(veralt.) cocker ‚Köcher‘ (dagegen sind me.,
ne. quiver ‚Köcher‘ aus dem Frz. entlehnt).
Unklar bleibt, ob in lat.-langob. cucurra
‚Köcher‘ ein genuin langob. Beleg vorliegt
(so Rhee, Germ. Wörter in langob. Gesetzen
92) oder ob es sich um die mlat. Form (s. u.)
handelt (so Francovich Onesti 2000: 73).
Aus dem Germ. ist das Wort wohl in finn.
kukkaro ‚Beutel, Börse, Tasche, Blüten-
kelch‘ entlehnt worden (vgl. Kylstra, Lehn-
wörter 2, 115 f.).
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 611; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. 2, 516; ONW s. v. kokere; VMNW
s. v. coker; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 3, 1689;
Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 331; Vries, Ndls. et. wb.
344; Et. wb. Ndl. Ke-R 103; Hofmann-Popkema,
Afries. Wb. 277; Richthofen, Afries. Wb. 876; Fryske
wb. 11, 187 f.; Dijkstra, Friesch Wb. 2, 82; Holthau-
sen, Ae. et. Wb. 56; Bosworth-Toller, AS Dict. 164;
Suppl. 131; Suppl. 2, 16; ME Dict. s. vv. cŏker n., qui-
ver n.; OED² s. vv. †ˈcocker n.¹, quiver n.¹; Bruckner,
Spr. d. Langob. 79. 208.
Die germ. Wörter finden auch Entspre-
chungen in: mlat. cucurus, -um, coccura
‚Köcher‘, mgr. κούκουρον ‚Köcher‘ (aus
einer der beiden Sprachen entlehnt in alb.
kukur ‚Köcher‘).
Die Annahme ist naheliegend, dass diese
Wörter mit der Sache selbst aus dem Hunn.
entlehnt sind. Das Wort geht unter Vermitt-
lung durch turktatar. Sprachen (vgl. ta-
rantschi kökür, oirot. kökör, kasach. kökkör,
sagha., koybal., sojon. kügär ‚Lederflasche,
Schlauch‘) auf amongol. køkygyr ‚rindsle-
derner Wasser-, Weinschlauch‘ zurück und
ist eine Ableitung von amongol. køky- ‚sau-
gen‘.
Ob jedoch das Wort in allen Sprachen direkt
aus dem Hunn. stammt oder ob das lat. Wort
aus dem Germ. bzw. die germ. Wörter aus
dem Lat. entlehnt sind, bleibt unklar.
Niermeyer, Med. Lat. lex.² 1, 254 f. 374; Du Cange² 2,
386; Orel, Alb. et. dict. 201. — Mlat. Wb. 2, 762. 2067.